Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 53, Nein: 12

Sachverhalt:

 

1.   Im Zentrum der Vorbereitung für die 120. VV steht die Generalsanierung L 1, die seit 1984 im Einsatz ist. Es soll ein Grundsatzbeschluss gefasst werden zur Planung und Durchführung des Projektes im Zeitraum 2016 – 2020.

 

Die Gewährleistung der Entsorgungssicherheit und Gebührenstabilität lassen das Vorhaben sachlich und zeitlich notwendig erscheinen. Mit der Entscheidung für die Generalsanierung der ältesten Linie mit 60.000 Jahrestonnen Nennkapazität wird die Voraussetzung für die sichere und unabhängige Erfüllung der satzungsmäßigen und vertraglichen Pflicht des ZV über das Jahr 2020 hinaus geschaffen. Neben der leistungsfähigsten Linie 3 mit 120.000 t Nennkapazität jährlich muss hierzu eine vollfunktionsfähige weitere Linie sicher zur Verfügung stehen. 

 

Während der Planungs- und Realisierungsphase von ca. 5 Jahren kann die Entwicklung des Abfallwirtschaftsmarktes in regulatorischer, sachlicher und technischer Hinsicht weiter beobachtet und bewertet werden. An der näheren Bestimmung der Bedarfssituation im Verbandsgebiet wird gezielt weiter gearbeitet. Veränderte Anforderungen an die entsorgungspflichtigen Körperschaften und die Stellung der Müllverbrennung in der Abfallwirtschaft fließen ein. Auf dieser Grundlage kann in etwa 5 Jahren erneut entschieden werden, ob und welche großen technischen Neuerungen in Angriff genommen werden - nach weiteren 5 Jahren abermals (Planungshorizont: „3 x 5“).

 

Der Zweckverband ist in der vorteilhaften Lage, ergänzend zu seiner Strategie der zustandsorientierten und vorausschauenden Instandhaltung, in 5-Jahres-Schritten beurteilen zu können, welchen großen Aufgaben bei der Entwicklung des MHKW er sich stellt.

Derzeit werden etwa 65.000 t Siedlungsabfälle der Verbandsmitglieder und 80.000 t der öre Vertragspartner jährlich im MHKW verwertet. Aus heutiger Sicht betrachten die Verbandsmitglieder die öre Zusammenarbeit mit benachbarten Gebietskörperschaften als optimale Basis für die günstigen Arbeitsbedingungen des Würzburger MHKW. Die Laufzeiten dieser Verträge enden zwischen 2025 und 2030. Insbesondere für die Zeit ab 2025 kann also auch der Umfang der vertraglichen Bindung mit der dann gewünschten technischen Entwicklung erneut in Einklang gebracht werden.

 

Mit zunehmendem Alter der Verbrennungslinien des MHKW wird der Instandhaltungsaufwand weiter steigen, insbesondere bei großen und teuren Teilen wie den Rosten. Die damit verbundenen Investitionen überschneiden sich also teilweise mit den im Rahmen einer Generalsanierung der Linie 1 anfallenden Kosten.

 

2.   Die Investitionsrücklagen des Zweckverbandes können für die auf 15 Jahre angesetzte Planungsspanne  dauerhaft als Finanzierungsquelle herangezogen werden. Bei Generalsanierung L 1 fällt das Gros der Ausgaben in den Jahren 2019/20 an. Unterdessen besteht die Möglichkeit, durch rückläufige Abschreibungen und günstige Geschäftsentwicklung weitere Rücklagen zu bilden. Der Zweckverband verfügt also über eine „Spardose“, die ihn befähigt, auch umfangreichere Investitionen auf lange Sicht zu bewältigen und Unsicherheiten abzufangen, unter Meidung von Risiken für die Gebührenstabilität.

 

Die Kostenschätzung für die Erneuerung der Linie 1 beläuft sich auf insgesamt ca. 33,8 Mio. € brutto. Die Realisierung und der Finanzbedarf laufen in etwa parallel.

Start wäre 2016 mit der Planung, dann folgen Konstruktionsauftrag, Werklieferauftrag und Inbetriebsetzung bis ins Jahr 2020.

 

Die folgende Grafik zeigt den Finanzbedarf nach heutiger Schätzung im Verlauf:

 

Titel: Finanzbedarf der Erneuerung Linie 1

 

 

Die Finanzierung kann aus Eigenmitteln gedeckt werden. Die Liquidität des ZV besteht aus Rücklagen und Rückstellungen. Beides kann zur Eigenfinanzierung genutzt werden. Eine Cash-Flow-Betrachtung  zeigt bis 2019 weiteren Mittelzufluss durch Abschreibungen und Rückstellungen von jährlich ca. 1,5 Mio. € bis ca. 3,5 Mio. € in 2019 und 2020.

 

Die Aufnahme von Fremdkapital am Kapitalmarkt ist derzeit zu sehr günstigen Konditionen möglich und wird zur Schonung der Eigenkapitalreserve in Betracht gezogen. Eine Mischung aus Eigen-/Fremdfinanzierung (z.B. 75% Eigenkapital und 25% Fremdkapital) ist im weiteren Verlauf der Planung und Realisation unter Beobachtung des Kapitalmarktes zu prüfen. Je nach Marktkonditionen kann es unter Vorbehalt der Genehmigung der Aufsichtsbehörde günstiger sein, z.T. mit Fremdkapital zu finanzieren.

