Sitzung: 11.05.2020 Kreistag
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Sachverhalt:
Nach Art. 27. Abs. 1
S. 1 des Gesetzes über kommunale Wahlbeamtinnen und Wahlbeamte (KWBG) ist der
Diensteid nach § 38 Abs. 1 BeamtStG spätestens zu Beginn der ersten Sitzung,
die der Kreistag nach Beginn der Amtszeit des Beamten abhält, zu leisten.
Die Eidesformel nach
Art. 27 Abs. 1 S. 2 KWBG lautet:
„Ich schwöre Treue
dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des
Freistaates Bayern, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung meiner
Amtspflichten, so wahr mir Gott helfe.“
Nach Art. 27 Abs. 2
S. 1 KWBG kann der Diensteid auch ohne die Worte „so wahr mir Gott helfe“
geleistet werden.
Erklärt ein Beamter,
dass er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten könne, so hat er
an Stelle der Worte „ich schwöre“ die Worte „ich gelobe“ zu sprechen oder das
Gelöbnis mit einer dem Bekenntnis seiner Religionsgemeinschaft oder der
Überzeugung seiner Weltanschauungsgemeinschaft entsprechenden, gleichwertigen
Beteuerungsformel einzuleiten (Art. 27 Abs. 2 S. 2 KWBG).
Den Diensteid nimmt
gemäß Art. 27 Abs. 3 KWBG der älteste anwesende Kreisrat ab.
Dies ist Herr Dr. Titus Hay, neu gewählter Kreisrat aus Neubrunn.
Es folgt ein
Redebeitrag von Dr. Hay.
„Sehr geehrte Damen
und Herren,
da ich ja Neuling im neuen Kreistag bin, möchte ich
mich zunächst einmal vorstellen.
Ich heiße Titus Hay, und wurde 1949 in Soest, in
eine Familie schlesischer Flüchtlinge hinein geboren.
Nach sehr wechselvoller Jugend kamen wir 1960 nach
Unterfranken.
Hier studierte ich in Würzburg Humanmedizin und bin
seit nahezu 40 Jahren in meinem Heimatort Neubrunn als Allgemeinarzt tätig.
Heute bin ich auf die neue Herausforderung unserer
Arbeit im Kreistag sehr gespannt und freue mich, vor Ihnen sprechen zu dürfen.
Es ist mir eine besondere Ehre bei unserer
konstituierenden Sitzung des Kreistages Würzburg Land Herrn Regierungspräsident Dr. Eugen Ehmann und unseren Oberbürgermeister
Christian Schuchardt zu begrüßen.
Des Weiteren begrüßte ich unsern neuen Landrat
Thomas Eberth, den sicher viele von Ihnen kennen, mit dem ich selbst vor 3
Tagen das erste Mal gesprochen habe. Es war für mich eine lebhafte und
konstruktive Unterredung, muss ich schon sagen. Trotz aller weltanschaulichen
Unterschiede. Aber, wie auch
unser Altlandrat Eberhard Nuß so treffend formuliert hat, ich zitiere:
„der Philosoph Immanuel Kant schreibt, dass die Politik keine Arena der
weltanschaulichen Gesinnung ist, sondern ein Ort der praktischen Vernunft“
Zitat Ende.
Ich möchte ergänzen, dies gilt auch und im
Besonderen für die kommende, wohl mühevolle Arbeit in der Kommunalpolitik –
gerade für die Neuen unter uns! – stapeln sich doch viele Gesetzestexte, wie
Grundgesetz, Bayerische Verfassung, Gemeinde-, Landkreis-, Bezirksordnung, und
es ist noch alles gar nicht da.
Das alles mit Beruf und Partnerschaft in Einklang zu
bringen wird kein Leichtes sein, aber es wird der Mühe wert sein, zur besten
Entwicklung unserer fränkischen Heimat.
Bei dieser Sicht auf unsere zukünftigen Aufgaben sei
trotzdem ein kurzer Blick zurück gestattet, und ich verspreche es kurz zu
machen.
Unserem neuen Landrat war es bei unserer ersten
Besprechung auch nicht gleich geläufig, was unsere Fraktion bedrückt.
Ich beziehe mich hier auf ein Video von YouTube etwa
am 26.02.2020 über die Ereignisse anlässlich einer Informationsveranstaltung
der Alternativen zur Wahl für den Kreistag.
