Sitzung: 04.11.2019 Jugendhilfeausschuss
Beschluss: vertagt
Sachverhalt:
Grundlage der Förderbewilligung sind die
Richtlinien zur Förderung der Jugendsozialarbeit an Schulen.
Die Jugendsozialarbeit an Schulen ist eine
Leistung der Jugendhilfe, die an Schulen mit gravierenden sozialen und
erzieherischen Problemen zum Einsatz kommt. Die Jugendämter vor Ort stellen im
Rahmen der Jugendhilfeplanung fest, an welchen Grundschulen, Mittelschulen,
Förderschulen, Berufsschulen und ggf. Realschulen ein großer
jugendhilferechtlicher Handlungsbedarf besteht, der den Einsatz einer JaS
notwendig macht.
Der Tenor der Förderrichtlinien Jugendsozialarbeit an Schulen spricht
von gravierenden sozialen und erzieherischen Problemen. Die bisherige
Voraussetzung eines Migrationsanteils von über 20 % an Grundschulen entfällt ab
dem Jahr 2020. Der Einschätzung der Jugendhilfeplanung nach, kommt es in
Waldbüttelbrunn nicht zu den gravierenden sozialen und erzieherischen
Problemen, welche eine Bewilligung von JaS rechtfertigen würde. Grundlage
bildet hier die Sozialraumanalyse für die Gemeinde Waldbüttelbrunn
(Familienatlas 1998 bis 2014). Darüber hinaus wurde auch der aktuelle Bedarf
mit einer Stellungnahme des Allgemeinen Sozialdienstes überprüft. Auch der
zuständige Bezirkssozialarbeiter kommt in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis,
dass der Bedarf in Waldbüttelbrunn nicht vorhanden ist.
Debatte:
Herr Menth, als zuständiger Fachbereichsleiter und Herr Rostek, als
Jugendhilfeplaner, beziehen Stellung zum Antrag der Grundschule
Waldbüttelbrunn. Hierzu wurde den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses ein
Schreiben der Gemeinde Waldbüttelbrunn, sowie eine weitere Stellungnahme des
Amtes für Jugend und Familie per E-Mail zugesandt. Herr Menth und Herr Rostek
beziehen sich in ihren Ausführungen auf dieses Schreiben. Beide Dokumente sind
dem Protokoll als Anlagen beigefügt.
Die Verwaltung hat sich mit dem Antrag sehr intensiv beschäftigt und es
sich nicht leichtgemacht, eine negative Empfehlung zu geben. Grundlage für die
bisherigen Entscheidungen bei der Einrichtung einer JaS bildete immer die
Richtlinie für die staatliche Förderung. An diese sei das Jugendamt als
Sozialbehörde gebunden. Zudem gibt es zu ergänzen, dass das Förderprogramm JaS
1000 in Bayern inzwischen vollendet ist und aktuell keine zusätzlichen Stellen
mehr gefördert werden. Weiter wird voraussichtlich mit der neuen Richtlinie ab
dem Jahr 2020 der zwanzigprozentige Migrationsanteil bei Grundschulen
entfallen.
Herr Menth schildert, wie bei der Bedarfsprüfung einer neuen JaS-Stelle
vorgegangen wird. Die Gemeinde stellt einen Antrag. Diesem muss der
entsprechende Gemeinderatsbeschluss angefügt werden. Um die Sichtweise des
Schulamtes zu erfahren, wird dort eine Stellungnahme angefordert. Weiter werden
die Jugendhilfeplanung und der jeweilige Bezirkssozialarbeiter nach dem Bedarf gefragt.
Für die Grundschule in Waldbüttelbrunn ist kein gravierender, sozialer
und erzieherischer Bedarf feststellbar. Dies wäre aber für eine Förderung
notwendig. Auch sei die aktuelle Entwicklung in einem gemeinsamen Gespräch mit
Herrn Menth und Vertretern der Gemeinde Waldbüttelbrunn besprochen worden. Auch
hier haben sich keine erhöhten Bedarfe darstellen lassen. Folglich kommt das
Amt für Jugend und Familie zu dem Ergebnis, dem Jugendhilfeausschuss zu
empfehlen, den Antrag auf Einrichtung einer Stelle der Jugendsozialarbeit an
der Grundschule in Waldbüttelbrunn abzulehnen.
