Sitzung: 19.10.2020 Sozialausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Sachverhalt:
Mit
Beschluss des Sozialausschusses vom 06.07.2020, Aktenzeichen FB 41/047/2020,
wurde der Landrat vom Sozialausschuss ermächtigt, gegen eine Beanstandung der
spitzen Personalkostenabrechnung 2017 hinsichtlich des 50%-Anteils der Personalkosten
des Fachbereichsleiters des FB41 und stellvertretenden Geschäftsbereichsleiters
durch das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Klage beim Bayerischen
Landessozialgericht in Schweinfurt einzulegen, falls eine Einigung im
Verständigungswege oder ein Musterverfahren eines Dritten nicht zustande kommt.
Hintergrund war, dass in der Begründung des Urteils des
Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) in Schweinfurt vom 20.12.2017, Az. L 11
AS 391/14 KL, die Möglichkeit der Abrechnung der
tatsächlichen Personalkosten für zusätzliche Mitarbeitergruppen eröffnet
wurde. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird bezüglich der genauen Modalitäten
der Abrechnung von Personalkosten nach der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung
für Arbeitsuchende durch die zugelassenen kommunalen Träger und für die
Bewirtschaftung von Bundesmitteln im automatisierten Haushalts-, Kassen- und
Rechnungswesen des Bundes (Kommunalträger-Abrechnungsverwaltungsvorschrift –
KoA-VV) auf die Beschlussvorlage vom 06.07.2020
verwiesen.
Nachdem der Leiter des Fachbereichs in der
Vergangenheit immer zu 100% über die Gemeinkostenpauschale abgerechnet wurde,
wurde für das Jahr 2017 versucht, den Anteil der Personalkosten als
Fachbereichsleiter (50%) als Personalkosten nach § 10 KoA-VV abzurechnen, und die
restlichen 50% für die unter die
Querschnittsaufgaben fallenden Controllingaufgaben über die Personalgemeinkostenpauschale
nach § 13 KoA-VV.
Mit Schreiben vom 24.06.2019 hinterfragte die Prüfgruppe (PG) des Bundesministeriums
für Arbeit und Soziales (BMAS) die jeweils hälftige Abrechnung der Personalkosten
und bat um Zurverfügungstellung der Stellenbeschreibung und Erläuterung der
spitz und nicht spitz abgerechneten Stellenanteile. Die geforderten
Erläuterungen wurden zusammen mit einer Stellenbeschreibung am 26.06.2019 an
das BMAS weitergeleitet.
Mit Jahresabrechnungsschreiben vom 08.04.2020 beanstandete die PG des
BMAS die zu 50% spitz abgerechneten Kosten des Fachbereichsleiters FB 41 in der
Jahresabrechnung 2017.
Das BMAS argumentiert, dass die 50%-ige Abrechnung als
Fachbereichsleiter für die Bereiche Haushalt und Recht nicht mit der KoA-VV
vereinbar sind, da sie Querschnittsaufgaben darstellen. Diese seien über die
Personalgemeinkosten nach § 13 KoA-VV pauschal abzurechnen. Außerdem habe der
Mitarbeiter als stellvertretender Geschäftsbereichsleiter gemäß
Aufgabenzuteilung in der Arbeitsplatzbeschreibung ausschließlich die Vertretung
und Unterstützung des Geschäftsbereichsleiters zu verantworten. Da der Leiter
(sowie dessen Vertretung) Aufgaben aus dem SGB II-Bereich, aber auch aus
anderen Leistungsbereichen wahrnimmt (so zumindest noch 2017), sind dessen
Kosten nach § 13 Abs. 2 Satz 1 KoA-VV ebenfalls den Personalgemeinkosten
zuzurechnen. Demzufolge sind die Kosten für die Leitung sowie seines
Stellvertreters bereits mit dem Gemeinkostenzuschlag in Höhe von 30%
abgegolten. Die Ausnahme des § 13 Abs. 2 Satz 2 KoA-VV sei nicht einschlägig.
Die nach § 10 KoA-VV abgerechneten Kosten seien folglich zu beanstanden. Nach
Berücksichtigung des kommunalen Finanzierungsanteils (KFA) ergäbe sich eine
Beanstandungssumme in Höhe von 51.630,58 Euro für das Haushaltsjahr 2017.
Dieser Betrag sollte – zusammen mit anderen Forderungen – am 12.05.2020
zur Zahlung fällig sein. Mit Schreiben vom 22.04.2020 wurde gegenüber dem Bund
angekündigt, die vorstehende Summe unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer
Rechtspflicht zu erstatten. Die Überweisung erfolgte am 27.04.2020, die
Wertstellung am 05.05.2020. Eine gesonderte Begründung des Vorbehalts gegenüber
dem BMAS soll noch erfolgen.
Für das Jahr 2018 wurden die Personalkosten des Fachbereichsleiters FB
41 zu 100% in tatsächlicher Höhe spitz gegenüber dem BMAS abgerechnet. Diese
Abrechnung beanstandete das BMAS mit dem Jahresabrechnungsschreiben vom
19.06.2020 ebenfalls und erkannte nur 50% als spitz abrechenbare Personalkosten
an. Dieser Anteil entspräche der Vertretung des Geschäftsbereichsleiters als
Leitung des Jobcenters. Da die Kosten der Leitung nach Wegfall von Aufgaben
außerhalb des SGB II ab 2018 ebenfalls voll abrechenbar seien, könne auch sein
Stellvertreter, der Leiter des FB 41, spitz nach § 10 KoA-VV abgerechnet
werden. Beanstandet wurde die Abrechnung des Anteils als Fachbereichsleiter in
Höhe der hälftigen Personal- und Personalnebenkosten sowie Versorgungszuschläge
und Gemeinkosten, abzüglich kommunalem Finanzierungsanteil, in Höhe von
insgesamt 51.863,04 Euro.