Insbesondere wurden Äußerungen unseres ehemaligen Kreisvorsitzenden aufgenommen, und ich will nur kurz skizzieren – er erwähnte, dass es
eine ominöse Blockbildung in unserem Land geben würde - aus Christen, Juden und Moslems.
Gerade den Bürgern des jüdischen Glaubens
unterstellte er, dass diese einen problematischen Block gebildet hätten und
eine große Macht auf Wirtschaft und Kultur unseres Volkes ausüben würden.
Nach dieser ersten Fehleinschätzung, die dieser Herr
selbst verantworten und erklären muss, gab es weiter unqualifizierte Äußerungen
über die Stellung der annähernd 5 Millionen Muslime in unserem Land. Die
Argumente verschiedener AFD - Vertreter klangen hilflos – und offensichtlich waren die Herren nicht recht informiert und kalt
erwischt worden!
Kolleginnen und Kollegen im Saal – wenn ich aber
keine Ahnung über die Frage habe, ob die Scharia der islamischen Weltanschauung
auf dem Boden des Grundgesetzes steht oder nicht, muss ich den Mund halten.
Wenn Fragen über den Islam diskutiert werden, die selbst von Juristen
kontrovers diskutiert werden.
Aber meine wichtigste und erfreulichste Aufgabe an
dem heutigen Tag ist es – ich habe es nicht vergessen – unseren
frischgebackenen Landrat Thomas Eberth zu vereidigen.“
Herr Dr. Hay nimmt sodann die Vereidigung
von Herrn Thomas Eberth vor, in dem beide die Eidesformel sprechen.
Im Anschluss folgt
ein Redebeitrag von Landrat Eberth.
„Werte Kreisrätinnen
und Kreisräte,
Sehr geehrter Herr
Regierungspräsident,
Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister, lieber Christian,
Liebe Kolleginnen
und Kollegen,
Meine sehr verehrten
Damen und Herren,
Liebe Gäste,
am 15. März 2020
fanden bekanntlich die Kommunalwahlen statt. In den Tagen vor der Wahl
diskutierten viele Menschen, die Parteien, die Gruppierungen über die Zukunft
der Gemeinden und des Landkreises Würzburg.
Es ging um die
unmittelbare Gestaltung unserer Heimat für die nächsten 6 Jahre und darüber
hinaus.
Die Corona-Pandemie
war in der heißen Wahlkampfphase noch nicht wirklich absehbar.
Stichworte damals
waren:
Mobilität,
Straßenbau und ÖPNV
Wohnraumschaffung
und dabei gerade die Schaffung von günstigen Wohnraum. Klimawandel,
Artenvielfalt und Grundwasserschutz
Verkehrs- und
Mobilitätswenden, auch im intensiven Austausch mit der Stadt Würzburg.
Regionale Lebensmittelversorgung mit Land- und Forstwirtschaft, aber auch mit
unserem hervorragenden Weinbau
Bildung und
Bildungsangebote, im kleinen und im großen Sinn
Die medizinische
Versorgung, Betreuungsangebote für alle Generationen
Freizeit,
Naherholung, Tourismus und das ehrenamtliche Engagement in unseren vielen
Vereinen und Verbänden
Die Zusammenarbeit
mit der Stadt Würzburg, das Denken in Regionen
All dies und vieles
mehr wurde im Wahlkampf intensiv diskutiert und nach Lösungsansätzen gerungen.
Und all dies müssen wir miteinander diskutieren und voranbringen.
Natürlich ist
derzeit unsere vordringlichste Aufgabe weiterhin die Verbreitung von COVID-19
zu verhindern, zu verlangsamen und die negativen Folgen - gerade die
wirtschaftlichen Folgen der Pandemie - abzufedern und wenn Hilfe notwendig ist,
unkompliziert zu helfen.
Danke, sage ich
daher nach 10 Tagen im Amt bewusst und voller Stolz allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern des Landratsamtes, den Einrichtungen des Kommunalunternehmens, der
Seniorenheime, der Kliniken und der Rettungsdienste und Hilfsorganisationen. Was
hier geleistet wurde, wird und was hier zukünftig noch geleistet werden muss
ist sensationell! Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste,
verdient Anerkennung und Respekt. Deshalb allen Kolleginnen und Kollegen einen
aufrichtigen Dank.
