Beschluss: zur Kenntnis genommen

Sachverhalt:

 

Mit Beschluss des Sozialausschusses vom 06.07.2020, Aktenzeichen FB 41/047/2020, wurde der Landrat vom Sozialausschuss ermächtigt, gegen eine Beanstandung der spitzen Personalkostenabrechnung 2017 hinsichtlich des 50%-Anteils der Personalkosten des Fachbereichsleiters des FB41 und stellvertretenden Geschäftsbereichsleiters durch das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Klage beim Bayerischen Landessozialgericht in Schweinfurt einzulegen, falls eine Einigung im Verständigungswege oder ein Musterverfahren eines Dritten nicht zustande kommt.

 

Hintergrund war, dass in der Begründung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) in Schweinfurt vom 20.12.2017, Az. L 11 AS 391/14 KL, die Möglichkeit der Abrechnung der tatsächlichen Personalkosten für zusätzliche Mitarbeiter­gruppen eröffnet wurde. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird bezüglich der genauen Modalitäten der Abrechnung von Personalkosten nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die zugelassenen kommunalen Träger und für die Bewirtschaftung von Bundesmitteln im automatisierten Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (Kommunalträger-Abrechnungsverwaltungs­vorschrift – KoA-VV) auf die Beschlussvorlage vom 06.07.2020 verwiesen.

 

Nachdem der Leiter des Fachbereichs in der Vergangenheit immer zu 100% über die Gemeinkostenpauschale abgerechnet wurde, wurde für das Jahr 2017 versucht, den Anteil der Personalkosten als Fachbereichsleiter (50%) als Personalkosten nach § 10 KoA-VV abzurechnen, und die restlichen 50% für die unter die Querschnittsaufgaben fallenden Controllingaufgaben über die Personalgemein­kosten­­pauschale nach § 13 KoA-VV.

 

Mit Schreiben vom 24.06.2019 hinterfragte die Prüfgruppe (PG) des Bundes­minis­teriums für Arbeit und Soziales (BMAS) die jeweils hälftige Abrechnung der Personal­kosten und bat um Zurverfügungstellung der Stellenbeschreibung und Erläuterung der spitz und nicht spitz abgerechneten Stellenanteile. Die geforderten Erläuterungen wurden zusam­men mit einer Stellenbeschreibung am 26.06.2019 an das BMAS weitergeleitet.

 

Mit Jahresabrechnungsschreiben vom 08.04.2020 beanstandete die PG des BMAS die zu 50% spitz abgerechneten Kosten des Fachbereichsleiters FB 41 in der Jahresabrechnung 2017.

 

Das BMAS argumentiert, dass die 50%-ige Abrechnung als Fachbereichsleiter für die Bereiche Haushalt und Recht nicht mit der KoA-VV vereinbar sind, da sie Querschnittsaufgaben darstellen. Diese seien über die Personalgemeinkosten nach § 13 KoA-VV pauschal abzurechnen. Außerdem habe der Mitarbeiter als stellvertretender Geschäftsbereichsleiter gemäß Aufgabenzuteilung in der Arbeitsplatzbeschreibung ausschließlich die Vertretung und Unterstützung des Geschäftsbereichsleiters zu verantworten. Da der Leiter (sowie dessen Vertretung) Aufgaben aus dem SGB II-Bereich, aber auch aus anderen Leistungsbereichen wahrnimmt (so zumindest noch 2017), sind dessen Kosten nach § 13 Abs. 2 Satz 1 KoA-VV ebenfalls den Personalgemeinkosten zuzurechnen. Demzufolge sind die Kosten für die Leitung sowie seines Stellvertreters bereits mit dem Gemeinkostenzuschlag in Höhe von 30% abgegolten. Die Ausnahme des § 13 Abs. 2 Satz 2 KoA-VV sei nicht einschlägig. Die nach § 10 KoA-VV abgerechneten Kosten seien folglich zu beanstanden. Nach Berücksichtigung des kommunalen Finanzierungsanteils (KFA) ergäbe sich eine Beanstandungssumme in Höhe von 51.630,58 Euro für das Haushaltsjahr 2017.

 

Dieser Betrag sollte – zusammen mit anderen Forderungen – am 12.05.2020 zur Zahlung fällig sein. Mit Schreiben vom 22.04.2020 wurde gegenüber dem Bund angekündigt, die vorstehende Summe unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu erstatten. Die Überweisung erfolgte am 27.04.2020, die Wertstellung am 05.05.2020. Eine gesonderte Begründung des Vorbehalts gegenüber dem BMAS soll noch erfolgen.

 

Für das Jahr 2018 wurden die Personalkosten des Fachbereichsleiters FB 41 zu 100% in tatsächlicher Höhe spitz gegenüber dem BMAS abgerechnet. Diese Abrechnung beanstandete das BMAS mit dem Jahresabrechnungsschreiben vom 19.06.2020 ebenfalls und erkannte nur 50% als spitz abrechenbare Personalkosten an. Dieser Anteil entspräche der Vertretung des Geschäftsbereichsleiters als Leitung des Jobcenters. Da die Kosten der Leitung nach Wegfall von Aufgaben außerhalb des SGB II ab 2018 ebenfalls voll abrechenbar seien, könne auch sein Stellvertreter, der Leiter des FB 41, spitz nach § 10 KoA-VV abgerechnet werden. Beanstandet wurde die Abrechnung des Anteils als Fachbereichsleiter in Höhe der hälftigen Personal- und Personalnebenkosten sowie Versorgungszuschläge und Gemeinkosten, abzüglich kommunalem Finanzierungsanteil, in Höhe von insgesamt 51.863,04 Euro.

