Beschluss: einstimmig beschlossen

Sachverhalt:

 

Der Kreisverband Würzburg des Bayerischen Roten Kreuzes hat mit Schreiben vom 01.03.2018 beim Landratsamt Würzburg, GB 3, einen Antrag auf Finanzierung einer Vollzeitstelle für das Jugendzentrum Ochsenfurt zur Betreuung der dort überdurchschnittlichen Besucherzahlen junger Geflüchteter gestellt. Aufgrund des späten Eingangs konnte der Antrag nicht mehr in den Haushaltsberatungen des Jugendhilfeausschusses am  27.11.2017 behandelt werden und wurde als Einzelantrag in der Haushaltssitzung des Kreistages am 19.03.2018 vorgelegt. Der Kreistag hat den Antrag zur Behandlung an den Jugendhilfeausschuss zurückverwiesen.

 

Begründung des Antrags:

Aus dem Jahresbericht des Jugendzentrums Ochsenfurt geht hervor, dass insgesamt die Besucherzahl sich stark erhöht hat und sich der Anteil der Besuchergruppe der jungen Flüchtlinge zwischen 13 und 22 Jahren von 1/3 im Jahr 2016 auf 3/4 im Jahr 2017 erhöht hat.

Weiterhin wurde im Antrag angegeben, dass sich aufgrund „der mannigfaltigen Problematiken und Herausforderungen, die die jungen Geflüchteten mit sich bringen, (…) im Jugendzentrum sehr viel Flüchtlingsarbeit betrieben“ wird.

 

Daraus ergibt sich ein pädagogischer Mehrbedarf im Umfang einer zusätzlichen Ganztagskraft ergänzend zu den bereits vorhandenen 2 Teilzeitkräften (0,5 und 0,75 VZÄ = 1,25 VZÄ).

 

Es wurde auf die Jugendhilfeplanung junge Geflüchtete von November 2017 verwiesen, in dem Ochsenfurt bereits als regionaler Schwerpunkt in Bezug auf die Flüchtlingsarbeit herausgestellt wird.

 

Der Kreisverband Würzburg des Bayerischen Roten Kreuzes äußert die Ansicht, dass es sich vor diesem Hintergrund um eine überörtliche Aufgabe i.s.d. § 13 SGB VIII (Jugendsozialarbeit) handelt. Dementsprechende ist der Landkreis Würzburg Adressat für diesen Antrag.

 

Es fand eine Vorprüfung dieses Antrages durch die Verwaltung (GB 3, FB 31c, FB 31a) mit folgendem Ergebnis statt:

 

1.       Das Jugendzentrum Ochsenfurt ist das am besten besuchte Jugendzentrum im Landkreis Würzburg, sowie das Jugendzentrum mit dem höchsten Anteil an Jugendlichen mit Fluchterfahrung (Besucherfrequenz zwischen 300 und über 1.000 im Monat; variiert aufgrund Schließtagen und unterschiedlicher Nutzungsfrequenz je nach Jahreszeit).

 

2.       Die Hauptherkunftsländer der jugendlichen Geflüchteten sind Syrien, Afghanistan, Somalia und Eritrea aus der Gemeinschaftsunterkunft, den dezentralen Unterkünften und aus der Kolpingwohngruppe für unbegleitete minderjährige Ausländer. 30% der Besucher stammen aus den Umlandgemeinden (insbesondere Aub und Winterhausen), 70 % aus dem Stadtgebiet Ochsenfurt.

 

3.       Die Arbeit mit den jungen Geflüchteten im Zuge der Jugendarbeit findet einerseits im Rahmen der Angebote des Jugendzentrums statt; andererseits sind besondere Angebote nur für diese Zielgruppe in Vernetzung mit anderen Einrichtungen und Diensten eingeführt worden. Diese Angebote grenzen sich von der üblichen Jugendarbeit ab und sind eher als Integrationsarbeit zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen und zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen für diese Gruppe junger Menschen, die in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, sozialrechtlich einzuordnen.

          Demnach wäre die Tätigkeit des Jugendzentrums Ochsenfurt für die Besuchergruppe der jungen Geflüchteten als Jugendsozialarbeit und sozialpädagogische Hilfen zur Förderung der sozialen Integration im Sinne des § 13 SGB VIII anzusehen. Jugendsozialarbeit im Sinne des § 13 SGB VIII fällt in den Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendamt) und somit in die Zuständigkeit des Landkreises Würzburg.

