Beschluss: zur Kenntnis genommen

Sachverhalt:

 

„Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gefahren für ihr Wohl gehört zu den zentralen Aufgaben des Staates. Er hat seine Grundlage einerseits im staatlichen Wächteramt (Artikel 6 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz (GG)), andererseits aber auch in der staatlichen Schutzpflicht für die Persönlichkeitsentfaltung und -entwicklung von Kindern und Jugendlichen, die aus Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG hergeleitet wird.

 

Im Hinblick auf die primäre Erziehungsverantwortung der Eltern haben dabei alle Maßnahmen Vorrang, die den Schutz des Kindes oder Jugendlichen durch Unterstützung der Eltern zu erreichen suchen.“. (Aus der Gesetzesbegründung zum Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG))

 

Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) trat am 01.01.2012 als Artikelgesetz in Kraft und wurde zum 31.12.2015 fachlich auf der Bundesebene evaluiert. Der entsprechende Bericht liegt mittlerweile vor und wurde der Fachöffentlichkeit u. a. auf einer Fachtagung am 30./31.05.2016 vorgestellt.

 

In Kooperation mit dem Kreisjugendring Würzburg hat dieser eine Umfrage bei den Jugendverbänden durchgeführt, die in der Sitzung durch Vertreter des Kreisjugendrings mittels einer Power-Point-Präsentation kurz vorgestellt werden.

 

Im Wesentlichen haben sich laut Sozialrat Hermann Gabel die seit 2012 gültigen gesetzlichen Maßnahmen in der Praxis als zweckdienlich und anwendbar bestätigt. Bei einigen Bereichen ist eine Nachjustierung notwendig.

 

Wie hat sich nun das BKiSchG in unserem Landkreis Würzburg implementiert und in die hiesige Jugendhilfelandschaft eingegliedert?

 

Zu den einzelnen Positionen:

 

1.       Verstärkter Einsatz von Gesundheitsberufen als frühe Hilfen in den Familien

          (Artikel 1: § 3 Abs. 4 KKG (= Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz))

 

Ø  Über die KoKi wurden und werden Familienhebammen und Kinderkrankenschwestern in Familien als Frühe Hilfen eingesetzt.

 

Ø  Mit ca. 0,5 VZÄ wurde hierfür außerdem eine Kinderkrankenschwester mit Weiterbildung bei einem freien Träger angestellt.

 

Ø  Finanzvolumen: ca. 70.000,00 € p. a.

 

Ø  Refinanzierung: 100 % der Einsatzkosten

 

Ø  Kosten Landkreis Würzburg: lediglich Vermittlung durch KoKi

 

2.       Anspruch der Gesundheitsberufe und andere Berufsgruppen, auf Hinzuziehung der Expertise der Kinder- und Jugendhilfe

          (Artikel 1: § 4 Abs. 2 KKG; Artikel 2, Nr. 5: § 8 b n. F. Abs. 1 SGB VIII)

 

          Das Beratungsangebot - auch anonymisiert - haben wir im Landkreis Würzburg schon seit Jahrzehnten im Angebot. Jetzt existiert eine gesetzliche Regelung.

 

          Lediglich die Verpflichtung der Schulen zum eigenständigen Tätigwerden im Rahmen der schulischen Möglichkeiten und Hilfen muss noch mehr Verbreitung finden (§ 4 Abs. 1 KKG)

 

3.       Qualifizierung des Schutzauftrages der öffentlichen Jugendhilfe

          (Artikel 2, Nr. 4 und 5: §§ 8a, 8b n. F. Abs. 2 SGB VIII)

 

Ø  Neujustierung der Ablauforganisation

 

Ø  Weiterbildung der psychosozialen Fachkräfte im ASD

(Systemische Berater, systemischer Therapeut, Gestalttherapeut, insoweit erfahrene Fachkraft, usw.)