Der Landkreis zahlte die beanstandete Summe wie schon für 2017 unter Vorbehalt
an den Bund zurück.
Parallel wurden die Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Bund unter
Berücksichtigung der Begründungen der Beanstandungen für die Jahre 2017 und
2018 durch die Juristin der Widerspruchstelle des Jobcenters geprüft. Die
Prüfung kam zu dem Ergebnis, dass das Prozessrisiko einer Klage bezüglich der
Abrechnung des Jahres 2017 sehr hoch ist und die Erfolgsaussichten eher gering.
Nach der mittlerweile entwickelten „Produkttheorie“ können alle direkt mit der
Bewilligung des „Produkts“ ‚Leistungen nach dem SGB II verbundenen
Personalkosten in tatsächlicher Höhe abgerechnet werden. Diese beinhaltet
Leistungsgewährung, Arbeitsvermittlung, Widerspruchsbearbeitung, aber auch
Klärung allgemeiner Rechtsfragen und Fachbereichsleitung. Im Fachbereich 41
sind jedoch überwiegend allgemeine Querschnittsaufgaben (Controlling, EDV,
Haushalt, zentrale Dienste) angegliedert. Da diese über die
Personalgemeinkosten abgerechnet werden, kann auch die diesbezügliche
Fachbereichsleitung nicht in tatsächlicher Höhe „spitz“ abgerechnet werden.
Eine Änderung der KoA-VV bezüglich der Abrechnungsfähigkeit der
Widerspruchstelle ist erst zum 01.01.2019 in Kraft getreten, eine rückwirkende
Anwendung auf Zeiträume vor dem 01.01.2019 wird vom BMAS abgelehnt. Selbst wenn
dies möglich werden sollte, wäre nach Abzug der Querschnittsaufgaben ein viel
geringerer Anteil der Personalkosten als 50% ansetzbar, da nur die
Widerspruchssachbearbeiter und der Außendienst direkt in die Erbringung von
Leistungen nach dem SGB II involviert sind. Falls alle SGB II-fremden Aufgaben
dieser beiden Personengruppen durch das BMAS herausgestrichen werden würden,
könnte der Anteil der abrechenbaren Fachbereichsleitungskosten eventuell auf 15
- 20% sinken. Da bei nicht genau abgrenzbaren Aufgaben in der Regel der Weg der
Pauschalierung gegangen wird (so z.B. bei Kosten der Leitung, wenn Aufgaben
außerhalb des SGB II wahrgenommen werden), ist es wahrscheinlich, dass hier der
gesamte Anteil der Fachbereichsleitung den Personalgemeinkosten zugeschlagen
werden würde.
Außerdem geht das BMAS bei der Anerkennung der erstattungsfähigen
Personalkosten offensichtlich von einer anderen Kostenaufteilung aus als durch
den Landkreis Würzburg abgerechnet und auf Nachfrage durch Vorlage der
Aufgabenbeschreibung nachgewiesen. Die Vertretung des Geschäftsbereichsleiters
macht nach der Aufgabenverteilung lediglich ca. 8% der Aufgaben des
Fachbereichsleiters FB41 aus. Berücksichtigt hat das BMAS allerdings für 2017
und 2018 aber einen Anteil von 50% und für das Jahr 2018 auch als abrechenbar
anerkannt. Da die Kosten der Fachbereichsleitung für den Bereich der
Querschnittsaufgaben nicht bzw. mit einem deutlich niedrigeren Anteil als 50%
der Personalkosten in Ansatz gebracht werden können, ergibt sich dadurch eine
für den Landkreis Würzburg zumindest für 2018 vorteilhaftere Abrechnung.
Nachdem auch eine Unterstützung durch den Deutschen Landkreistag nicht
absehbar ist, wurde in dem Gutachten daher angeraten, das Prozessrisiko zu
vermeiden und die Beanstandungen der Abrechnungen
für die Jahre 2017 und 2018 anzuerkennen. Im Vergleich zu den Vorjahren bis
einschließlich 2016, in denen der Leiter des Fachbereichs 41 voll über die
Personalgemeinkostenpauschale abgerechnet wurde, stellt dies keinen Verlust
dar. Ab 2018 ergeben sich aufgrund der durch das BMAS anerkannten abrechenbaren
Kosten höhere spitz abrechenbare Personalkosten als bei einer Nichtanerkennung
oder lediglich teilweisen Anerkennung (nach Herausrechnen der
Querschnittsaufgaben) des Personalkostenanteils als Fachbereichsleiter
Die Verwaltung bittet um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen und
empfiehlt, von der Ermächtigung des Landrats mit Beschluss des
Sozialausschusses vom 06.07.2020 keinen Gebrauch zu machen.
Beschlussvorschlag:
Der Sozialausschuss nimmt die vorstehenden Ausführungen der Verwaltung
zur Kenntnis.
Beschluss:
Der Sozialausschuss nimmt die vorstehenden Ausführungen der Verwaltung
zur Kenntnis.