Beschluss: vertagt

Sachverhalt:

 

Grundlage der Förderbewilligung sind die Richtlinien zur Förderung der Jugendsozialarbeit an Schulen.

 

Die Jugendsozialarbeit an Schulen ist eine Leistung der Jugendhilfe, die an Schulen mit gravierenden sozialen und erzieherischen Problemen zum Einsatz kommt. Die Jugendämter vor Ort stellen im Rahmen der Jugendhilfeplanung fest, an welchen Grundschulen, Mittelschulen, Förderschulen, Berufsschulen und ggf. Realschulen ein großer jugendhilferechtlicher Handlungsbedarf besteht, der den Einsatz einer JaS notwendig macht.

 

Der Tenor der Förderrichtlinien Jugendsozialarbeit an Schulen spricht von gravierenden sozialen und erzieherischen Problemen. Die bisherige Voraussetzung eines Migrationsanteils von über 20 % an Grundschulen entfällt ab dem Jahr 2020. Der Einschätzung der Jugendhilfeplanung nach, kommt es in Waldbüttelbrunn nicht zu den gravierenden sozialen und erzieherischen Problemen, welche eine Bewilligung von JaS rechtfertigen würde. Grundlage bildet hier die Sozialraumanalyse für die Gemeinde Waldbüttelbrunn (Familienatlas 1998 bis 2014). Darüber hinaus wurde auch der aktuelle Bedarf mit einer Stellungnahme des Allgemeinen Sozialdienstes überprüft. Auch der zuständige Bezirkssozialarbeiter kommt in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass der Bedarf in Waldbüttelbrunn nicht vorhanden ist.

 

Debatte:

 

Herr Menth, als zuständiger Fachbereichsleiter und Herr Rostek, als Jugendhilfeplaner, beziehen Stellung zum Antrag der Grundschule Waldbüttelbrunn. Hierzu wurde den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses ein Schreiben der Gemeinde Waldbüttelbrunn, sowie eine weitere Stellungnahme des Amtes für Jugend und Familie per E-Mail zugesandt. Herr Menth und Herr Rostek beziehen sich in ihren Ausführungen auf dieses Schreiben. Beide Dokumente sind dem Protokoll als Anlagen beigefügt.

 

Die Verwaltung hat sich mit dem Antrag sehr intensiv beschäftigt und es sich nicht leichtgemacht, eine negative Empfehlung zu geben. Grundlage für die bisherigen Entscheidungen bei der Einrichtung einer JaS bildete immer die Richtlinie für die staatliche Förderung. An diese sei das Jugendamt als Sozialbehörde gebunden. Zudem gibt es zu ergänzen, dass das Förderprogramm JaS 1000 in Bayern inzwischen vollendet ist und aktuell keine zusätzlichen Stellen mehr gefördert werden. Weiter wird voraussichtlich mit der neuen Richtlinie ab dem Jahr 2020 der zwanzigprozentige Migrationsanteil bei Grundschulen entfallen.

 

Herr Menth schildert, wie bei der Bedarfsprüfung einer neuen JaS-Stelle vorgegangen wird. Die Gemeinde stellt einen Antrag. Diesem muss der entsprechende Gemeinderatsbeschluss angefügt werden. Um die Sichtweise des Schulamtes zu erfahren, wird dort eine Stellungnahme angefordert. Weiter werden die Jugendhilfeplanung und der jeweilige Bezirkssozialarbeiter nach dem Bedarf gefragt.

 

Für die Grundschule in Waldbüttelbrunn ist kein gravierender, sozialer und erzieherischer Bedarf feststellbar. Dies wäre aber für eine Förderung notwendig. Auch sei die aktuelle Entwicklung in einem gemeinsamen Gespräch mit Herrn Menth und Vertretern der Gemeinde Waldbüttelbrunn besprochen worden. Auch hier haben sich keine erhöhten Bedarfe darstellen lassen. Folglich kommt das Amt für Jugend und Familie zu dem Ergebnis, dem Jugendhilfeausschuss zu empfehlen, den Antrag auf Einrichtung einer Stelle der Jugendsozialarbeit an der Grundschule in Waldbüttelbrunn abzulehnen.

