Beschluss: abgesetzt

Abstimmung: Anwesend: 13

Sachverhalt:

 

 

Auf Antrag der Kreistagsfraktion “Bündnis 90/Die Grünen“ vom 15.02.2017 hat der Umwelt- und Bauausschuss in seiner Sitzung am 26.06.2017 in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, ein Verfahren zur Erweiterung des Landschaftsschutzgebietes “Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebende Wälder“ durchzuführen. Durch das Verfahren sollen die im beiliegenden Luftbild mit roter Farbe unterlegten Flächen neu in das Landschaftsschutzgebiet aufgenommen werden. Zur Begründung wurde angeführt, dass die betroffenen Grundstücke aufgrund geplanter baulicher Anlagen aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen worden seien. Diese seien nicht verwirklicht worden. Zudem habe eine Zersiedelung des Gebiets mit Häusern und Stallungen begonnen. Um eine weitere Zersiedelung zu vermeiden, werde die Rückführung der unbebauten Grundstücke in das Landschaftsschutzgebiet beantragt.

 

Die vorgesehene Erweiterung umfasst eine Fläche von ca. 2,73 ha und befindet sich südlich des Ortsrandes von Tauberrettersheim. Aus naturschutzfachlicher Sicht stellt die jetzt zur Erweiterung vorgesehene Fläche sogenanntes “landschaftliches Vorbehaltsgebiet“ dar. Da dies auch so aus dem Regionalplan hervorgeht, ist die fachliche Wertigkeit dieser Mittelhangbereiche mit Grünlandnutzung bereits entsprechend dokumentiert. Aktuelle Planungsabsichten der Gemeinde Tauberrettersheim sind durch die mögliche Erweiterung des Landschaftsschutzgebietes nicht berührt.

 

Als Träger öffentlicher Belange war lediglich das „Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten Würzburg“ zu hören. Dieses hat in seiner Stellungnahme mitgeteilt, dass Belange der Landwirtschaft nicht betroffen werden.

 

Die Gemeinde Tauberrettersheim hat in ihrer Gemeinderatssitzung am 28.07.2017 die Erweiterung einstimmig abgelehnt. Diese Ablehnung erfolgte sowohl in ihrer Eigenschaft als Gemeinde, als auch in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin von vier der sechs von der Erweiterung betroffenen Grundstücke. Zur Begründung führte sie an, dass im Jahre 2000 4,3 ha aus dem o. g. Landschaftsgebiet herausgenommen und an anderer Stelle wieder 4,05 ha in das Landschaftsschutzgebiet eingebracht worden seien. Somit sei bereits damals ein Ausgleich für die Änderung des Landschaftsschutzgebietes erbracht und genügend Fläche geschützt worden.

 

Die Eigentumsverhältnisse der von der Erweiterung betroffenen Flächen stellen sich wie folgt dar:

 

4 Grundstücke:           Gemeinde Tauberrettersheim

1 Grundstück:             1 Privateigentümer

1 Grundstück:             4 private Miteigentümer

 

Der Privateigentümer eines Grundstücks ließ seine Ablehnung hinsichtlich der geplanten Erweiterung schriftlich durch einen Rechtsanwalt vortragen. Hierbei wurde u.a. angekündigt, dass er sich im Falle einer Aufnahme seines Grundstücks in das Landschaftsschutzgebiet mit allen rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen werde.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Voraussetzung für die Ausweisung bzw. Einbeziehung in das Landschaftsschutzgebiet nicht vorlägen, insbesondere sei eine Schutzwürdigkeit und eine Schutzbedürftigkeit dieser Flächen nicht gegeben. Auf dem Grundstück sind nach Auffassung des beauftragten Rechtsanwalts keine schützenswerten Strukturen, wie Steinriegel, Hecken, Gehölzen und Steinbrüchen vorhanden.

 

Zwei Miteigentümer eines weiteren betroffenen Grundstücks haben fernmündlich Bedenken geäußert und schriftliche Begründungen angekündigt, die allerdings bislang noch nicht eingegangen sind [Stand: 25.10.2017].

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Gemeinde und sämtliche Eigentümer der betroffenen Flächen das Vorhaben ablehnen und Bedenken geäußert haben.

 

 

 

Debatte:

 

Juristin Haas, Geschäftsbereichsleiterin Umweltamt,  erläutert zunächst den Sachverhalt. Anschließend erklärt sie das Wesen eines Landschaftsschutzgebietes und den Unterschied zu einem Naturschutzgebiet. Sie verweist auf die Landschaftsschutzgebietsverordnung sowie auf die an der Medienwand dargestellten Pläne und Fotos und gibt noch einige rechtliche Hinweise zur Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit.