 

Der Landkreis zahlte die beanstandete Summe wie schon für 2017 unter Vorbehalt an den Bund zurück.

 

Parallel wurden die Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Bund unter Berücksichtigung der Begründungen der Beanstandungen für die Jahre 2017 und 2018 durch die Juristin der Widerspruchstelle des Jobcenters geprüft. Die Prüfung kam zu dem Ergebnis, dass das Prozessrisiko einer Klage bezüglich der Abrechnung des Jahres 2017 sehr hoch ist und die Erfolgsaussichten eher gering. Nach der mittlerweile entwickelten „Produkttheorie“ können alle direkt mit der Bewilligung des „Produkts“ ‚Leistungen nach dem SGB II verbundenen Personalkosten in tatsächlicher Höhe abgerechnet werden. Diese beinhaltet Leistungsgewährung, Arbeitsvermittlung, Widerspruchsbearbeitung, aber auch Klärung allgemeiner Rechtsfragen und Fachbereichsleitung. Im Fachbereich 41 sind jedoch überwiegend allgemeine Querschnittsaufgaben (Controlling, EDV, Haushalt, zentrale Dienste) angegliedert. Da diese über die Personalgemeinkosten abgerechnet werden, kann auch die diesbezügliche Fachbereichsleitung nicht in tatsächlicher Höhe „spitz“ abgerechnet werden. Eine Änderung der KoA-VV bezüglich der Abrechnungsfähigkeit der Widerspruchstelle ist erst zum 01.01.2019 in Kraft getreten, eine rückwirkende Anwendung auf Zeiträume vor dem 01.01.2019 wird vom BMAS abgelehnt. Selbst wenn dies möglich werden sollte, wäre nach Abzug der Querschnittsaufgaben ein viel geringerer Anteil der Personalkosten als 50% ansetzbar, da nur die Widerspruchssachbearbeiter und der Außendienst direkt in die Erbringung von Leistungen nach dem SGB II involviert sind. Falls alle SGB II-fremden Aufgaben dieser beiden Personengruppen durch das BMAS herausgestrichen werden würden, könnte der Anteil der abrechenbaren Fachbereichsleitungskosten eventuell auf 15 - 20% sinken. Da bei nicht genau abgrenzbaren Aufgaben in der Regel der Weg der Pauschalierung gegangen wird (so z.B. bei Kosten der Leitung, wenn Aufgaben außerhalb des SGB II wahrgenommen werden), ist es wahrscheinlich, dass hier der gesamte Anteil der Fachbereichsleitung den Personalgemeinkosten zugeschlagen werden würde.

 

Außerdem geht das BMAS bei der Anerkennung der erstattungsfähigen Personalkosten offensichtlich von einer anderen Kostenaufteilung aus als durch den Landkreis Würzburg abgerechnet und auf Nachfrage durch Vorlage der Aufgabenbeschreibung nachgewiesen. Die Vertretung des Geschäftsbereichsleiters macht nach der Aufgabenverteilung lediglich ca. 8% der Aufgaben des Fachbereichsleiters FB41 aus. Berücksichtigt hat das BMAS allerdings für 2017 und 2018 aber einen Anteil von 50% und für das Jahr 2018 auch als abrechenbar anerkannt. Da die Kosten der Fachbereichsleitung für den Bereich der Querschnittsaufgaben nicht bzw. mit einem deutlich niedrigeren Anteil als 50% der Personalkosten in Ansatz gebracht werden können, ergibt sich dadurch eine für den Landkreis Würzburg zumindest für 2018 vorteilhaftere Abrechnung.

           

Nachdem auch eine Unterstützung durch den Deutschen Landkreistag nicht absehbar ist, wurde in dem Gutachten daher angeraten, das Prozessrisiko zu vermeiden und die Beanstandungen der  Abrechnungen für die Jahre 2017 und 2018 anzuerkennen. Im Vergleich zu den Vorjahren bis einschließlich 2016, in denen der Leiter des Fachbereichs 41 voll über die Personalgemeinkostenpauschale abgerechnet wurde, stellt dies keinen Verlust dar. Ab 2018 ergeben sich aufgrund der durch das BMAS anerkannten abrechenbaren Kosten höhere spitz abrechenbare Personalkosten als bei einer Nichtanerkennung oder lediglich teilweisen Anerkennung (nach Herausrechnen der Querschnittsaufgaben) des Personalkostenanteils als Fachbereichsleiter

 

Die Verwaltung bittet um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen und empfiehlt, von der Ermächtigung des Landrats mit Beschluss des Sozialausschusses vom 06.07.2020 keinen Gebrauch zu machen.

 

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Sozialausschuss nimmt die vorstehenden Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

 

 


Beschluss:

 

Der Sozialausschuss nimmt die vorstehenden Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.