Sitzung: 22.10.2018 Kreistag
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 48, Nein: 11, Anwesend: 59
Machbarkeitsstudie mit Antrag der Stadt
Röttingen
(Die im Anhang genannten Karten können bei
der unteren Naturschutzbehörde eingesehen oder angefordert werden.)
Detailkarten: 1 Karte mit Eintragungen
1 Luftbildkarte
Sachverhalt:
Hintergrund ist eine von der Stadt Röttingen
in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie. Der Antrag der Stadt Röttingen wird vor
allem damit begründet, dass siedlungsbezogene Entwicklungen durch das zum Teil
bis an die Bebauung von Röttingen unmittelbar heranreichende
Landschaftsschutzgebiet eingeschränkt sind. Die Stadt Röttingen führt weiter
aus, dass langfristige Perspektiven zur Deckung des örtlichen Bedarfs an
Siedlungsflächen fehlen würden. Außerdem seien keine städtischen unbebauten
Wohnbauflächen oder Baulücken mehr verfügbar. Der Antrag erfolgt ergänzend zu
Initiativen mit dem Ziel der Innenentwicklung. Angestrebt sei eine maßvolle
Ausweisung von Wohnbauflächen für den örtlichen Bedarf der nächsten 10 bis 20
Jahre.
Im Zuge dieser Änderung sollen nach Auffassung
der Stadt Röttingen neue, sinnvolle und schlüssige Abrundungen geschaffen
werden und zwar dergestalt, dass an verschiedenen Punkten schutzwürdige
Kleinflächen neu aufgenommen werden. Flächen mit geringen
Entwicklungspotentialen (Fußballfeld, Beachvolleyball-Feld) werden kleinräumig
aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen.
Nach dem Antrag der Stadt Röttingen soll das
bestehende Landschaftsschutzgebiet an 6 Stellen flächenmäßig verringert werden,
gleichzeitig kommen an 7 verschiedenen Stellen neue Flächen hinzu. Die Flächen,
die gemäß dem Antrag herausgenommen werden sollen, haben einen Umfang von ca.
3,92 ha (davon für eine zukünftige Bauleitplanung ca. 2,05 ha), als
Kompensation sollen ca. 9,45 ha Fläche neu unter Schutz gestellt werden. In der
Summe könnte das Landschaftsschutzgebiet im Stadtgebiet Röttingen um ca. 5,53
ha erweitert werden.
Das Landschaftsschutzgebiet wurde durch
Rechtsverordnung des Landkreises Würzburg vom 06.04.1990, veröffentlicht im
Amtsblatt des Landkreises Würzburg Nr. 21 vom 07.05.1990, unter Schutz
gestellt.
Danach haben mehrere Änderungen
stattgefunden, zuletzt durch Verordnung vom 28.09.2000, veröffentlicht im
Amtsblatt des Landkreises Würzburg Nr. 16 vom 10.10.2000.
Die Beteiligung der Eigentümer, Fachbehörden
und anerkannten Naturschutzverbänden führte zu folgendem Ergebnis:
Betroffene Eigentümer:
Es sind keine Bedenken oder Einwendungen
vorgetragen.
Fachbehörden:
- Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten hat keine Einwände, da die betroffenen landschaftlichen Flächen
weiterhin in ihrer jetzigen Nutzung bewirtschaftet werden können.
- Das Staatliche Bauamt hat keine Einwände.
- Die Fachbereiche „Immissionsschutzrecht und
Abfallrecht“ und „Wasserrecht“ wurden wegen des Antrags auf Hereinnahme
ehemaliger Deponieflächen beteiligt und haben keine Einwände erhoben.
- Die Untere Naturschutzbehörde hat die
vorgelegten Unterlagen geprüft und hält sie für vollständig und
nachvollziehbar.
- Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) lehnt
den Antrag der Stadt Röttingen strikt ab.
Begründung:
Die Herausnahme der Flächen (vor allem des Hangbereichs am Kapellenberg) mit
anschließender Bebauung hätte eine Entwertung des gesamten Landschaftsschutzgebietes
zur Folge.
- Der Bund Naturschutz lehnt den Antrag der
Stadt Röttingen ab.
Begründung:
Die geplante Herausnahme von Flächen würde zu einem nachhaltigen Eingriff
führen, der durch die Hereinnahme von Flächen an anderer Stelle nicht ausgeglichen
werden kann. Außerdem würde das Landschaftsbild nachhaltig verändert und die
Bebauung dann an das FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) heranrücken und im
SPA-Gebiet (Vogelschutzgebiet) liegen.
