Sitzung: 26.03.2012 Jugendhilfeausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Debatte:
Herr Fachbereichsleiter Gabel führt zu folgenden Arbeitsschwerpunkten
aus:
Auf Seite 33 des Geschäftsberichtes 2011 des Amtes für Jugend und
Familie ist zunächst nach dem neuen Erfassungssystem ein Vergleich des
Vorjahres 2010 auf das Berichtsjahr 2011 möglich. Es wurde außerdem eine Erfassung
in Sozialregionen (Nord-Süd-West) vorgenommen.
Die Fallzahlen insgesamt, hinsichtlich der Meldungen, sind gestiegen
(Ermittlungsverfahren sind leicht angestiegen, wobei hier ausgeführt werden
muss, dass es sich um einzelne Straftaten handelt. Eine Täterstatistik wird
hier nicht geführt.). Insgesamt muss festgestellt werden, dass von den
Straftatgruppen her Gewaltdelikte den größten Anteil an der Jugendkriminalität
im Landkreis Würzburg machen. Hier ist eine Steigerung von ca. 4 %
feststellbar.
Den zweitgrößten Bereich stellen die Eigentumsdelikte dar, die nur
geringfügig gestiegen sind, in etwa gleich mit den Verkehrsdelikten. Bei der
Verteilung auf die Sozialregionen muss festgestellt werden, dass das
Regionalteam Süd einen kleinen Umfang, was Einwohnerzahlen und auch der Anteil
der Jugendlichen betrifft, umfasst, den größten Anteil umfasst das Regionalteam
Nord, gefolgt von West und dann Süd.
Bei der Inobhutnahme und der Umsetzung des Schutzauftrages bei
Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII, stellen sich die statistischen
Ergebnissen wie folgt dar:
Inobhutnahmen: 21 (davon § 8a SGB VIII 10)
Die Entwicklung vom Vorjahr ist hier in etwa gleich geblieben (2010 im
Vergleich zu 2011).
Im fiskalischen Bereich muss festgestellt werden, dass im Jahr 2011
eine massive Steigerung der Ausgaben im Bereich der Inobhutnahmen, sowohl was
die Bereitschaftspflegefamilien, als auch die Einrichtungen angeht, zu
verzeichnen ist. Der Haushaltsansatz wurde um ca. 70.000,00 € überzogen. Dies
rührt daher, dass vor allem die Verweildauer in Inobhutnahmestellen wegen
mangelnder Anschlussbetreuung auffällig höher ist, als in den vergangenen
Jahren. Die Fälle werden außerdem problematischer und komplexer und hierfür
müssen spezielle Einrichtungen in ganz Süddeutschland angefragt werden.
Außerdem ist zu beobachten, dass die kinder- und jugendpsychiatrische
Versorgung hinsichtlich der Krisenintervention im geschlossenen Rahmen nicht
auszureichen scheint, da sehr viele Jugendliche frühzeitig aus der Kinder- und
Jugendpsychiatrie entlassen werden. Hier wird offen von der Kinder- und
Jugendpsychiatrie von einem weiteren intensiven Bedarf gesprochen, der dann der
Jugendhilfe angelastet wird. Hier möchte Herr Gabel noch einmal deutlich
herausstellen, dass das Kinder- und Jugendhilfegesetz ein sozialpädagogisch
geprägtes Leistungsgesetz ist, das auch von den Fachleuten im Jugendamt
hinsichtlich der entsprechenden Hilfen umgesetzt wird. Es fällt auf, dass immer
mehr andere Professionen von außen über Hilfen im Jugendhilfebereich massiv und
offensiv mitbestimmen möchten und Eltern hier entsprechend vorberaten. Dies
stellt einen Verstoß gegen die Hilfeplanung und die Steuerungsoption des
Jugendamtes in diesem Hilfeplanverfahren als federführende Stelle dar. Die
unterfränkischen Jugendamtsleitungen sind sich hier einig, dass medizinische
Versorgungsengpässe nicht über die Jugendhilfe gelöst werden können. Dies ist
Aufgabe der Gesundheitsversorgung. Kranke Kinder können nicht in der
Jugendhilfe aufgenommen werden.
Im Bereich des Schutzauftrages des Jugendamtes, bei gewichtigen
Anhaltspunkten im Hinblick auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung, sind die
Meldungen leicht zurückgegangen. Im Jahr 2011 sind 38 Meldungen beim Amt für
Jugend und Familie eingegangen. Jeder Meldung wurde nach dem 4-Augen-Prinzip
standardisiert nachgegangen. In 36 Fällen wurde ein Hausbesuch durchgeführt.