 

4.       Jugendarbeit im Sinne des § 11 SGB VIII dagegen gehört in die Aufgabenzuständigkeit der Gemeinde im Sinne des Artikel 30 AGSG.

Der vom BRK aufgeführte zusätzliche Stellenbedarf wäre anteilig der Jugendarbeit im Sinne des § 11 SGB VIII und der Jugendsozialarbeit im Sinne des § 13 SGB VIII zuzuordnen.

 

5.       Das Bayerische Rote Kreuz ist ein anerkannter Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Sinne des § 75 SGB VIII und daher ein geeigneter Träger zur Leistung von Jugendsozialarbeit im Sinne des § 13 SGB VIII.

 

Einschätzung des Jugendamtes auf Grundlage mehrere Gespräche und einer Ortsbegehung.

 

Die Nutzerintensität im Jugendzentrum Ochsenfurt ist außerordentlich hoch und auch unabhängig von sinnvoller pädagogischer Arbeit in der Einrichtung bereits aus Sicht der Aufsichtspflicht kaum zu leisten. Die Tätigkeitserfordernisse gehen deutlich über die Aufgaben der Freizeitgestaltung und Jugendbildung hinaus und tendiert stark Richtung sozialpädagogische Hilfen zur Förderung der sozialen Integration im Sinne des § 13 SGB VIII.

 

Hinsichtlich der geforderten Ganztagsstelle ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Zahlen der geflüchteten Menschen und der sich darunter befindlichen jugendlichen Geflüchteten, sowie die Zahlen der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge eher „nach unten“ bewegen. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich Arbeitsanteile des Antragsstellers auch auf Jugendarbeit im Sinne des § 11 SGB VIII und somit auf die örtliche Zuständigkeit der Gemeinde beziehen.

 

Daher hält die Verwaltung einen Umfang von 0,5 VZÄ und eine Befristung der Tätigkeit auf 3 Jahre für ausreichend und geeignet (Fördervolumen des Landkreises 90 %/Eigenmittel des Trägers 10 %; es wird von Gesamtkosten von ca. 23.500,00 € ausgegangen).

 

Darüber hinaus sollte in Absprache mit der Stadt Ochsenfurt deren Beteiligung geklärt werden. Im Falle einer Förderung ist das Jugendamt zu beauftragen, sich federführend in die Konzeptarbeit sowie in die konkrete Ausgestaltung der Handlungsfelder einzubringen sowie rechtzeitig vor Ablauf des Förderzeitraumes dem Jugendhilfeausschuss eine Evaluation vorzulegen.

 

 

Debatte:

 

Herr Rostek weist darauf hin, dass kein Beschlussvorschlag erstellt wurde, da der Antrag ergebnisoffen im Ausschuss diskutiert werden soll.

 

Herr Landrat Nuß betont, dass im Jugendzentrum Ochsenfurt eine außerordentlich gute Arbeit, gerade auch in der Arbeit mit geflüchteten Jugendlichen, geleistet wird, dennoch muss der Landkreis kommunalrechtliche Vorgaben berücksichtigen. Vorrangig zuständig für das Jugendzentrum Ochsenfurt ist die Stadt Ochsenfurt und nicht der Landkreis. Über eine mögliche Zuständigkeit des örtlichen Jugendhilfeträgers Jugendamt muss offen diskutiert werden, die Diskussionsergebnisse sollen in einem Beschlussvorschlag münden.

 

Herr Kreisrat Zorn begrüßt das Anliegen, insbesondere die Vorgabe, dass das Jugendamt federführend in die Konzeptarbeit, sowie in die konkrete Ausgestaltung eingebunden sein muss. Sollte entgegen dem Vorschlag der Verwaltung dem Antrag des Trägers BRK entsprochen werden, eine Ganztagsstelle einzurichten, sollte diese auf zwei Personen jeweils halbtags aufgeteilt werden, um eine klare Aufgabentrennung zu ermöglichen und die Aufsicht sicherstellen zu können. Grundsätzlich befürwortet Herr Kreisrat Zorn allerdings die von der Verwaltung vorgeschlagene Halbtagsstelle.

