Sitzung: 22.10.2021 Kreisausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Anlage/n:
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Präsentation
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Vereinbarung vom 19.08.2021 über die Beantragung einer Förderung zur
Erstellung von umweltverträglichen Bewässerungskonzepten nach den Richtlinien
für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorgaben (RZWas 2021), Bekanntmachung
des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 09.
Dezember 2020, Az. 58g-U4450-2020/1-95, die Beauftragung eines geeigneten
Fachbüros mit der Erstellung dieses Konzeptes und die Finanzierung des zu
tragenden Eigenanteils (zuwendungsfähiger Kosten) sowie nicht zuwendungsfähiger
Kosten
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Antrag Bündnis 90 / Die Grünen vom 24.09.2021
Sachverhalt:
Im nördlichen Landkreis Würzburg werden in der sog. Bergtheimer Mulde
auf über ca. 1.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen bewässert. Das hierfür
benötigte Wasser wird bislang aus Grundwasser gewonnen. Da Unterfranken zu den
niederschlagsärmsten Regionen Bayerns zählt, die Auswirkungen des Klimawandels den Wassermangel weiter verschärfen
und die Landwirtschaft in der Bergtheimer Mulde aufgrund der Bodenqualität und
der zunehmenden Nachfrage des Marktes ein starkes Wachstumspotenzial aufweist,
droht künftig eine Verschärfung bereits bestehender oder sich abzeichnender
Nutzungskonflikte um das Wasserdargebot. Die derzeitigen Grundwasserentnahmen
liegen bereits nahe an einer kritischen Nutzung der Grundwasservorkommen.
Speziell im Kerngebiet der Bergtheimer Mulde führte der verstärkte Anbau von
Sonderkulturen in den letzten Jahrzehnten zu einem ausgeprägten Nutzungsdruck auf
das Grundwasser. Um auszuschließen, dass durch weitere, mengenmäßig bedeutende
Entnahmen eine Übernutzung des Grundwassers stattfindet, wurde durch das
Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg in Abstimmung mit dem Landratsamt Würzburg
im Jahr 2016 vorsorglich für die Gemeinden Bergtheim, Unterpleichfeld und
Oberpleichfeld ein sog. Moratorium ausgesprochen.
Vor diesem Hintergrund unterstützt der Landkreis Würzburg betroffene
Gemeinden und Landwirte durch finanzielle Beteiligung an einer
Machbarkeitsstudie bei der Suche nach Möglichkeiten, um den Nutzungsdruck auf
das Grundwasser unter Wahrung und Förderung der Vielfalt und der regionalen
Besonderheiten der Kulturlandschaft, insbesondere der Ziele des Naturschutzes
und der Landschaftspflege, nachhaltig und umweltgerecht zu senken. Als
alternative Wassernutzung sind die Entnahme von Wasser aus dem Main in
abflussstarken Zeiten bzw. aus dessen Uferbereichen (Uferfiltrat) und
Zwischenspeicherung in Jahresspeichern in der Überlegung. Um alternative
Wassernutzungen zu prüfen, ist beabsichtigt, ein Bewässerungskonzept für die
landwirtschaftlichen Nutzungen in der Bergtheimer Mulde entwickeln zu lassen,
das im Einklang mit der Vielfalt und Eigenart der vorhandenen Kulturlandschaft
und des Natur- sowie insbesondere des Artenschutzes (z.B. Feldhamster- und
Wiesenweiheschutz) steht. Es sollen vorrangig Lösungen untersucht werden, die
eine Versorgung aus gespeichertem Niederschlagswasser und aus
Oberflächengewässern (Main) oder Uferfiltrat vorsehen, um das
Grundwasservorkommen zu schonen und zu entlasten. Dabei sollen gezielt
Möglichkeiten der Beileitung, Zwischenspeicherung sowie Verteilung von
Bewässerungswasser (Verteilungsinfrastruktur) für ein zusammenhängendes
Bewässerungsgebiet dargestellt, untersucht und projektiert werden.
Für die Entwicklung des Bewässerungskonzepts werden beim Freistaat
Bayern Fördermittel nach den RZWas 2021 (Vorhaben zur Verbesserung des Boden-
und Landschaftswasserhaushalts) beantragt werden. Die näheren Inhalte des
Bewässerungskonzepts werden daher mit dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt als
Bewilligungsbehörde abgestimmt.