Bei 10 Fällen wurde ein HzE-Bedarf und bei 20 Fällen andere Hilfen in Betracht
gezogen. Bei 8 Fällen war kein Hilfebedarf seitens des Jugendamtes
feststellbar.
Im Bereich der Kommunalen Jugendarbeit und hier speziell im
Jugendschutz, hat das Amt für Jugend und Familie nach dem 4-Säulen-Prinzip im
Konzept KiK (Klar im Kopf) wieder den präventiven und ordnungsrechtlichen
Jugendschutz in einer Einheit vollzogen. Es wurden 163 ordnungsrechtliche
Verfahren durchgeführt, 525 Stellungnahmen zur vorübergehenden
Gaststättenkonzessionen erteilt, 201 Alkoholtestkäufe durchgeführt und
verschiedenes
An die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wurden aus dem Amt
für Jugend und Familie im Jahr 2011 191 Anträge auf Indizierungen (79 auf
Videos und DVDs und 112 auf Magazine oder Zeitschriften gestellt. Hier nimmt
das Amt für Jugend und Familie im Landkreis Würzburg bayernweit einen
Spitzenplatz ein und in der Bundesstatistik steht unser Amt auf Platz 2 der
Indizierungsanträge.
Nachfragen:
Nachfrage, weshalb bei der JGH-Statistik zwischen Eigentumsdelikten und
Ladendiebstahl unterschieden wird.
Antwort durch Herrn Gabel, weil die Qualität von Ladendiebstählen und
Eigentumsdelikten von Tatenergie und vom Tatwillen her unterschiedlich
gesteuert ist. Diese Statistik ist nicht deckungsgleich mit der polizeilichen
Tatstatistik.
Nachfrage von Frau Kreisrätin Heeg zur Problematik Übergang von Kinder-
und Jugendpsychiatrie auf Jugendhilfe, im Bezug auf die gestiegene Verweildauer
bei den Inobhutnahmen. „Was machen wir mit den Jugendlichen und jungen
Volljährigen, die aus der Psychiatrie entlassen und einen Nachsorgebedarf
haben?“ Sie betont auch, dass Familien hier oft alleine gelassen werden.
Fachbereichsleiter Gabel stellt nochmals fest, dass die Jugendhilfe
alleine hier nicht die Verantwortung trägt, sondern die Medizin, da noch nicht
austherapierten und letztendlich gesundeten Jugendlichen ebenfalls in der Verantwortung
steht. Dieses Szenario, wie im Landkreis Würzburg beschrieben, gibt es auch in
vielen anderen Landkreisen in Unterfranken und insbesondere in der Region II.
Hier werden in der nächsten Zeit Gespräche zu führen sein, im Rahmen der
Unterfränkischen Jugendamtsleitertagung am 18.04.2012, im Rahmen der
Bayerischen Jugendamtsleitertagung vom 13. bis 15.06.2012 in Straubing und im
Rahmen des Arbeitskreises Jugendhilfe - Kinder- und Jugendpsychiatrie am
28.06.2012 beim Bezirk Unterfranken.
Es schloss sich eine Debatte über die Versorgungssysteme Kinder- und
Jugendpsychiatrie, Jugendhilfe und Gesundheitswesen an. In der Debatte führte
Herr Fachbereichsleiter Gabel einige Fallbeispiele auf, um das Problem
transparent zu machen. Auf jeden Fall besteht hier weiterhin Gesprächsbedarf.
Es gibt oft auch Fälle, in denen die Systeme bezüglich der Hilfestellungen
Ratlosigkeit aufzeigen. Auch die fachliche Zuständigkeit wurde in der Debatte
nochmals erörtert (Bezirk - Krankenkasse - Jugendhilfe). Das Amt für Jugend und
Familie wird dieses Thema weiterhin sehr engmaschig beobachten und sich mit den
jeweiligen Verantwortlichen auseinandersetzen.
Ebenfalls wurde nachgefragt, wo das betreute Wohnen in der Statistik
des Geschäftsberichtes 2011 niedergeschrieben ist. Herr Fachbereichsleiter
Gabel erläutert, dass die Fälle von betreutem Wohnen unter dem § 34 SGB VIII,
Heimerziehung, subsumiert werden, analog SGB VIII.
Auch gibt es Fälle, in denen das Amt für Jugend und Familie die
ambulante pädagogische Betreuung sicherstellt und das Wohnen bzw. der
Lebensunterhalt von den Klienten selbst sichergestellt wird, über Eltern
sichergestellt wird, oder über andere Sozialleistungsträger. Herr Landrat Nuß
bedankt sich für den Vortrag und die Erstellung des Geschäftsberichtes.