Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 0, Nein: 0, Anwesend: 0, Pers. beteiligt: 0

Sachverhalt:

 

1977 wurde der Ferienpass des Landkreises Würzburg eingeführt. Konzeptionell bestand von Beginn an eine Zusammenarbeit von Landkreis und Gemeinden, d. h. der Ferienpass wurde von der Kommunalen Jugendarbeit (damals Kreisjugendpflege) geplant, erstellt und finanziert. Die Gemeinden leisteten die Ausgabe der Ferienpässe an die anspruchsberechtigten Kinder und Jugendliche, verrechneten die Einnahmen mit dem Kreisjugendamt. Dieses Modell besteht im Prinzip bis heute, also mehr als 43 Jahre.

 

Natürlich haben sich in dieser langen Zeit immer wieder kleinere und größere Veränderungen ergeben, das Erscheinungsbild wurde fortlaufend aktualisiert und zeitgemäß umgestaltet, das Grundkonzept ist aber gleichgeblieben. Die Kommunale Jugendarbeit arbeitet an einer grundlegenden konzeptionellen Neuorientierung des Angebotes, insbesondere aufgrund folgender Überlegungen und Zielvorstellungen:

 

1.    Dem 1977 aufgelegten Konzept lag die Überlegung zu Grunde, Angebote für Kinder und Jugendliche in den Bay. Sommerferien für „daheimgebliebene Kinder“ flächendeckend zu unterbreiten. Dabei sollte der Landkreis, das Kreisjugendamt, als Impuls- und Ideengeber tätig werden, um Gemeinden zu eigenständigen Angeboten zu motivieren. Heute gibt es kaum noch Gemeinden ohne eigene Ferienangebote und die personelle Ausstattung mit Fachkräften der Gemeindejugendarbeit ist schon seit langem weit vorangeschritten.

2.    Angebote und Bedarf habe sich im Laufe der Jahre immer wieder mal verändert, heute aber müssen wir uns grundsätzliche Gedanken zu bedarfsgerechten Angeboten machen.

3.    Die umfassende Digitalisierung des öffentlichen und privaten Lebens beeinflusst in hohem Maße ein flächendeckendes Angebot wie den Ferienpass. Das betrifft nicht nur eine „papierlose“ Version, sondern auch die Berücksichtigung digitaler und virtueller Wirklichkeit von Kindern und Jugendlichen.

4.    Ausgehend von der ursprünglichen Zielgruppendefinition „daheimgebliebene Kinder“ muss heute differenziert werden in Kinder, Jugendliche und Familien. Insbesondere in letzter Hinsicht bedarf es einer stärkeren Familienorientierung. Ein Ferienpass der Zukunft dient der ganzen Familie. Damit einher geht die Überlegung, Altersgrenzen auszuweiten: Von 0 bis unter 18 Jahren, einschließlich Eltern und im erweiterten Familienverständnis auch andere Erziehungspersonen wie Großeltern, Pflegefamilien usw. bei gemeinsamen Aktionen mit den Kindern. Und damit einher geht die Überlegung, Jugendliche und junge Erwachsene von 16 bis unter 27 passgenau zu berücksichtigen (verlängerte Jugendphase).

5.    Dennoch ist es wichtig, die Möglichkeiten selbstbestimmten Nutzens des Ferienpassangebotes durch Kinder in relevanten Altersgruppen aufrecht zu erhalten. D. h. Angebote zu gestalten, die Kinder auch ohne Eltern nutzen können.

6.    Das ursprüngliche Konzept von 1977 beinhaltet bis heute eine Begrenzung auf die Sommerferien. In diesem Zusammenhang wird eine schrittweise zeitliche Ausweitung auf andere Ferienzeiten oder auch darüber hinaus vorgeschlagen.

 

Eingebunden wird das Konzept in das Projekt „Urlaub dahemm“ des SFB 4, Kreisentwicklung.

