Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 10, Nein: 2, Anwesend: 12

Anlage/n:      

 

Machbarkeitsstudie mit Antrag der Stadt Röttingen

(Die im Anhang genannten Karten können bei der unteren Naturschutzbehörde eingesehen oder angefordert werden.)

Detailkarten

 

 

Sachverhalt:

 

Hintergrund ist eine von der Stadt Röttingen in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie. Der Antrag der Stadt Röttingen wird vor allem damit begründet, dass siedlungsbezogene Entwicklungen durch das zum Teil bis an die Bebauung von Röttingen unmittelbar heranreichende Landschaftsschutzgebiet eingeschränkt sind. Die Stadt Röttingen führt weiter aus, dass langfristige Perspektiven zur Deckung des örtlichen Bedarfs an Siedlungsflächen fehlen würden. Außerdem seien keine städtischen unbebauten Wohnbauflächen oder Baulücken mehr verfügbar. Der Antrag erfolgt ergänzend zu Initiativen mit dem Ziel der Innenentwicklung. Angestrebt sei eine maßvolle Ausweisung von Wohnbauflächen für den örtlichen Bedarf der nächsten 10 bis 20 Jahre.

Im Zuge dieser Änderung sollen nach Auffassung der Stadt Röttingen neue, sinnvolle und schlüssige Abrundungen geschaffen werden und zwar dergestalt, dass an verschiedenen Punkten schutzwürdige Kleinflächen neu aufgenommen werden. Flächen mit geringen Entwicklungspotentialen (Fußballfeld, Beachvolleyball-Feld) werden kleinräumig aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen.

 

Nach dem Antrag der Stadt Röttingen soll das bestehende Landschaftsschutzgebiet an 6 Stellen flächenmäßig verringert werden, gleichzeitig kommen an 7 verschiedenen Stellen neue Flächen hinzu. Die Flächen, die gemäß dem Antrag herausgenommen werden sollen, haben einen Umfang von ca. 3,92 ha (davon für eine zukünftige Bauleitplanung ca. 2,05 ha), als Kompensation sollen ca. 9,45 ha Fläche neu unter Schutz gestellt werden. In der Summe könnte das Landschaftsschutzgebiet im Stadtgebiet Röttingen um ca. 5,53 ha erweitert werden.

 

Das Landschaftsschutzgebiet wurde durch Rechtsverordnung des Landkreises Würzburg vom 06.04.1990, veröffentlicht im Amtsblatt des Landkreises Würzburg Nr. 21 vom 07.05.1990, unter Schutz gestellt.

 

Danach haben mehrere Änderungen stattgefunden, zuletzt durch Verordnung vom 28.09.2000, veröffentlicht im Amtsblatt des Landkreises Würzburg Nr. 16 vom 10.10.2000.

 

Die Beteiligung der Eigentümer, Fachbehörden und anerkannten Naturschutzverbänden führte zu folgendem Ergebnis:

 

Betroffene Eigentümer:

 

Es sind keine Bedenken oder Einwendungen vorgetragen.

 

 

Fachbehörden:

 

-     Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat keine Einwände, da die betroffenen landschaftlichen Flächen weiterhin in ihrer jetzigen Nutzung bewirtschaftet werden können.

 

-     Das Staatliche Bauamt hat keine Einwände.

 

-     Die Fachbereiche „Immissionsschutzrecht und Abfallrecht“ und „Wasserrecht“ wurden wegen des Antrags auf Hereinnahme ehemaliger Deponieflächen beteiligt und haben keine Einwände erhoben.

 

-     Die Untere Naturschutzbehörde hat die vorgelegte Unterlagen geprüft und hält sie für vollständig und nachvollziehbar.

 

-     Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) lehnt den Antrag der Stadt Röttingen strikt ab.

Begründung: Die Herausnahme der Flächen (vor allem des Hangbereichs am Kapellenberg) mit anschließender Bebauung hätte eine Entwertung des gesamten Landschaftsschutzgebietes zur Folge.

 

-     Der Bund Naturschutz lehnt den Antrag der Stadt Röttingen ab.

Begründung: Die geplante Herausnahme von Flächen würde zu einem nachhaltigen Eingriff führen, der durch die Hereinnahme von Flächen an anderer Stelle nicht ausgeglichen werden kann. Außerdem würde das Landschaftsbild nachhaltig verändert und die Bebauung dann an das FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) heranrücken und im SPA-Gebiet (Vogelschutzgebiet) liegen.