- Der Naturschutzbeirat hat in seiner Sitzung
am 6.06.2018 eine Ortseinsicht vorgenommen und den Antrag der Stadt Röttingen
einstimmig abgelehnt. Begründung: Die Herausnahme der Flächen würde zu einer
nachhaltigen Beeinträchtigung der dort vorhandenen Heckenstrukturen und der
daran gebundenen Lebensräume (Habitat für Neuntöter) führen. Die dann
vorgesehene Bebauung würde sehr nahe an das FFH-Gebiet heranrücken und
innerhalb des SPA-Gebietes liegen. Dies würde eine erhebliche Beeinträchtigung
dieses SPA-Gebietes nach sich ziehen. Außerdem würde das Landschaftsbild
nachhaltig verändert. Die Hereinnahme von Flächen an anderer Stelle würde diese
Beeinträchtigung nicht ausgleichen. Außerdem sind diese Grundstücke
größtenteils -durch anderweitige Rechtsvorschriften bedingt- nicht mehr
schutzbedürftig.
Die Aufnahme von Grundstücken ist nur im
Gegenzug für die Herausnahme von Flächen beantragt. Der Antrag der Stadt
Röttingen kann also nur insgesamt befürwortet oder insgesamt
abgelehnt werden.
In seiner Sitzung am 01.10.2018 führte der Umwelt- und Bauausschuss eine Ortseinsicht der Flächen am Kapellenberg durch und fasste nach anschließender Beratung folgenden Beschluss:
Der Umwelt- und
Bauausschuss nimmt die Stellungnahmen zur Kenntnis.
Dem Kreistag wird
empfohlen, die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Täler der
Tauber, Gollach, Steinach und umgebene Wälder" hinsichtlich der
Schutzgebietsgrenzen in der Gemarkung Röttingen antragsgemäß zu ändern. Die
unterhalb der Kapelle in Ost-West-Richtung ausgedehnte Feldhecke ist bei der
Planung zu erhalten.
Beschlussvorschlag:
Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebene Wälder" wird hinsichtlich der Schutzgebietsgrenzen in der Gemarkung Röttingen antragsgemäß geändert. Die Verwaltung wird mit der Durchführung der notwendigen Verfahrensschritte beauftragt.
Debatte:
Fraktionssprecher
Trautner (Bündnis 90/Die Grünen) hält die angebotene Ausgleichsfläche
(ehemalige Deponiefläche bei Strüth) für einen schlechten Witz. Diese Fläche
sei keinesfalls eine adäquate Ausgleichsfläche. Er betont, dass Röttingen kein
Baulandproblem habe, da laut Aussage des Bürgermeisters der Stadt Röttingen
noch 24 Baugrundstücke zur Verfügung stehen. Demnach liege hier kein Notfall
vor. Laut seiner Einschätzung solle hier auf Vorrat ein wertvolles
Landschaftsschutzgebiet bebaut werden.
Er betont, dass ein Landschaftsschutzgebiet dauerhaft über mehrere
Generationen geschützt und von Bebauungen freigehalten werden müsse. Nur so
könne ein Refugium für streng geschützte Arten entstehen und das allseits
bekannte Artensterben aufgehalten werden.
Mit einer Zustimmung zu diesem Antrag, würde ein Präzedenzfall
geschaffen werden. Die Folge: Dem Missbrauch von geschützten Flächen wäre nach
diesem Antrag Tor und Tür geöffnet!
Fraktionssprecher
Wolfshörndl geht zunächst auf die theatralische Rede von Kreisrat Trautner ein. Was
dieses Bebauungsplanverfahren, das Flächennutzungsverfahren notwendig im
Ausgleich noch bringe, das werde das Verfahren noch zeigen. Er rät jedoch davon
ab, es gleich mit dem Totschlagargument zu beerdigen.
Er hebt die in vorbildlicher Weise betriebene Innenentwicklung der Stadt
Röttingen hervor. Auch gebe es plausible kommunale Gründe und man habe gut
daran getan, den Kommunen eine gewisse Planungshoheit bei der Entwicklung zu
lassen.
Kreisrat Losert weist darauf hin,
dass die Kommune einen enormen Aufwand betreiben müsse, wenn sie ein Baugebiet
ausweisen möchte. Wenn dann noch der Flächennutzungsplan geändert werden soll,
sei ein dreifacher Ausgleich notwendig.
Betrachtet man die Dinge sachlich, so habe nicht nur die Stadt Röttingen
das Problem mit den zur Verfügung stehenden Privatgrundstücken sondern auch
viele andere Gemeinden. Fakt sei, dass die Grundstücke zwar zur Verfügung
stehen, aber nicht von den Eigentümern verkauft werden.
Daher sollte man über diesen adäquaten Weg die Voraussetzungen schaffen,
um der Kommune eine gewisse Planungssicherheit für die nächsten Jahre und
Jahrzehnte zu schaffen. Von Seiten der CSU komme daher ein eindeutiges Ja zu
diesem Antrag.
Beschluss:
Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebene Wälder" wird hinsichtlich der Schutzgebietsgrenzen in der Gemarkung Röttingen antragsgemäß geändert. Die unterhalb der Kapelle in Ost-West-Richtung ausgedehnte Feldhecke ist bei der Planung zu erhalten.
Die Verwaltung wird mit der Durchführung der notwendigen Verfahrensschritte beauftragt.