 

Des Weiteren weist sie darauf hin, dass dem Landkreis trotzdem ein Ermessen zusteht und ausgeübt werden muss, auch wenn die Voraussetzungen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit vorliegen. Dabei sind die privaten Interessen der Eigentümer mit den Zielen des Naturschutzes abzuwägen.

 

 

Bevor es in die Diskussion geht möchte Frau Haas jedoch noch ein paar Anmerkungen „politischer Natur“ machen. Sie teilt mit, dass die Mitarbeiter im Fachbereich Naturschutz darauf hingewiesen haben, dass der Landkreis in der Vergangenheit noch nie gegen den ausdrücklichen Willen der Gemeinde ein Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen hat. Man habe dabei immer auf kooperatives Verhalten gesetzt. Das wäre jetzt tatsächlich das erste Mal, dass man sich über den Willen der Gemeinde hinwegsetzen würde.

 

Die Tatsache, dass ein Eigentümer schon mitgeteilt hat, er werde mit allen rechtlichen Mitteln gegen eine Verordnungsänderung vorgehen, wäre kein Grund für die Verwaltung, von dem Verfahren abzurücken - vorausgesetzt, dass der Kreistag eine Wiederaufnahme der Flächen weiterverfolgen möchte. Frau Haas, weist darauf hin, dass ein entsprechendes Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof München geführt werden würde. Das könnte natürlich auch einen entsprechenden möglicherweise politisch nicht gewollten Rummel auslösen. Sie betont, dass es in dem Fall wie gesagt keine Entscheidung des staatlichen Landratsamtes sei, sondern des Landkreises - also die Entscheidung des Kreistages.

 

 

 

Es entwickelt sich eine rege Diskussion, was die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit für die betroffene Fläche von 2,73 ha angeht sowie der Unterschied zwischen dem Status „Ackerland“ und „Grünland“ und welche konkreten Auswirkungen für den Landwirt im Falle eines Umbruchs entstehen.

 

 

Die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hält grundsätzlich erstmal an ihrem Antrag fest, da die Erfahrung gezeigt hat, dass es evtl. doch zu einer Zersiedelung kommen wird.

Die damaligen Gründe für eine Herausnahme des Gebiets (Errichtung einer Seniorenwohnanlage) seien nicht mehr gegeben. Des weiteren sei Tauberrettersheim und seine Umgebung landschaftlich ein sehr ansprechendes Gebiet. Diese Landschaft gelte es zu erhalten, besonders im Hinblick auf das Artenvielfaltsterben.

 

Die Kreistagsfraktion UWG-FW äußern Bedenken. Zum einen gehe es nicht allein um die Umwandlung vom Ackerstatus in Grünland oder umgekehrt, sondern auch um den Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs. Der Landwirt muss im Rahmen seiner Betriebsführung auch planen können. Zu klären sei die Frage, inwieweit die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet einen enteignungsgleichen Eingriff darstellt.

 

Juristin Haas äußert sich zum Begriff enteignungsgleicher Eingriff.

Juristisch sei dies nicht als enteignungsgleicher Eingriff zu bezeichnen, sondern als eine Inhalts- und Schrankenbestimmung. Eine Beschränkung von Eigentümerrechten liege definitiv vor. Die Aufgabe sei es nun abzuwägen, wie schwerwiegend diese Beschränkung für den Eigentümer sei und inwiefern die Eigentümerposition zu schützen wertiger sei, als die des Naturschutzes.

 

Kreisrat Rützel (UWG-FW) teilt mit, dass die Kreisräte der UWG-FW-Fraktion sich bereits ein Bild vor Ort gemacht haben. Er weist darauf hin, dass Tauberrettersheim durch seine Lage an der Tauber mit dem Überschwemmungsgebiet und dem bestehenden Landschaftsschutzgebiet in seiner Entwicklung sehr eingeschränkt sei. Deshalb sollte man es nicht über die Maßen strapazieren, wo es nicht unbedingt notwendig sei, zumal auf der betroffenen Fläche keine schutzwürdigen Hecken oder Bäume stehen.

 

Kreisrat Jungbauer (CSU) tut sich schwer eine Entscheidung zu treffen. Auch geht er davon aus, dass es aufgrund des Diskussionsverlaufs keine einvernehmliche Entscheidung geben werde. Er schlägt deshalb einen gemeinsamen Ortstermin vor, mit dem Gemeinderat und den betroffenen Bürgern.

 

Landrat Nuß hält die Anregung von Kreisrat Jungbauer bezüglich eines gemeinsamen Ortstermins für einen guten Vorschlag. Auch wäre es ein Novum, gegen den Beschluss der Gemeinde zu handeln. Er schlägt daher vor, den Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung abzusetzen und diesen bei einem Ortstermin neu zu beraten.

 

Mit der Vorgehensweise besteht Einverständnis.

 


 

 


Zur weiteren Veranlassung an GB 5, FB 51

 

Zur Kenntnis an