 

-     Der Naturschutzbeirat hat in seiner Sitzung am 6.06.2018 eine Ortseinsicht vorgenommen und den Antrag der Stadt Röttingen einstimmig abgelehnt. Begründung: Die Herausnahme der Flächen würde zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der dort vorhandenen Heckenstrukturen und der daran gebundenen Lebensräume (Habitat für Neuntöter) führen. Die dann vorgesehene Bebauung würde sehr nahe an das FFH-Gebiet heranrücken und innerhalb des SPA-Gebietes liegen. Dies würde eine erhebliche Beeinträchtigung dieses SPA-Gebietes nach sich ziehen. Außerdem würde das Landschaftsbild nachhaltig verändert. Die Hereinnahme von Flächen an anderer Stelle würde diese Beeinträchtigung nicht ausgleichen. Außerdem sind diese Grundstücke größtenteils -durch anderweitige Rechtsvorschriften bedingt- nicht mehr schutzbedürftig.

 

 

 

Die Aufnahme von Grundstücken ist nur im Gegenzug für die Herausnahme von Flächen beantragt. Der Antrag der Stadt Röttingen kann also nur insgesamt befürwortet oder insgesamt abgelehnt werden.

 

 


 

Debatte:

 

Herr Heinle von Fachbereich Naturschutz und Landschaftspflege erläutert anhand einer Übersichtskarte die von der Stadt Röttingen beantragte Änderung in der Gemarkung Röttingen (rot dargestellt) sowie die gemittelte gerade Verbindung zwischen den höchstgelegenen Firsthöhen im Osten und Nodwesten, ca. 315 m üNN (dargestellt als weiße Linie).

 

In der anschließenden Debatte stell Kreisrat Koch die Frage, weshalb die Hecke unterhalb der Kapelle noch in die beantragte Änderung (rote Linie) mit einbezogen wurde und ob die Möglichkeit bestehe, die Hecke im Landschaftsschutzgebiet zu belassen (weiße Linie).

 

 

Bürgermeister Umscheid äußert sich, dass er kein Problem sehe, die Heckenstruktur unterhalb der Kapelle beizubehalten, da im gezeichneten Entwurf bei einer Bebauung dieser Bereich sowieso in die Grünordnung mit aufgenommen werden würde. Folglich könnte dieser Bereich auch in der beantragten Änderung herausgehalten werden.

 

Herr Heinle weist nochmal auf die Skizze der Machbarkeitsstudie in der Gesamtübersicht hin. Er teilt mit, dass  im Augenblick kein Widerspruch zwischen der Skizze und der Linie 315 m üNN vorliege.

 

Landrat Nuß teilt mit, dass Herr Trautner heute als Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Sitzung teilnimmt. Er weist darauf hin, dass Herr Trautner kein ordentliches Mitglied des Umwelt- und Bauausschusses sei, er ihm jedoch ein Rederecht gestatte.

 

Fraktionsvorsitzender Trautner  teilt mit, dass er drei Bedenken anzumelden habe:

 

  1. Es sei festzustellen, dass es im Landkreis Gemeinden gebe, mit wesentlich schwierigeren topographischen Verhältnissen und wesentlich weniger Entwicklungsmöglichkeit als die Stadt Röttingen. Die Stadt Röttingen habe gute Entwicklungsmöglichkeiten und eigentlich kein Baulandproblem und sie habe glänzende Zukunftsaussichten, sowie noch sehr viele unbebaute Bauplätze in dem jetzigen Baugebiet. Er halte es daher für bedenklich, auf „Vorrat“ ein wertvolles Landschaftsschutzgebiet zu verändern.

2.    Landschaftsschutzgebiete sollen dauerhaft und über mehrere Generationen hinweg geschützt bleiben. Denn nur dann können sich dort geschützte Arten ansiedeln und erholen. Er weist darauf hin, dass das Landschaftsschutzgebiet Täler der Tauber, Gollach und Steinach umgebende Wälder ein wertvolles Refugium für strenggeschützte Arten und ein Anziehungspunkt für Wanderer und Radfahrer sei. Ein ständiges verändern und verlegen auf ökologisch minderwertige Flächen (z.B. die ehemalige Deponie bei Strüth) stelle keinen adäquaten Schutz dar. Er betont, dass Landschaftsschutzgebiete nicht für Bauvorhaben missbraucht werden sollten. Dies müsse tabu sein. Er sehe auch keinen Notfall hier in Röttingen.