 

Vorschlag zur Umsetzung:

 

Ein solch grundlegender Wandel lässt sich nicht von heute auf morgen verwirklichen, sondern muss schrittweise und in Etappen erfolgen. Die Kommunale Jugendarbeit schlägt folgende Umsetzungsschritte im Zeitraum von 2 - 3 Jahren vor:

 

·         2021: Weiterführung des bisherigen Ferienpasses mit ersten familienbezogenen

Angeboten

·         Vorstellung des Konzepts in der Bürgermeisterdienstbesprechung; der Umgestaltungsprozess muss gemeinsam und im Einverständnis mit den Gemeinden erfolgen

·         2022: Konzeption der Digitalisierung: Diese muss den Ferienpass selbst (digitales Kärtchen), die Buchung, Nutzung und Abrechnung von Angeboten, die Information (tagesaktuell) betreffen, aber auch Ideen für digitale und virtuelle Freizeitgestaltung berücksichtigen.
Hierfür wird eine attraktiv gestaltete Onlineplattform benötigt. Die Umsetzung der Digitalisierung im engen Zusammenhang mit der Onlineplattform bedarf der externen Unterstützung durch eine Agentur.

·         2022 wird der ehemalige Ferienpass erstmals als Familienpass aufgelegt.

·         2023: Ausweitung des Ferienpasses auf die Pfingstferien und Einführung eines eigenen Passes für die Zielgruppe Jugendliche und junge Erwachsene (16 bis unter 27)

 

Heute kann noch keine Aussage über den personellen und finanziellen Bedarf getroffen werden. Das Umsetzungskonzept sieht die Veränderungen schrittweise in Etappen vor, so dass zunächst das bestehende Personal und die zur Verfügung stehenden Mittel ausreichend sind. Im weiteren Verlauf, auch abhängig von der Inanspruchnahme, könnte sich ein zeitlich begrenzter oder dauerhafter personeller und finanzieller Bedarf ergeben. Inwiefern der personelle Bedarf durch interne Umschichtung von Aufgaben, durch zusätzliches Fachpersonal oder Verwaltungspersonal gedeckt werden kann, ist heute noch nicht abschätzbar.

 

Debatte:

 

Frau Jungmann und Herr Rostek, FB 31c, stellen die Überlegungen zur Neukonzeption des Ferienpasses des Landkreises Würzburg vor.

 

Herr Landrat Eberth begrüßt die Initiative der Neukonzeptionierung des Ferienpasses außerordentlich. Die Zeiten haben sich geändert, Nutzungsverhalten und Zugänge zu Angeboten haben sich verändert. Dementsprechend muss auch das Angebot der Kommunalen Jugendarbeit zeitgemäß umgestaltet werden. Deshalb wünscht er sich ein klares Votum des Jugendhilfeausschusses, die Kommunale Jugendarbeit mit einem entsprechenden Auftrag zu versehen, gemeinsam mit allen Akteuren eine in die Zukunft gerichtete Umgestaltung auf den Weg zu bringen. Dies geht nicht von heute auf morgen, sondern soll in einem längeren Zeitraum umgesetzt werden.

 

Herr Kreisrat Joßberger zeigt sich überrascht, dass die Abnahmezahlen des Ferienpasses in den letzten Jahren von ca. 6.000 auf 3.000 sich reduziert haben. Diese Wahrnehmung deckt sich seiner Ansicht nach mit der Entwicklung in den Gemeinden. Auch dort wurden die gemeindlichen Ferienprogramme anfangs stark in Anspruch genommen, in den letzten Jahren haben die Teilnahmezahlen kontinuierlich abgenommen. Herr Joßberger stellt die Frage, ob dies auf ein neues Freizeitverhalten der Kinder, Jugendlichen und Familien zurückzuführen ist. Herr Landrat Eberth antwortet darauf, dass sich sicherlich das Urlaub- und Freizeitverhalten in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert hat. Darüber hinaus wirken sich die ausgeweiteten Angebote auf Gemeindeebene aber auch auf die Nutzung der Landkreisangebote aus. Viele Gemeinden decken bereits 2 bis 3 Wochen der Ferien mit eigenen Angeboten ab.