 

Sowohl Herr Rostek, als auch Herr Menth betonen, dass die Argumentation der Gemeinde Waldbüttelbrunn nachvollzogen werden könne. Jedoch müsse man sich an die gegebenen gesetzlichen Regelungen halten. Die staatliche Förderung ist ausgeschlossen, der Jugendhilfeausschuss habe aber die Möglichkeit, über eine mögliche kommunale Förderung zu entscheiden. Hier müsse berücksichtigt werden, dass ein derartiger Beschluss entsprechende Signalwirkung habe und dadurch weitere Anträge von Grundschulen eingehen könnten.

 

Herr Landrat Nuß ergreift das Wort und stellt klar, dass die Verwaltung hier rechtlich richtig handle. Er zieht einen Vergleich in das Straßenverkehrswesen. Hier sei auch die Verkehrskommission aufgefordert, sich an das Gesetz zu halten. So sei beispielsweise bei einer Straße innerhalb des Ortes 50 km/h vorgeschrieben, es sei denn es handele sich um einen Unfallschwerpunkt. Folglich dürften weitere 30 km/h Geschwindigkeitsbegrenzung nicht vorgenommen werden. Hier habe er als Landrat politisch Verantwortung übernommen und Reduzierungen angeordnet. Und so sehe er es auch hier bei dem Antrag auf eine JaS in Waldbüttelbrunn. Er stellt die Frage, ob man wirklich so lange warten solle, bis es zu gravierenden sozialen und erzieherischen Problemen komme oder ob es nicht sinnvoller sei, jetzt schon präventiv tätig zu werden. Landrat Nuß schließt mit dem Hinweis, dass diese Diskussion nun der Jugendhilfeausschuss führen müsse.

 

Herr Kreisrat Rützel geht auf die Strukturen vor Ort ein. Die örtliche Jugendsozialarbeiterin sei gut ausgebildet und leiste gute Arbeit. Dies sei mit ein Grund dafür, dass es in Waldbüttelbrunn keinen gesteigerten Bedarf gebe. Für ihn sei es unverständlich, dass es derartige gesetzliche Vorgaben gebe und bewährte Maßnahmen nicht eingesetzt werden könnten.

 

Frau Kreisrätin Heeg bedankt sich für die Stellungnahme des Jugendamtes auf das Schreiben der Gemeinde Waldbüttelbrunn, anhand derer vieles klar werde. Sie sehe lediglich einen Widerspruch zwischen den staatlichen Regularien und dem internen Richtlinienkatalog für die kommunale Förderung. Herr Rostek ergänzt hier, dass durch Beschluss des Jugendhilfeausschusses die kommunale Förderung an die staatliche Förderung gekoppelt sei.

 

Frau Heeg führt weiter aus, dass sie noch weitere Argumente für die Bewilligung einer JaS-Kraft an der Grundschule Waldbüttelbrunn gesucht habe. So habe sie Kontakt zum Mobilen Sonderpädagogischen Dienst der Schule aufgenommen. Dieser habe berichtet, dass die Unterstützung dringend notwendig sei, da die Klassenkonstellationen immer schwieriger würden. Hier sei es oftmals wichtig, einzelne Kinder auch mal herausnehmen zu können. Weiter habe Herr Langenhorst als Gemeindejugendpfleger nochmal darauf hingewiesen, dass die JaS oft ein Türöffner für andere Unterstützungsmaßnahmen sei und somit frühzeitig eingreifen könne. Frau Heeg stellt die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung in Aussicht und stellt hierzu die Frage wie es zukünftig mit der Jugendsozialarbeit an den Grundschulen im Landkreis weitergehen solle. Ziel sollte es sein, frühzeitig an Kinder mit Problemlagen heranzukommen.

 

Frau Kreisrätin Gernert schließt sich den bisherigen Statements an. Sie sehe die JaS als eine Aufgabe für die Zukunft. Sie habe die JaS aus ihrer eigenen beruflichen Erfahrung kennengelernt und wisse wie wichtig es ist, dass diese bereits in der Grundschule beginne. Probleme werden so frühzeitig erkannt und können angegangen werden. Die Frage sei, wie die Weichen in Zukunft gestellt werden. Ihr sei auch klar, dass andere Grundschulen kommen und eine JaS beantragen werden. Dies sehe sie als sinnvoll an. Das Jugendamt sei für diese Leistung der Jugendhilfe zuständig.

 

Herr Streller, Vertreter der Agentur für Arbeit, ergänzt, dass JaS grundsätzlich an Grundschulen etabliert werden sollte, zumindest dort wo es Problemlagen gebe. Andererseits könne man die JaS an der Grundschule in Waldbüttelbrunn als Projekt sehen, Erfahrungen sammeln und aus diesen Erfahrungen für zukünftige JaS-Maßnahmen besser gewappnet sein.