 

3.    Es sei anzumerken, dass durch die Zustimmung des Kreistags ein fataler Präzedenzfall geschaffen werden würde. Dadurch sei zu befürchten, dass weitere Anträge von anderen Gemeinden folgen könnten.

Die Folge: Der Landschaftsschutz wäre allgemein dahin.

Er betont, dass gerade der Wechsel zwischen Hecken, landwirtschaftlichen Flächen, großen Bäumen, Obstwiesen und einer weitgehend naturbelassene Flusslage, wie im vorliegenden Fall, die besondere Landschaft hier im Taubertal ausmache. Dies gelte es als Ganzes zu schützen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werde daher den Antrag der Stadt Röttingen ablehnen.

 

Bürgermeister Umscheid wendet sich an Kreisrat Trautner und stellt fest, dass im Vorfeld mit den Verantwortungsträgern von der Stadt Röttingen kein Gespräch gesucht wurde. Er weist nochmals  – wie bereits bei der vorangegangenen Ortseinsicht  ausgeführt - auf die Problematik hin (Schutzausweisungen, Tallage, HK-Hundertgebiet), die keine bauliche Entwicklung zulassen. Er betont, dass die Stadt Röttingen jungen Menschen eine Chance geben möchte, Wohneigentum zu schaffen, um so ein Abwandern in das benachbarte Baden Württemberg abzuwenden. Diese Chance möchte die Stadt Röttingen mit dieser Ausweisung und der Bitte, das Landschaftsschutzgebiet in diesem Bereich (ca. 4 ha) zurückzunehmen und als Kompensation über 9 ha hereinzunehmen, möglich machen.

Was die Diskussion um die angesprochenen noch freien Bauplätze im Privateigentum angehe, so sei festzuhalten, dass seitens der Stadt Röttingen eine Abfrage durchgeführt worden sei, mit dem Ergebnis, dass nur 3 private Eigentümer zum Verkauf bereit wären. Demzufolge sei es sachlich falsch, dass die Stadt Röttingen ohne Probleme irgendwelche Entwicklungsmöglichkeiten habe.

 

Kreisrat Losert hält eine vorausschauende Planung im Bereich der Bauleitplanung für ganz wichtig. Aus seiner Sicht habe Bürgermeister Umscheid die Gründe schlüssig dargelegt, auch könne man in der Güterabwägung mit dem Vorschlag (weiße Linie) und dem Ausgleich der angebotenen Flächen durchaus zufrieden sein. Durch die Flächenerweiterung von ca. 5,5 ha ergebe sich zudem noch ein Mehrwert für die Natur.

 

Kreisrat Rützel äußert Bedenken aufgrund der problematischen Erschließung in dem Bereich, was zu einer extremen Steigerung der Erschließungskosten führen würde. Ein Bauherr müsste demzufolge nicht nur das Geld für seine Immobilie bezahlen, sondern auch viel Geld für den Erwerbe von Grund und Boden ausgeben. Bei einem evtl. Verkauf aus familiären Gründen wäre eine Wertminderung der Immobilie die Folge (Vermögensverlust).

Er würde daher den Fokus mehr auf den Altort legen, zumal erfahrungsgemäß dort immer wieder Häuser frei werden.

 

 

Bürgermeister Umscheid rät von Spekulationen ab, was die Höhe der Verkaufspreise der Bauplätze angehe. Diese seien von verschiedenen Faktoren und der Marktsituation abhängig.

Zur Frage nach der Altortsituation sei anzumerken, dass die Bausubstanz nicht ständig verkauft und sofort beziehbar sei. Die Stadt Röttingen gehe gerade einen Weg mit Konzentration auf den Altort, um der Leerstandproblematik weiter Herr zu werden - und das durchaus mit Erfolg. Jedoch sei nicht jede junge Familie bereit, in den Altort zu gehen bzw. dort ein Haus zu sanieren oder neu zu bauen, gerade im Zusammenhang mit der städtebauliche Situation, den Einschränkungen oder den Auflagen der Denkmalbörde.