Liebe Kolleginnen
und Kollegen,
auch wenn COVID-19
natürlich momentan alles überlagert, ist es trotzdem unsere Aufgabe mit den
Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der 52 Gemeinden die Zukunft für die
Menschen im Landkreis Würzburg bestmöglich zu gestalten.
Jetzt heißt es die
Ideen, die Visionen, die konkreten Vorschläge des Wahlkampfes
parteiübergreifend in greifbare Politik umzusetzen und das unter der
schwindenden finanziellen Ausstattung unserer Landkreiskommunen!
Jetzt heißt es den
Wahlkampfmodus auszuschalten und miteinander zu arbeiten.
Dabei gilt, Kommunen
sind die Keimzelle der Demokratie, die Keimzelle der Gesellschaft. Sie haben
eine herausragende Bedeutung eben für unsere gemeinsame Gesellschaft. Hier ist
Politik hautnahe erlebbar und spürbar.
Deshalb ist es mir
ein Anlagen zu Beginn der neuen Legislatur allen Kandidatinnen und Kandidaten
und besonders ihnen als Gewählte recht herzlich für ihr Engagement zu danken.
Bei den Menschen zu stehen, mitzugestalten, Verantwortung zu übernehmen, erkennbar
und wahrnehmbar zu sein, erfordert einen hohen Einsatz und
Leistungsbereitschaft.
Alle Kandidatinnen
und Kandidaten aus den unterschiedlichsten Listen waren bereit, diesen Einsatz
zu leisten. Alle gewählten müssen diesen Einsatz weiterbringen. Dafür
herzlichen Dank.
Gerne arbeite ich
mit ihnen ALLEN vertrauensvoll, fair und sachlich zusammen! Wir haben gemeinsam
den Auftrag, die uns zugewiesenen Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Das möchte
ich mit ihnen mutig, aber mit Demut angehen.
Am 1. Mai habe ich
einen Bilderrahmen mit dem Bilderspruch von Hermann Hesse geschenkt bekommen:
„Und jedem Anfang
wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben!“
Dieser Spruch ziert
jetzt mein Büro in der Zeppelinstraße und ich weiß, dass man Hilfe immer
brauchen kann und auch Schutz im Leben nötig ist.
Die 29 neuen
Kolleginnen und Kollegen darf ich in der Mitte des Kreistages herzlich
begrüßen. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit auch mit den „alten Hasen“
des Kreistages.
In den Dörfern des
Landkreises Würzburg leben die Menschen gerne. Sie engagieren sich in Vereinen
und Verbänden, auch in den Kirchen. Sie halten Traditionen und Brauchtum am
Leben, sie leisten Nachbarschaftshilfe, engagieren sich in Kindergärten als
Elternbeirat, kümmern sich um Spielplätze und um öffentliche Plätze. Sorgen bei
der Feuerwehr und den Hilfsdiensten für unsere Sicherheit, genießen die Wälder,
die Weinberge und die Natur, sind unternehmerisch tätig oder leisten als
Arbeitnehmer einen wichtigen Dienst. Sie engagieren sich im Ehrenamt und sorgen
für unsere funktionsfähigen Sozialstrukturen. Diese Lebensqualität, liebe
Kolleginnen und Kollegen, müssen wir weiter unterstützen und ausbauen.
Im engen
Schulterschluss zu unseren 52 Gemeinden - darum wollen wir auch einen
Interkommunalen Ausschuss Würzburg Land etablieren! Weil der Landkreis Würzburg
überörtliche Aufgaben für die Gemeinden übernimmt und wir nur im Miteinander -
egal ob in den kleinen Ortschaften im südlichen Landkreis oder den großen
stadtnahen Gemeinden - erfolgreich sind.
Im engen
Schulterschluss mit unserem Oberzentrum Würzburg, Herr Oberbürgermeister,
lieber Christian, darum freue ich mich auch auf die fruchtbare Zusammenarbeit
in unserem neuen Ausschuss Stadt - Land-WÜ.
Ziel muss es sein, konstruktiv
und vorausschauend die Bedürfnisse unserer Bürgerinnen und Bürger zu erfüllen -
nicht ideologisch - sondern realistisch!
Daher braucht der
Kreistag auch mehr öffentliche Achtung und Beachtung, um dies zu erreichen.
Sitzungen in den Dörfern, nicht nur in Corona-Zeiten, vor Ort sollen daher
selbstverständlich werden und genau dies wollen wir künftig auch tun.
