Beschluss: zur Kenntnis genommen

Anlage/n:          3 Präsentationen

 

 

Sachverhalt:

 

 

Seit der Kreisausschusssitzung am 27.07.2020 sind die Planungen eines möglichen sichtbaren Frauenhauses im Landkreis Würzburg konzeptionell sowohl in fachlicher als auch baulicher Hinsicht vorangeschritten. Um eine für den Landkreis geeignete Konzeption zu erstellen, fanden am 23.11.2020, 15.12.2020 und 18.01.2021 Besprechungen der Verwaltung mit der SKF statt. Am 25.02.2021 fand eine weitere Besprechung in größerer Runde (Vertreter der Stadt und des Architekturbüros) statt, in welcher auch der erste Entwurf der baulichen Konzeption vorgestellt wurde.

 

1. Sichtbares Frauenhaus im Landkreis Würzburg

 

Ein Frauenhaus mit anonymer Adresse ist ungeeignet für eine Gemeinde im Landkreis, weil die Anonymität dort schwer zu behalten ist.  Auf der anderen Seite haben auch die bisherigen Frauenhäuser beispielsweise durch Handyortung mit der Beibehaltung der Anonymität zu kämpfen.

Konzeptionell basiert das sichtbare Frauenhaus auf den fachlichen und strukturellen Grundlagen der anonymen Frauenhäuser. Es erweitert das bisherige Angebot um einen Baustein der passgenauen Beratung und Begleitung, der eine stärkere Integration der Frauen und Kinder mit dem Thema Gewalt in eine Gemeinde ermöglicht. Gewalt kann jeden betreffen – sie darf sichtbar werden.

Gleichzeitig bedeutet die Form des sichtbaren Frauenhauses potentiell für einzelne Frauen auch eine Möglichkeit frühzeitiger die Gewaltsituation zu verlassen und sich und die Kinder vor weiteren Folgen zu schützen.

 

Fachlich erweitert das sichtbare Frauenhaus die bisherigen Unterstützungsstrukturen von anonymen Frauenhäusern, pro-aktiver Beratung, Second Stage und anderen Übergangsprojekten, um eine zukunftsweisende – auch gesellschaftlich relevante- Komponente.

 

2. Baulich Konzeption

 

Auch in baulicher Hinsicht wurde ein erstes Konzept erstellt, welches sich bereits mit den Anforderungen eines sichtbaren Frauenhauses befasst und die Besonderheiten umgesetzt hat. Das sichtbare Frauenhaus soll mit einzelnen Appartements ausgestattet sein und Platz für 6 + 2 Frauen mit ihren Kindern bieten. Im Rahmen des baulichen Konzepts wurde berücksichtigt, dass das Frauenhaus auch für Mütter mit größeren Kindern geeignet sein soll, so dass im Obergeschoss sowohl ein Kleinkinderbereich als auch ein Jugendbereich zur Verfügung steht.

 

Eine Vorstellung des fachlichen und des baulichen Konzepts erfolgt in der Sitzung.

 

 

 

Debatte:

 

Ein Frauenhaus mit anonymer Adresse ist ungeeignet für eine Gemeinde im Landkreis, weil die Anonymität dort schwer zu behalten ist. Daraufhin wurde mit SkF, mit Vertretern im Haus und der Polizei gemeinsam ein Konzept erarbeitet, um aus der Anonymität eines Frauenhauses eine öffentliche Debatte zu machen.

 

Frauenhausleiterin Frau Boes vom SkF stellt ein Konzept vor.

 

Potenziale eines sichtbaren Frauenhauses seien beispielsweise, dass Gewalt enttabuisiert wird, dass das Empfangen von Besuchen möglich ist, Frauen eine Meldeadresse haben und generell die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Kinder gesteigert wird.

 

Herr Schenk fragte, warum im vergangenen Jahr weniger Aufnahmen in Frauenhäusern stattfanden.

Dies lag daran, dass die Aufenthaltsdauer der Frauen länger war und somit weniger Auszüge stattfanden.

 

Herr Menig von Menig & Partner Architekten stellte das bauliche Konzept für das Frauenhaus auf dem bekannten Grundstück in Giebelstadt (ehem. Bauhof) vor.

 

Herr Joßberger fragte, was „Präsenzbereich“ bedeute.