Die Gemeinde Bergtheim hat sich bereit erklärt, die Beantragung der
Förderung und die Beauftragung des Bewässerungskonzepts zu übernehmen. Neben
der Gemeinde Bergtheim und dem Landkreis Würzburg werden sich auch die
Gemeinden Hausen und Oberpleichfeld der Bewässerungsverein Bergtheimer Mulde
e.V., ein Zusammenschluss von ortsansässigen Landwirten, nach Maßgabe einer im
August 2021 abgeschlossenen Vereinbarung finanziell an den hierfür anfallenden
Kosten beteiligen. Die vorliegende Vereinbarung dient der Regelung der
Finanzierung der Entwicklung des Bewässerungskonzepts unter Berücksichtigung
der beabsichtigen Fördermittelbeantragung. Ob und inwieweit die Ergebnisse des
Bewässerungskonzepts umgesetzt werden und wie eine etwaige Umsetzung finanziert
wird, bleibt einer gesonderten Regelung vorbehalten. Aus der vorliegenden
Vereinbarung erwächst den Vertragsparteien keine Verpflichtung zur Beteiligung
an späteren Maßnahmen, die auf dem zu entwickelnden Bewässerungskonzept
beruhen.
Die Kreistagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen hat am 24.09.2021 den aus
der Anlage ersichtlichen Antrag gestellt. Gegenstand des Antrags sind Fragen
und Anregungen zum Inhalt des zu entwickelnden Bewässerungskonzepts
(Machbarkeitsstudie). Es wird um Darstellung der Informationen zur
Beauftragung und zum Inhalt der Machbarkeitsstudie gebeten. Die erbetene
Darstellung und Beantwortung der Fragen erfolgt in der Sitzung.
Debatte:
Landrat Eberth erläutert den Sachverhalt anhand einer
Präsentation.
Kreisrat Lehrieder findet die Entwicklung in diesem Bereich
positiv. Er weist auf die Bedenken von konventionellen Landwirten hin, die um
die Leistbarkeit des Anbaus von Getreide, Zuckerrüben etc. und den Anstieg der
Pachtpreise befürchten, wenn die Bewässerung komme. Er fragt nach, ob für
Landwirte, die keine Sonderkulturen anbauen, außerhalb der Bergtheimer Mulde
Ausgleichsflächen angeboten werden können.
Landrat Eberth erwidert, dass analysiert werden müsse, wie
sich die konventionelle Landwirtschaft aufstellt. Es müsse betrachtet werden,
welche Änderungen sich künftig bei der Tierhaltung oder beim Früchteanbau
entwickeln und wie der Agrarmarkt darauf reagiere. Ebenso muss das
Konsumverhalten der Bürger betrachtet werden.
Stellv. Landrätin Heußner sieht die Studie als großen Auftrag. Sie
frage sich, ob dies in einem gewissen Zeitraum leistbar sei. Grundsätzlich war
es der Wunsch ihrer Fraktion Einspareffekte, die notwendig seien, in den
Mittelpunkt dieser Studie zu stellen.
Sie fragt nach, ob Kreisrat Rettner als Fachmann ein Rederecht erteilt
werden kann.
Landrat Eberth fragt das Gremium, ob damit Einverständnis
bestehe Kreisrat Rettner ein Rederecht zu geben. Damit besteht Einverständnis.
Kreisrat Rützel teilt mit, dass die Fraktion UWG
ausdrücklich die Machbarkeitsstudie begrüße. Er informiert darüber, dass die
Gemeinde Unterpleichfeld die Teilnahme an der Studie abgelehnt habe.
Kreisrat Kuhl teilt mit, dass die Ausschussgemeinschaft
FDP/ÖDP es auch begrüße, sich mit der Wasserversorgung in der Bergtheimer Mulde
zu beschäftigen. Er weist darauf hin, dass in der Bergtheimer Mulde nicht für
die Region, sondern für Deutschland und darüber hinaus produziert werde. So
werden dort u.a. auch Pfingstrosten für Abu Dhabi mit Trinkwasser produziert.
Das Grundwasserniveau in dieser Region sei in den letzten Jahren 4 bis 6 Meter
gefallen. In Bezug auf die Genehmigungen zur Grundwasserentnahme frage er sich,
ob dies dem Landratsamt bekannt sei.
Landrat Eberth erwidert, dass im Jahr 2016 mit dem
Wasserwirtschaftsamt als Fachbehörde das Moratorium beim Thema
Grundwasserentnahme auf dem Weg gebracht wurde, weil die
Grundwasserneubildungsrate das Wasserangebot, das im Boden vorhanden ist, nicht
mehr deckt. Das Landratsamt sei Wasserrechtsbehörde und für die rechtliche
Würdigung zuständig. Wichtig sei es deshalb durch diese Studie weg vom
Halbwissen zu kommen und kontierte Unterlagen zu bekommen.
Kreisrat Jungbauer ist es wichtig in Partnerschaft mit den
Kommunen und den Landwirten alle in „ein Boot“ zu nehmen, um alles
faktenbasiert anzuschauen. Den Fachleuten für die Machbarkeitsstudie sollte ein
Vertrauen gegeben und das Ergebnis abgewartet werden.
Landrat Eberth weist darauf hin, dass die Federführung bei
den Kommunen liege. Die Gemeinden werden vom Landratsamt durch den Fachbereich
Wasserrecht begleitet.