 

Kreisrat Schlereth stimmt den Änderungen des Landschaftsschutzgebietes im Hinblick auf die Stärkung des ländlichen Raums, die Ausführungen der Fachbehörde und die im Verhältnis auch durch die Fachbehörde dargestellten nicht übermäßigen Eingriffe sowie der Zusage, die Hecke unterhalb der Kapelle herauszunehmen, zu.

 

Kreisrat Koch sieht die positiven Bemühungen der Stadt Röttingen, den alten Ortskern zu beleben, dennoch brauche jede Gemeinde eine Entwicklungsphase für die Zukunft. Generell könne er daher für seine Faktion unter den vorgenannten Voraussetzungen - Herausnahme der Flächen unterhalt der Hecke (weiße Linie) – dem Antrag zustimmen.

 

Geschäftsbereichsleiterin Hellstern (Umweltamt) fasst nochmal zur Klarstellung zusammen, dass es insgesamt nicht nur um diese Fläche und die Frage gehe, ob da Bauland entstehen soll oder nicht, sondern insgesamt um 6 Stellen, die aus dem bestehenden Landschaftsschutzgebiet herausgenommen werden sollen und um 7 Stellen, die in das Landschaftsschutzgebiet hereingenommen werden sollen.

Rechtlich sei es so, dass die Hereinnahmen von Flächen keine Voraussetzung dafür ist, dass andere Flächen herausgenommen werden können.

In dem vorliegenden Antrag der Stadt Röttingen sei dies jedoch so miteinander verknüpft, dass die Aufnahmen der Grundstücke nur im Gegenzug für die Herausnahme der anderen Flächen erfolgen soll.

Die Frage, die sich das Gremium dafür stellen müsse sei, inwieweit für die zu herausnehmenden Flächen keine Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit mehr gesehen werde und für die Flächen, die hereinkommen, jedoch so eine Schutzbedürftigkeit gesehen wird.

Sie weist darauf hin, dass insgesamt knapp 4 ha Fläche herausgenommen werden sollen und 9,45 ha hereingenommen werden sollen. Dies würde bedeuten, dass bei einer positiven Entscheidung des Antrags, sich das Landschaftsschutzgebiet vergrößern würde. Aus Sicht des Naturschutzes sei dies zunächst grundsätzlich erfreulich, jedoch möchte sie aber auch nicht verheimlichen, dass es durchaus Einwendungen gegen die Herausnahme gegeben habe, trotz Berücksichtigung dessen, dass das Landschaftsschutzgebiet größer werden würde im Ergebnis. Sie weist darauf hin, dass der Naturschutzbeirat den Antrag abgelehnt habe mit der Begründung, dass die Grundstücke - gerade auch die Fläche, die auf dem Bild abgebildet ist -  werthaltiger seien und Beeinträchtigungen zu befürchten seien, gerade auch im Hinblick auf die bestehende Heckenstruktur.

 

Herr Heinle fügt an, dass die Komplettherausnahme dieser Fläche (s. Skizze auf Luftaufnahme) inkl. der dunkelgrünen dargestellten Anteile beantragt sei. Demnach sei sowohl der bauliche Anteil als auch der Grünanteil komplett zur Herausnahme aus dem Landschaftsschutzgebiet beantragt.

 

Landrat Nuß geht nochmal auf die Wortmeldung von Kreisrat Koch ein, der darum gebeten habe, die Hecke unterhalt der Kapelle (weiße Linie) im Landschaftsschutzgebiet zu erhalten.

 

Es ergeht folgender

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Umwelt- und Bauausschuss nimmt die Stellungnahmen zur Kenntnis.

 

Dem Kreistag wird empfohlen, die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebende Wälder“ hinsichtlich der Schutzgebietsgrenzen in der Gemarkung Röttingen antragsgemäß zu ändern.

 

Die unterhalt der Kapelle in Ost-West-Richtung ausgedehnte Feldhecke ist bei der Planung zu erhalten.

 


Beschluss:

 

Der Umwelt- und Bauausschuss nimmt die Stellungnahmen zur Kenntnis.

 

Dem Kreistag wird empfohlen, die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebende Wälder“ hinsichtlich der Schutzgebietsgrenzen in der Gemarkung Röttingen antragsgemäß zu ändern.

 

Die unterhalt der Kapelle in Ost-West-Richtung ausgedehnte Feldhecke ist bei der Planung zu erhalten.

 


Zur weiteren Veranlassung an GB 5, FB 51

 

Zur Kenntnis an