 

Frau Kreisrätin Wild bezieht sich ebenfalls auf die Inhalte der Vorredner und geht auf den letzten Absatz des Schreibens der Gemeinde Waldbüttelbrunn ein. Sie sehe hier das Problem, dass JaS keinen präventiven Charakter haben dürfe. Ihr wäre es aber wichtig, hier ein Signal seitens des Landkreises zu setzen. Sie stellt die Frage, wie JaS an den Grundschulen zukünftig aussehen soll. Zudem sei die Finanzlage des Landkreises sehr gut und man könne hier in den Grundschulen präventiv beginnen. Ein neues Konzept sei hierzu notwendig und müsste von der Verwaltung entwickelt werden.

 

Herr Landrat Nuß gibt zu bedenken, dass es dem Jugendhilfeausschuss und dem Kreistag klar sein müsse, dass die staatliche Förderung ausscheide, wenn der Landkreis zu dem Ergebnis komme, eine eigene Richtlinie für eine kommunale Förderung zu erarbeiten. Dies ergänzt Herr Menth und betont, dass sich dies auch bei der neuen Richtlinie nach bisherigen Erkenntnissen nicht ändern wird. Wer in einer kommunalen Förderung ist, kommt nicht mehr in die staatliche, auch wenn der Bedarf sich ändern sollte.

 

Herr Landrat Nuß möchte einen Impuls geben und sieht die Notwendigkeit gegeben.

 

Frau Kreisrätin Gernert stellt die Frage, wie viele Grundschulen es mit kommunaler Förderung im Landkreis gebe. Herr Menth antwortet hierauf, dass er die Zahlen für den gesamten Landkreis nicht habe, im direkten Umgriff aber sich die Grundschulen Helmstadt und Eisingen/Waldbrunn befänden, die jeweils kommunal gefördert werden.

 

Herr Kreisrat Schmid stellt die Frage in den Raum, wie es andere Landkreise machen. Er wünsche sich hier eine entsprechende Abfrage. Zudem sehe er es als notwendig an, dass der Bedarf an die Staatsregierung entsprechend weitergegeben werde.

 

Herr Rostek sieht einen konzeptionellen Rahmen als notwendig an. Hierzu sei es erst einmal notwendig, eine Abfrage im Landkreis zu starten, welche Schulen bereits eine JaS-Stelle, eine Stelle der Schulsozialarbeit haben und welche Grundschulen Interesse an der Einrichtung einer entsprechenden Maßnahme hätten. Hieraus ergeben sich entsprechende Plangrößen, anhand derer dann Richtlinien erarbeitet werden können. Zudem sieht er es für notwendig an, eine konzeptionelle Fassung zu erarbeiten, beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Schulamt. Außerdem müsse die Richtlinie klar regeln, unter welchen Bedingungen präventive Angebote gefördert werden. Weiter sollten noch Informationen eingeholt werden, wie es landkreisübergreifend aussieht. All diese Informationen lägen aktuell noch nicht vor. Dies sehe er aber als Grundlage für die Entscheidung als notwendig an und schlägt daher vor, die Entscheidung für heute zu vertagen.

 

Frau Kreisrätin Heeg betont, dass sie jetzt bereits abstimmen wolle. Es sei klar, dass der Jugendhilfeausschuss sich hier öffnen wolle, entsprechend könne man für Waldbüttelbrunn bereits zustimmen. Dies sei für sie eine sinnvolle Sozialpolitik.

 

Herr Kreisrat Rützel ruft dazu auf, den Antrag der Gemeinde Waldbüttelbrunn als positiv zu sehen, sieht aber das Problem, dass durch eine kommunale Förderung die staatliche Förderung zukünftig ausfalle.

 

Herr Landrat Nuß stellt fest, dass aus seiner Sicht der Beschluss heute nicht gefasst werden könne und bittet daher die anwesenden Mitglieder des Jugendhilfeausschusses den Tagesordnungspunkt zu vertagen. Hiermit erklären sich alle einverstanden.

 

Bis März 2020 sollen dann die von Herrn Rostek genannten Punkte und Informationen eingeholt und erarbeitet werden. Mit diesen Informationen könne dann auch über den Antrag der Grundschule Waldbüttelbrunn abgestimmt werden. Der Jugendhilfeausschuss ist sich darüber einig, den Tagesordnungspunkt auf die Sitzung im März 2020 zu vertagen.