Sowohl Herr Rostek, als auch Herr Menth betonen, dass die Argumentation
der Gemeinde Waldbüttelbrunn nachvollzogen werden könne. Jedoch müsse man sich
an die gegebenen gesetzlichen Regelungen halten. Die staatliche Förderung ist
ausgeschlossen, der Jugendhilfeausschuss habe aber die Möglichkeit, über eine
mögliche kommunale Förderung zu entscheiden. Hier müsse berücksichtigt werden,
dass ein derartiger Beschluss entsprechende Signalwirkung habe und dadurch
weitere Anträge von Grundschulen eingehen könnten.
Herr Landrat Nuß ergreift das Wort und stellt klar, dass die Verwaltung
hier rechtlich richtig handle. Er zieht einen Vergleich in das
Straßenverkehrswesen. Hier sei auch die Verkehrskommission aufgefordert, sich
an das Gesetz zu halten. So sei beispielsweise bei einer Straße innerhalb des
Ortes 50 km/h vorgeschrieben, es sei denn es handele sich um einen
Unfallschwerpunkt. Folglich dürften weitere 30 km/h Geschwindigkeitsbegrenzung nicht
vorgenommen werden. Hier habe er als Landrat politisch Verantwortung übernommen
und Reduzierungen angeordnet. Und so sehe er es auch hier bei dem Antrag auf
eine JaS in Waldbüttelbrunn. Er stellt die Frage, ob man wirklich so lange
warten solle, bis es zu gravierenden sozialen und erzieherischen Problemen
komme oder ob es nicht sinnvoller sei, jetzt schon präventiv tätig zu werden.
Landrat Nuß schließt mit dem Hinweis, dass diese Diskussion nun der
Jugendhilfeausschuss führen müsse.
Herr Kreisrat Rützel geht auf die Strukturen vor Ort ein. Die örtliche
Jugendsozialarbeiterin sei gut ausgebildet und leiste gute Arbeit. Dies sei mit
ein Grund dafür, dass es in Waldbüttelbrunn keinen gesteigerten Bedarf gebe.
Für ihn sei es unverständlich, dass es derartige gesetzliche Vorgaben gebe und
bewährte Maßnahmen nicht eingesetzt werden könnten.
Frau Kreisrätin Heeg bedankt sich für die Stellungnahme des Jugendamtes
auf das Schreiben der Gemeinde Waldbüttelbrunn, anhand derer vieles klar werde.
Sie sehe lediglich einen Widerspruch zwischen den staatlichen Regularien und
dem internen Richtlinienkatalog für die kommunale Förderung. Herr Rostek
ergänzt hier, dass durch Beschluss des Jugendhilfeausschusses die kommunale
Förderung an die staatliche Förderung gekoppelt sei.
Frau Heeg führt weiter aus, dass sie noch weitere Argumente für die
Bewilligung einer JaS-Kraft an der Grundschule Waldbüttelbrunn gesucht habe. So
habe sie Kontakt zum Mobilen Sonderpädagogischen Dienst der Schule aufgenommen.
Dieser habe berichtet, dass die Unterstützung dringend notwendig sei, da die
Klassenkonstellationen immer schwieriger würden. Hier sei es oftmals wichtig,
einzelne Kinder auch mal herausnehmen zu können. Weiter habe Herr Langenhorst
als Gemeindejugendpfleger nochmal darauf hingewiesen, dass die JaS oft ein
Türöffner für andere Unterstützungsmaßnahmen sei und somit frühzeitig
eingreifen könne. Frau Heeg stellt die Möglichkeit einer abweichenden
Entscheidung in Aussicht und stellt hierzu die Frage wie es zukünftig mit der
Jugendsozialarbeit an den Grundschulen im Landkreis weitergehen solle. Ziel
sollte es sein, frühzeitig an Kinder mit Problemlagen heranzukommen.
Frau Kreisrätin Gernert schließt sich den bisherigen Statements an. Sie
sehe die JaS als eine Aufgabe für die Zukunft. Sie habe die JaS aus ihrer
eigenen beruflichen Erfahrung kennengelernt und wisse wie wichtig es ist, dass
diese bereits in der Grundschule beginne. Probleme werden so frühzeitig erkannt
und können angegangen werden. Die Frage sei, wie die Weichen in Zukunft
gestellt werden. Ihr sei auch klar, dass andere Grundschulen kommen und eine
JaS beantragen werden. Dies sehe sie als sinnvoll an. Das Jugendamt sei für
diese Leistung der Jugendhilfe zuständig.
Herr Streller, Vertreter der Agentur für Arbeit, ergänzt, dass JaS
grundsätzlich an Grundschulen etabliert werden sollte, zumindest dort wo es
Problemlagen gebe. Andererseits könne man die JaS an der Grundschule in
Waldbüttelbrunn als Projekt sehen, Erfahrungen sammeln und aus diesen
Erfahrungen für zukünftige JaS-Maßnahmen besser gewappnet sein.