 

Herr Rostek ergänzt, dass man die Entwicklung der Ferienpassausgabezahlen im Jahr 2020 nicht so hoch bewerten darf, da es sich hier um ein Sonderjahr handelt. Im Vornherein war der Kommunalen Jugendarbeit nicht klar, ob aufgrund der Corona-Situation die Inanspruchnahme zunimmt oder abnimmt. Vorbereitet waren wir auf beides. Zusätzlich muss man darauf hinweisen, dass trotz des Rückgangs die Ausgabezahlen des Ferienpasses im Landkreis Würzburg im bayernweiten Vergleich immer noch außerordentlich gut sind. Dennoch stellen wir in der Kommunalen Jugendarbeit den Prozess des Rückgangs der Ausgabezahlen fest, können uns nicht auf den Status quo berufen, sondern machen uns gerade mit diesem Tagesordnungspunkt Gedanken für die Zukunftsfähigkeit des Ferienpasses.

 

Frau Kreisrätin Wild freut sich sehr über die Weiterführung des Ferienpasses. Sie war selbst jahrelang in Zusammenarbeit mit der Kommunalen Jugendarbeit aktiv. Ganz besonders hervorheben möchte sie den Zugang von Kindern und Familien zu Kunst und Kultur, den der Ferienpass immer als festen Bestandteil anbietet. Auch sie bestätigt die Wahrnehmung, dass die Inanspruchnahme von gemeindlichen Ferienprogrammen rückläufig ist. Deshalb müsse der Ferienpass und das Ferienangebot sich stärker auf Familien beziehen, da gerade bei kleineren Kindern diese in der Regel nicht alleine Angebote wahrnehmen, sondern nur gemeinsam mit Eltern. Hier bedarf es einer künftigen engeren Zusammenarbeit von Kommunaler Jugendarbeit und Gemeinden.

 

Frau Kreisrätin Heeg weist darauf hin, dass in früheren Jahren das zum Ferienpass gehörende ÖPNV-Ticket für den Zeitraum der Sommerferien einen erheblichen Beitrag zur Attraktivität des Ferienpasses geleistet hat. In diesem Zusammenhang stellt sie die Frage, ob bei der zukünftigen Neukonzeptionierung des Ferienpasses auch an die gemeinsame Nutzung des ÖPNV durch Familien gedacht wird. Herr Rostek erläutert kurz den Hintergrund, warum die ÖPNV aus dem Ferienpass herausgenommen wurde. Dies habe mit den Anpassungen des Tarifsystems im öffentlichen Nahverkehr zu tun, Sonderangebote wie z. B. der Ferienpass wurden in diesem Zusammenhang abgeschafft. Dies lag nicht in der Entscheidung des Landkreises. Herr Landrat Eberth bestätigt diese Aussage. Aufgrund der damaligen Reduzierung der Sonderangebote im Tarifsystem ist z. B. neben dem Ferienpass auch der Gästepass gestrichen worden. Er hält es aber für wichtig, im Zusammenhang mit der Neukonzeptionierung Richtung Familienpass die Idee von Angebot und entsprechender Mobilität über den reinen Sommerferienzeitraum hinaus weiter zu verfolgen.

 

Frau Jungmann freut sich über die Ideen und Anregungen und weißt nochmals darauf hin, dass die Neukonzeptionierung des Ferienpasses einen Prozess darstellt, der auch so offen gestaltet ist, dass in nächster Zeit weitere und neue Ideen hinzugefügt werden können.


Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss befürwortet die Planungsvorschläge der Kommunalen Jugendarbeit zur Neukonzeption des Ferienpasses wie vorgestellt und beauftragt die Verwaltung mit der Umsetzung der ersten Planungsschritte.

 

Für die Beratung des Jugendhilfehaushaltes 2022 im Jugendhilfeausschuss November 2021 soll eine Kostenkalkulation vorgelegt werden. Des Weiteren wird der Jugendhilfeausschuss fortlaufend über den Planungsstand, die Umsetzung und die Erfahrungen informiert.

 

Beschluss:

 

Der Jugendhilfeausschuss befürwortet die Planungsvorschläge der Kommunalen Jugendarbeit zur Neukonzeption des Ferienpasses wie vorgestellt und beauftragt die Verwaltung mit der Umsetzung der ersten Planungsschritte.

 

Für die Beratung des Jugendhilfehaushaltes 2022 im Jugendhilfeausschuss November 2021 soll eine Kostenkalkulation vorgelegt werden. Des Weiteren wird der Jugendhilfeausschuss fortlaufend über den Planungsstand, die Umsetzung und die Erfahrungen informiert.