 

Ø  Verpflichtung zu mehr Hausbesuchen (bei uns kein wesentlichen Auswirkungen)

 

Ø  Instrumente zur Kindeswohleinschätzung

 

Ø  Schutzkonzepte unter Einbeziehung sozialräumlicher Strukturen, Frühe Hilfen und Hilfen zur Erziehung

 

4.       Ausbau Früher Hilfen im Rahmen der Jugendhilfe

          (Artikel 2, Nr. 7: § 16 SGB VIII)

 

Ø  Frühe Hilfen ausbauen (s. 1.) und neu strukturieren, z. B. Schreibaby-Beratung, Ausbau wohnortnaher Familienhilfe in den Sozialräumen (z. B. „Baby-Talk“)

 

Ø  Formlose Betreuungen und Begleitungen durch den ASD

 

5.       Prüfung der Eignung ehrenamtlich tätiger Personen

          (Artikel 2, Nr. 18 - § 72a SGB VIII)

 

          Der „Aufreger“ des Jahres 2012 - nicht nur im Landkreis Würzburg - zu über 15 Infoveranstaltungen unter Mitwirkung des Kreisjugendrings Würzburg haben wir die 1.571 Vereine und Organisationen angeschrieben, eingeladen und zum Abschluss von Vereinbarungen aufgefordert.

 

          Entbürokratisierungsaktion des Landrats unter Einbeziehung der Gemeindeverwaltungen gut umgesetzt und vielerorts Akzeptanz (siehe Kompass ehrenamt dazu). Hier wird wohl zeitnah eine Änderung des BZRG (Bundeszentralregistergesetz) kommen, die noch mehr Vereinfachung bringen wird.

 

6.       Qualitätsentwicklung und -sicherung

          (Artikel 2, Nr. 20 und 21: §§ 79, 79a n. F. SGB VIII)

 

          a)    amtsintern

 

          Fachliche Leitlinien und Fachkonzepte in unserem Jugendamt wurden erstellt bzw. angepasst.

 

          b)    freie Träger

 

Es fehlen nach wie vor in Bayern bundesweite Richtlinien. (In einigen anderen Bundesländern liegen diese vor.) Der FBL 31a hat auf die Notwendigkeit eigener Regelungen im Unterausschuss Jugendhilfeplanung und jedes Jahr vor den Haushaltsberatungen hingewiesen.

 

7.       Streichung der Sonderzuständigkeit bei Dauerpflegeverhältnissen

          (Artikel 2, Nr. 23 und 25: § 86 Abs. 6, § 89a SGB VIII)

 

          Diese Regelung sollte zu Einsparungen führen, was bei uns leider nicht in größerem Umfang feststellbar ist. Zusammen mit dem Kreisrechnungsprüfungsamt prüfen wir derzeit eine Sonderregelung mit der Stadt Würzburg, die jetzt nicht mehr gesetzeskonform wäre und für uns Fallzuständigkeiten im sozialpädagogischen Bereich nach sich ziehen könnten (ca. 0,5 VZÄ-Personalmehrung im PKD).

 

8.       Erweiterung der Kinder- und Jugendhilfestatistik

          (Artikel 2, Nr. 26 bis 28: §§ 98 ff. SGB VIII)

 

          Die Erweiterung der Kinder- und Jugendhilfestatistik hat zu einer erhöhten Aufgabenmehrung im Bereich der Fachbereiche 31a und 31b geführt.

 

Debatte:

 

Herr Sozialrat Hermann Gabel trägt in Auszügen die bereits in der ausführlichen Vorlage dargelegten Sachverhalte vor.

 

Zu Punkt 4., Ausbau der Frühen Hilfen im Rahmen der Jugendhilfe, erwähnt er, dass die Koordinierende Kinderschutzstelle im Landkreis Würzburg (Soll: 1,5 VZÄ, Ist: 1,0 VZÄ) zum 01.02.2017 wieder vollumfänglich mit 1,5 VZÄ besetzt werden soll.

 

Zu Punkt 6., Qualitätsentwicklung und -sicherung, führte Herr Gabel aus, dass immer noch Bayerische Richtlinien zum landesweiten Vollzug fehlen.

 

Zu Punkt 5, Prüfung der Eignung ehrenamtlich tätiger Personen, trug die Geschäftsführerin des Kreisjugendrings Würzburg, Frau Judith Zellhöfer, eine Online-Umfrage anhand der beigefügten Power-Point-Präsentation vor. Die Ergebnisse sind dort nachzulesen.