Frau Kreisrätin Wild bezieht sich ebenfalls auf die Inhalte der
Vorredner und geht auf den letzten Absatz des Schreibens der Gemeinde
Waldbüttelbrunn ein. Sie sehe hier das Problem, dass JaS keinen präventiven
Charakter haben dürfe. Ihr wäre es aber wichtig, hier ein Signal seitens des
Landkreises zu setzen. Sie stellt die Frage, wie JaS an den Grundschulen
zukünftig aussehen soll. Zudem sei die Finanzlage des Landkreises sehr gut und
man könne hier in den Grundschulen präventiv beginnen. Ein neues Konzept sei
hierzu notwendig und müsste von der Verwaltung entwickelt werden.
Herr Landrat Nuß gibt zu bedenken, dass es dem Jugendhilfeausschuss und
dem Kreistag klar sein müsse, dass die staatliche Förderung ausscheide, wenn
der Landkreis zu dem Ergebnis komme, eine eigene Richtlinie für eine kommunale
Förderung zu erarbeiten. Dies ergänzt Herr Menth und betont, dass sich dies
auch bei der neuen Richtlinie nach bisherigen Erkenntnissen nicht ändern wird.
Wer in einer kommunalen Förderung ist, kommt nicht mehr in die staatliche, auch
wenn der Bedarf sich ändern sollte.
Herr Landrat Nuß möchte einen Impuls geben und sieht die Notwendigkeit
gegeben.
Frau Kreisrätin Gernert stellt die Frage, wie viele Grundschulen es mit
kommunaler Förderung im Landkreis gebe. Herr Menth antwortet hierauf, dass er
die Zahlen für den gesamten Landkreis nicht habe, im direkten Umgriff aber sich
die Grundschulen Helmstadt und Eisingen/Waldbrunn befänden, die jeweils
kommunal gefördert werden.
Herr Kreisrat Schmid stellt die Frage in den Raum, wie es andere
Landkreise machen. Er wünsche sich hier eine entsprechende Abfrage. Zudem sehe
er es als notwendig an, dass der Bedarf an die Staatsregierung entsprechend
weitergegeben werde.
Herr Rostek sieht einen konzeptionellen Rahmen als notwendig an. Hierzu
sei es erst einmal notwendig, eine Abfrage im Landkreis zu starten, welche
Schulen bereits eine JaS-Stelle, eine Stelle der Schulsozialarbeit haben und
welche Grundschulen Interesse an der Einrichtung einer entsprechenden Maßnahme
hätten. Hieraus ergeben sich entsprechende Plangrößen, anhand derer dann
Richtlinien erarbeitet werden können. Zudem sieht er es für notwendig an, eine
konzeptionelle Fassung zu erarbeiten, beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem
Schulamt. Außerdem müsse die Richtlinie klar regeln, unter welchen Bedingungen
präventive Angebote gefördert werden. Weiter sollten noch Informationen
eingeholt werden, wie es landkreisübergreifend aussieht. All diese
Informationen lägen aktuell noch nicht vor. Dies sehe er aber als Grundlage für
die Entscheidung als notwendig an und schlägt daher vor, die Entscheidung für
heute zu vertagen.
Frau Kreisrätin Heeg betont, dass sie jetzt bereits abstimmen wolle. Es
sei klar, dass der Jugendhilfeausschuss sich hier öffnen wolle, entsprechend
könne man für Waldbüttelbrunn bereits zustimmen. Dies sei für sie eine
sinnvolle Sozialpolitik.
Herr Kreisrat Rützel ruft dazu auf, den Antrag der Gemeinde
Waldbüttelbrunn als positiv zu sehen, sieht aber das Problem, dass durch eine
kommunale Förderung die staatliche Förderung zukünftig ausfalle.
Herr Landrat Nuß stellt fest, dass aus seiner Sicht der Beschluss heute
nicht gefasst werden könne und bittet daher die anwesenden Mitglieder des
Jugendhilfeausschusses den Tagesordnungspunkt zu vertagen. Hiermit erklären
sich alle einverstanden.
Bis März 2020 sollen dann die von Herrn Rostek genannten Punkte und Informationen eingeholt und erarbeitet werden. Mit diesen Informationen könne dann auch über den Antrag der Grundschule Waldbüttelbrunn abgestimmt werden. Der Jugendhilfeausschuss ist sich darüber einig, den Tagesordnungspunkt auf die Sitzung im März 2020 zu vertagen.