Unten im Erdgeschoss ist das Frauenhaus halböffentlich, also kein Wohnbereich, und der Bereich ab dem ersten Obergeschoss ist geschützt.

 

Herr Hoffmann fragte, ob das Frauenhaus öffentlich zu jeder Zeit zugänglich sei.

Das Sicherheitskonzept werde noch ausgearbeitet. Auch die Frage, ob ein Zaun nötig sei, ist noch nicht geklärt. Die Möglichkeit, einen Zaun um das Haus zu bauen, bestehe jedoch.

 

Frau Boes fuhr mit dem Vortrag über die inhaltliche Thematik fort.

 

Herr Hoffmann, fragte, ob es eine Statistik gibt, die Gewalt am/im Frauenhaus aufzeigt.

Diese Frage werde im Vortrag beantwortet.

 

Frau Braunreuther fragte, ob digitale Endgeräte bezüglich der digitalen Sicherheit genutzt werden dürfen.

Dies sei sehr unterschiedlich. Es komme darauf an, wie vorab die individuelle Gefährdung eingeschätzt werde. Es könne vorkommen, dass das Frauenhaus die Frauen dazu auffordern muss, alle Handys, Tablets, etc. zurückzulassen.

 

Herr Eck fragte, wie häufig es vorkommt, dass Frauen nach dem Auszug aus dem Frauenhaus Wohnraum benötigen.

Der größte Teil der Frauen wolle in eine eigene Wohnung ziehen. Manche Frauen gehen auch zurück zum Partner oder ziehen weiter weg.

 

Herr Kuhl fragte, wie lange die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist.

Durchschnittlich dauere ein Aufenthalt 73 Tage. Hier gebe es aber große Unterschiede; manche Frauen bleiben auch bis zu einem Jahr im Frauenhaus.

 

Herr Eck fragte, ob es denkbar wäre, dass die zwei Häuser nebenan an das Frauenhaus „angebunden“ werden könnten, um die Wohnungen für Frauen nach dem Auszug aus dem Frauenhaus freizuhalten.

Hier wäre zu bedenken, dass es sehr unwirtschaftlich wäre, 16 Wohnungen vollständig freizuhalten. Es gäbe aber die Möglichkeit, Sozialraumwohnungen zu finanzieren.

 

Herr Meixner möchte noch einmal verdeutlichen, dass es von den Frauenhausplätzen sowieso darauf ausgelegt ist (second step), dass die Frauen aus dem engeren Frauenhausbetreuungsbereich in einen weniger betreuten Bereich umziehen können, damit die Aufenthaltsdauer nicht zu lange wird.

 

Frau Finster fragte, ob ein Sicherheitskonzept dann auch für die Häuser 2 und 3 gelte.

Für Frauen, die sich in einer extremen Gefährdungslage befinden, ist das öffentliche Frauenhaus nicht das Richtige. Es ist ein Konzept mit Therapie, Anlaufstelle und Betreuungsmöglichkeiten. Aber es ist nicht für Frauen ausgelegt, welche Angst haben müssen, vor die Tür zu gehen.

 

Frau Finster fragte außerdem, wie reguliert werden kann, welche Personen in die Wohnungen in den Häusern nebenan einziehen, falls die Frauen im Frauenhaus sich unwohl fühlen, wenn z.B. eine Familie mit Mann einziehen sollte.

Dies wird nicht machbar sein und Frau Boes betonte auch, dass ein Stück Normalität auch wichtig sei für die Frauen. Außerdem wäre eine Kontrolle der Personen, die nebenan einziehen, aus Datenschutzgründen nicht machbar.

 

Der stellvertretende Sachgebietsleiter des Sachgebiets Kriminalitätsbekämpfung Herr Streib trägt Bedenken und positive Impulse der Polizei bezüglich des Konzepts des offenen Frauenhauses vor.

 

Die meisten Frauen stehen nicht in Kontakt mit der Polizei, wenn sie in ein Frauenhaus gehen.

Ein Grund dafür kann sein, dass Straftaten aufgrund des Legalitätsprinzip verfolgt werden müssen, auch wenn die Frauen dies evtl. gar nicht möchten.

Leider gibt es wenig Erfahrung der Polizei in Bayern mit offenen Frauenhäusern.

Dennoch sei die Haltung offen und keinesfalls ablehnend.