Kreisrat Wolfhörndl ist der Meinung, dass auch der Freistaat
Bayern in die Pflicht genommen werden müsse, da dieser bei den
Wasserwirtschaftsämtern jahrelang Personal abgebaut habe. Die Wasserversorgung
in der Region sei eine Kernaufgabe des Staates.
Die Kernfragen beim Trinkwasser werden sein:
a. für wen wie viel und
b. muss
in einer der regenärmsten Regionen des Landes der
wasserintensivste Ackerbau betrieben werden
Landrat Eberth erteilt Kreisrat Rettner als Fachmann das
Wort.
Kreisrat Rettner möchte den Antrag der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen begründen.
Er betont, dass Lösungen gefunden werden müssen, die in Zukunft den
Anbau und die Bewässerung ohne Grundwasser in der Bergtheimer Mulde möglich
machen.
Dies funktioniere mit wassersparenden Maßnahmen, wofür 4 Faktoren
ausschlaggebend sind:
1.
Die Bewässerung an sich (Tröpfchenbewässerung etc.)
2.
Wassersparende Kulturen
3.
Gereinigtes/unbelastetes Abwasser
(kein Klärwasser für Gemüse, aber z.B. Waschwasser
für Gemüse wieder nutzen)
4.
Möglichkeiten Regenwasser vor Ort zu speichern
(nicht
nur über Dächer und Zisternen, sondern auch in der Landschaft Möglichkeiten
schaffen)
Landrat Eberth findet es wichtig darüber
nachzudenken, wie zukünftig mit der Wassernutzung rechtlich umgegangen werden
sollte. Kompensationsmaßnahmen, wie z.B. Heckenstrukturen, Grünstreifen oder
Ausgleichsflächen schaffen, könnten als Auflagen im Wasserentnahmebescheid
aufgenommen werden.
Kreisrat Rützel regt an mit der
Machbarkeitsstudie die spätere Nutzung der Kühltürme vom Kernkraftwerk
Grafenrheinfeld zu berücksichtigen.
Landrat Eberth nimmt den Gedanken auf, sieht es
aber als äußerst schwierig an. Es wäre zu prüfen, ob dies realistisch sei.
Kreisrat Winzenhörlein sieht das Projekt als
„Leuchtturmprojekt“, auf das nicht nur deutschlandweit, sondern sogar
europaweit geblickt werden könnte. Deshalb wäre es ein Ansporn für alle
Gemeinden mitzumachen.
Kreisrat Juks bittet um Verständnis für
Gemeinden, die sich bisher zurückhalten. Er befürchte, dass evtl. größere
Kosten auf die Kommunen zukommen könnten.
Landrat Eberth entgegnet, dass er noch
Verständnis dafür habe, wenn von einer Kommune hohe Kosten bei der Umsetzung
befürchtet werden. Wenig Verständnis habe er dafür wenn eine Gemeinde sich
nicht an der Studie beteilige, da die hierfür aufzuwendenden Kosten
überschaubar sind.
Kreisrätin Hecht nimmt dazu Stellung. Sie habe
Verständnis für die Ängste der Bürger, dass am Ende alles immer teurer wird. Es
helfe nichts sich den Tatsachen nicht zu stellen. Das gelte sowohl für Bürger
wie für Kommunen. Deshalb sei die Studie wichtig, nicht zuletzt auch weil
Wasser im knapper werde, da die hierfür aufzuwendenden Kosten überschaubar
sind.
Kreisrat Krämer geht auf die Äußerungen von
Kreisrat Juks ein. Es gehe hier um die Studie und nicht um die Folgemaßnahmen.
Er erwarte von Kommunen, die unmittelbar betroffen sind, sich an der Studie zu
beteiligen, da dadurch eine Diskussionsgrundlage geschaffen werde.
Kreisrat Kuhl bittet darum, dass der
Kreisausschuss zeitnah über den Fortgang der Studie informiert werde.
Landrat Eberth antwortet, dass angedacht sei
das Thema im Umweltausschuss inhaltlich zu behandeln. Der Kreisausschuss soll
über wichtige Zwischenschritte informiert werden.
Kreisrätin Schmidt fragt nach wann mit ersten
Zwischenberichten zu rechnen sei.
Landrat Eberth teilt mit, dass jetzt eine
Projektskizze ausgearbeitet wird, wo die wichtigsten Fragen der Kommunen, der
Behörden und des Umweltausschusses mit einfließen. Diese Skizze geht an das
Wasserwirtschaftsamt mit der Bitte um Zustimmung und Förderzusage des 75 %-Staatszuschusses
für die Machbarkeitsstudie bzw. für die Studie in Gänze. Wenn der Förderbescheid
da ist, wird aufgrund der Projektskizze europaweit nach einem Büro gesucht. Er
gehe davon aus, dass Mitte nächsten Jahres ein Zwischenbericht erfolgen kann.
Zur weiteren
Veranlassung an GB 5
Zur Kenntnis an