 

Herr Kreisrat Rost weist darauf hin, dass die UWG grundsätzlich zurückhaltend hinsichtlich freiwilliger Leistungen ist. Allerdings sieht Herr Kreisrat Rost in dieser Situation den Bedarf gegeben und würde einen Antrag unterstützen.

 

Herr Kreisrat Schmid kann dem Antrag ebenfalls zustimmen, insbesondere aufgrund des Hinweises, dass ein nicht unerheblicher Teil der Besucher im Jugendzentrum Ochsenfurt aus den Umlandgemeinden kommt. Deshalb sieht Herr Kreisrat Schmid bereits aufgrund des überörtlichen Einzugsgebietes eine Mitverantwortung des Landkreises.

 

Auch Herr Scheller sieht eine Förderungswürdigkeit des Antrages, die sich insbesondere auch aus früheren Gesprächen der ehemaligen Vorsitzenden des Unterausschusses, Frau Schäfer, ergeben hat.

 

Frau Kreisrätin Heußner betont, dass die bisherigen Aktivitäten des Jugendzentrums Ochsenfurt in Sachen Integration nicht ins Leere laufen dürfen, deshalb wird die Grünen-Fraktion den Antrag unterstützen.

 

Frau Kreisrätin Gernert fragt an, ob bereits Absprachen mit der Stadt Ochsenfurt stattgefunden haben. Herr Rostek antwortet darauf, dass Absprachen im Frühjahr zwischen der verstorbenen Kreisrätin Frau Schäfer und Herrn Bürgermeister Juks stattgefunden haben, deren Ergebnisse jedoch nicht in Schriftform vorliegen. Die Stadt Ochsenfurt signalisierte seinerzeit Bereitschaft zu einer Mitfinanzierung.

 

Herr Landrat Nuß stellt auf Grundlage der bisherigen Diskussion eher eine Befürwortung des Antrages fest. Aus diesem Grund sollte eine positive Beschlussvorlag im Kreistag eingebracht werden.

 

Herr Rostek ergänzt, dass nach Ansicht der Verwaltung die Beschlussvorlage um zwei weitere Punkte ergänzt werden sollte:

 

·         Definitive Befristung auf 3 Jahre ohne Verlängerungsmöglichkeit und

·         Festschreibung der Mitwirkungsmöglichkeit und Steuerungskompetenz durch das Jugendamt.

 

Herr Landrat Nuß bittet Herrn Rostek um die Formulierung eines Beschlussvorschlages.


Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt dem Kreistag die Teil-Förderung einer sozialpädagogischen Fachkraft im Jugendzentrum Ochsenfurt für den Tätigkeitsbereich „Hilfen zur Förderung der sozialen Integration“ im Sinne des § 13 SGB VIII im Umfang von 50 % VZÄ unter folgenden Vorgaben:

 

·         Förderung für den Zeitraum von 3 Jahren (2019 bis 2021) ohne Verlängerungsoption,

·         Tätigkeitsfeld umfasst ausschließlich Leistungen nach § 13 SGB VIII,

·         10 %-ige Mitfinanzierung des Trägers Bayerisches Rotes Kreuz, Kreisverband Würzburg,

·         noch zu verhandelnder Mitfinanzierungsanteil der Stadt Ochsenfurt,

·         Wahrnehmung der Planungs- und Gesamtverantwortung durch das Jugendamt.

 

 

Beschluss:

 

Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt dem Kreistag die Teil-Förderung einer sozialpädagogischen Fachkraft im Jugendzentrum Ochsenfurt für den Tätigkeitsbereich „Hilfen zur Förderung der sozialen Integration“ im Sinne des § 13 SGB VIII im Umfang von 50 % VZÄ unter folgenden Vorgaben:

 

·         Förderung für den Zeitraum von 3 Jahren (2019 bis 2021) ohne Verlängerungsoption,

·         Tätigkeitsfeld umfasst ausschließlich Leistungen nach § 13 SGB VIII,

·         10 %-ige Mitfinanzierung des Trägers Bayerisches Rotes Kreuz, Kreisverband Würzburg,

·         noch zu verhandelnder Mitfinanzierungsanteil der Stadt Ochsenfurt,

·         Wahrnehmung der Planungs- und Gesamtverantwortung durch das Jugendamt.