Wichtig ist die Frage, wer in einem offenen Frauenhaus wohnen kann. Die Schwierigkeit sei hier die Gefährdungsbewertung, da meistens nur Kenntnis über die Frau und nicht über den Täter besteht.

 

Somit können polizeiliche Kenntnisse über den Täter nicht in die Gefährdungsbewertung miteinfließen.

 

Herr Kuhl fragte, wie die Sozialstrukturen, welche während des Aufenthalts im offenen Frauenhaus geschaffen wurden, nach dem Auszug erhalten bleiben können.

Die Frauen werden im Nachgang sowieso weiterhin begleitet, wenn dies von der Frau gewünscht sei.

 

Frau Kinzinger teilte mit, dass für sie der soziale Wohnungsbau bzgl. der Häuser 2 und 3 und das offene Frauenhaus nichts miteinander zu tun hätten und sie das getrennt sehe.

Die Verwendung und der Bau von den Häusern 2 und 3 sei noch völlig offen.

Des Weiteren fragte Frau Kinzinger noch nach Baukosten, dem Unterhalt und Förderungen.

Diese Punkte werden im Vortrag von Frau Opfermann beantwortet.

 

Frau Behon fragte nach fehlenden Perspektiven nach dem Aufenthalt im Frauenhaus und wie die Frauen zum Frauenhaus kommen. Sie bezweifle außerdem, dass eine Frau aus dem Landkreis in Giebelstadt in ein Frauenhaus aufgrund der fehlenden Anonymität möchte.

In der Regel kämen die Frauen zum Frauenhaus über andere Beratungsstellen oder auch über das Jobcenter, Anwälte oder Freunde oder von sich aus.

 

Frau stellv. Landrätin Haupt-Kreutzer betonte, dass jede abgewiesene Frau eine Frau zu viel sei. Das Konzept eines offenen Frauenhauses gebe neue Hoffnung für Frauen, die sonst den Schritt in ein anonymes Frauenhaus evtl. nicht gegangen wären. Giebelstadt biete bzgl. der Infrastruktur und der Akzeptanz ein gutes Umfeld. Der Standort Giebelstadt sei aber nicht in Stein gemeißelt.

 

Frau Feiler verlässt die Sitzung um 15:42 Uhr.

 

Herr Hoffmann fragte, wie die Kinder der Frauen betreut werden und ob diese vor Ort in den Kindergarten gehen sollen. Diesbezüglich habe er Bedenken, da in diesem Kontext wieder die Gefahr der Gewalt bestünde. Des Weiteren fragte er nach besonderer Betreuung aufgrund der Gewalt, die die Kinder erfahren haben.

Vor Ort gebe es im Frauenhaus Erzieherinnen, die versuchen, die Gewalterfahrungen mit den Kindern aufzuarbeiten. Frau Boes betonte, dass es wichtig sei, dass die Kinder in den Kindergarten gehen. Aufgrund von Umgangsregelungen, welche bei Gericht von den Vätern erwirkt wurden, sei es meistens der Fall, dass Kinder und Mütter Umgang mit dem Vater haben. Dies sei ein großes Sicherheitsrisiko, welches immer bestünde.

 

Frau Dr. Düber, Bezirksrätin und Sozialreferentin der Stadt Würzburg, führte als Verhandlungsführerin der Kostenregion 2 auf, dass es eine Vereinbarung zwischen den drei Landkreisen und der Stadt Würzburg gibt, nach der die Kommune, deren Sitz zwei Frauenhäuser innehaben, in der Kostenträgerrunde die Verhandlungsführerschaft hat.

Es gibt eine Evaluation des Sozialministeriums, die für die Region 2 von 19,44 Plätzen ausgeht. Es gibt Bestrebungen, dass diese Evaluation neu überdacht und auf einen aktuellen Stand gebracht wird.

Wenn eine Kommune den Bedarf in Form eines Gremiumbeschlusses anerkennt, gibt es die Möglichkeit, den Antrag auf eine staatliche Förderung zu stellen. Der Landkreis Würzburg könnte die staatliche Förderung jedoch auch ohne die Region 2 als Partner beantragen.

 

Frau Opfermann trug die Präsentation bezüglich Timeline, Förderprogramme und Betriebskosten vor und stellte den weiteren Sachverhalt dar.

 


Zur weiteren Veranlassung an GB 3

 

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