„Miteinander gut
leben und dabei Menschlichkeit und Lebensqualität als oberstes Ziel.“ Dafür
liebe Kolleginnen und Kollegen wurden wir alle gewählt.
70 Frauen und Männer
und ein neuer Landrat haben einen klaren Wählerauftrag bekommen. Wir sollen die
nächsten 6 Jahre gemeinsam erfolgreich unsere schönen Gemeinden und unseren
Landkreis Würzburg weiterentwickeln.
Betreuung aller
Altersgruppen von 0 bis zum Lebensende
attraktive Ortskerne
mit Leerstandsmanagement und einer intensiven Innenentwicklung
eine maßvolle
Entwicklung von Wohnbebauung und Gewerbeansiedlung mit Wirtschaftsförderung
eine nachhaltige
Energiepolitik und eine regionale Lebensmittelversorgung
viele Investitionen
in unsere Bildungseinrichtungen stehen an und müssen verwirklicht werden
Förderung von
Freizeit, Naherholung, aber auch des Tourismus wird benötigt werden
Überschaubare und
praktikable Verkehrssituationen mit neuen Verkehrskonzepten, gerade in den
Gemeinden des Landkreises Würzburg
Die Mobilität wird
einen großen Stellenwert einnehmen mit ÖPNV, mit SPNV, aber auch dem
Radewegebau.
Fortsetzung von
Integrationsbemühungen, die Stärkung der sozialen Themen, die natürlich auch ob
Corona immer mehr Raum einnehmen
Solide Finanzen in
enger Abstimmung mit unseren Gemeinden
Klima-, Natur-,
Arten und Grundwasserschutz steht ebenso auf dem Programm
Begleitung des
Kommunalunternehmens im Bereich der Seniorenarbeit, im Bereich der medizinischen
Versorgung mit unserer Investition in die Main-Klinik und darüber hinaus, die
Abfallwirtschaft, aber auch die Wasserversorgung unserer Bevölkerung. Das
Kommunalunternehmen als Dienstleister für uns und unsere Kommunen.
Vieles wurde dabei
in der Vergangenheit hervorragend gemeistert, dennoch liegt eine Vielzahl von
Aufgaben, einige wenige habe ich genannt, noch vor uns. Der Bürger erwartet
heute von der Kommunalpolitik Professionalität und Qualität. Das Bemühen um die
beste Lösung muss dabei im Vordergrund stehen.
Meine sehr verehrten
Damen und Herren,
meine lieben
Kolleginnen und Kollegen,
wir haben sechs
spannende Kreistagsjahre vor uns. Ich freue mich auf diese Arbeit.
Ich wünsche mir
einen Kreistag, in dem hart, konstruktiv, fair und sachlich um die beste Lösung
für die Menschen gerungen wird. Parteiübergreifend verfolgen wir alle das
gleiche Ziel, eben „den Menschen helfen zu wollen und dem Landkreis mit seinen
Gemeinden zu entwickeln“ und an diesem Ziel wollen wir alle gemeinsam arbeiten.
Ich biete allen
Kreisrätinnen und Kreisräten meine offene und konstruktive Zusammenarbeit an.
Ich freue mich auf ihre Ideen, ihre Anregungen, auch über ihre Kritik. Fehler
darf man machen, aber aus Fehler lernen muss man und daher bitte ich um ihre Unterstützung,
dass wir, dass ich aus den Fehlern gemeinsam mit ihnen eben auch lernen kann
und darf.
Zusammen mit einer
guten Verwaltung, mit den Kolleginnen und Kollegen des Kommunalunternehmens,
mit unseren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern heißt es jetzt zunächst die
Corona-Krise zu meistern. Daneben aber auch politische Themen anzudiskutieren
und dann im Rahmen unserer Möglichkeiten anzupacken für die Menschen im
Landkreis Würzburg.
Und ja, die
Corona-Krise wird uns weiter beschäftigen. Aber: „In schwierigen Zeiten ist
Optimismus Pflicht“, so schon Karl Popper, der große Philosoph des 20.
Jahrhunderts.
Ich gehe daher
optimistisch an diese Aufgabe heran und ich wünsche uns eine gute
Zusammenarbeit zum Wohle der Menschen des Landkreises Würzburg und Gottes
Segen.
Herzlichen Dank.“
Zur weiteren
Veranlassung an SFB 1, KU - Besoldung
Zur Kenntnis an S,
SFB 2