 

Die Abschreibungen aus den Linien 1, 2 und 3 sinken stetig. Das jetzige Niveau liegt in Höhe von ca. 5,7 Mio. € (2014). In 2020 wird die Abschreibung auf etwa 2,5 Mio. € gesunken sein. Der zusätzliche Abschreibungsaufwand der Linie 1 würde diesen Aufwandsposten ungefähr wieder auf das jetzige Niveau anheben. Die Gebühren-/Umlagestabilität wäre somit wegen der Investition nicht gefährdet, da das Investitionsprojekt gut die Talfahrt der Abschreibung ausgleicht.

 

Die Investition generiert bei Eigenfinanzierung weiteren Cash-Flow durch die Abschreibung, wodurch die Liquidität bei zeitlich versetzten Investitionsprojekten aufgebaut und weiterverwendet werden kann: „3 x 5“.

 

Die Verfahrensweise Zug um Zug Linie 1 bis 3 etwa alle 5 Jahre zu entscheiden und gegebenenfalls zu erneuern, bietet sowohl aus unternehmenspolitischer Strategie wie auch aus Finanzierungssicht große Vorteile.

 

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Sanierung der MHKW-Ofenlinie I wird zugestimmt.

 

 

 

 

Debatte:

 

Landrat Nuß begrüßt zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Kutscher als neuen Geschäftsführer des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Raum Würzburg (ZV AWS).

 

Herr Kutscher teilt mit, dass Mittelpunkt der Verbandsversammlung des ZV AWS am 02.12.2015 die Beschlussfassung über die angedachte Generalsanierung der Linie 1 des Müllheizkraftwerkes (MHKW) sein werde. Herr Kutscher erläutert ausführlich den Sachverhalt.

 

Im Anschluss an die Ausführungen von Herrn Kutscher nehmen die einzelnen Fraktionsvorsitzenden Wolfshörndl, Fiederling, Henneberger, Ländner sowie Kreisrätin Celina (MdL) und Kreisrat Fuchs Stellung zur vorgeschlagenen Sanierung der Ofenlinie 1.

 

Kreisrat Wolfshörndl teilt mit, dass die SPD-Kreistagsfraktion das Sanierungskonzept mittragen werde. Allerdings solle dies kein Freibrief sein. Wichtig sei, dass heute nicht über ein Gesamtkonzept oder das gesamte MHKW in der Dimension entschieden werde.

Er erinnert an die Diskussionen in der Vergangenheit beim Bau der 3. Ofenlinie.

 

Bei Betrachtung der Gewichtungsverteilung der Müllmengen aus dem Verbandsgebiet gegenüber den Müllmengen aus Gewerbe und Externen, stellt sich zwangsläufig die Gewichtungsfrage, inwieweit es Aufgabe des Zweckverbandes sei, in dieser Dimension ein MHKW zu betreiben. Daher gelte die Zustimmung der SPD-Kreistagsfraktion für die notwendigen Sanierungen zum jetzigen Zeitpunkt. Er bittet jedoch rechtzeitig um Informationen und entsprechende Diskussion, wie es mit der Ofenlinie 2 und 3 weitergehen wird.

 

Kreisrat Fiederling kritisiert, dass auf der Tagesordnung lediglich von einem Bericht die Rede sei und nun eine Beschlussfassung erfolgen solle. Er hält es für wichtig, die technischen Erfordernisse besser zu prüfen. Hier fehle noch einiges an Informationen. Es solle zunächst abgewartet werden, wie in der Verbandsversammlung entschieden werde.

 

Kreisrätin Celina (MdL) teilt mit, dass die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen der Sanierung der Ofenlinie 1 nicht zustimmen werden. Wie bereits von Kreisrat Fiederling angesprochen, stehe zu diesem Thema keine Beschlussfassung auf der heutigen Tagesordnung. Zum Zweiten habe der ZV AWS noch nicht getagt. Faktisch würde mit diesem Beschluss eine Richtung vorgegeben werden, die Die Grünen seit Jahren für falsch erachten.

Sie weist darauf hin, dass es sich bei der Müllverbrennung um die schlechteste und giftigste Müllverwertung handele,  auch wenn der Ausdruck „thermische Müllverwertung“ etwas anderes suggeriert.

Sie schlägt für die Zukunft vor, mehr Recycling, weniger Müllverbrennung und weniger Mülltransporte in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Eine garantierte Auslastung der Anlage für 2 bis 3 Jahre sei zu gering, bei einer Investition in dieser Höhe.

Es seien noch viele Fragen zu klären, wie beispielsweise, wie es weitergeht mit der Verbrennung von Klärschlamm, inwieweit Großbritannien auch in Zukunft seinen Müll ins Ausland transportiere und wie die gesetzlichen Vorgaben 2016 aussehen, was die Sortierung des Gewerbemülls angehen.

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Kreisrätin Celina (MdL) ist der Auffassung, dass es im gesamten Zweckverbandsbereich noch viele Möglichkeiten gebe, was die Vermeidung von Müll angehe. Hier erwarte man Lösungen, anstatt weiter auf die Müllverbrennung zu setzen.

Eine vorschnelle Entscheidung über eine Investition in dieser Höhe unter der jetzigen Voraussetzung halten Die Grünen daher nicht für richtig. Wünschenswert sei eine intensive Diskussion zu diesem Thema. Folglich erfolgt seitens der Grünen heute kein Beschluss.

 

Auch Kreisrat Henneberger geht formell davon aus, dass heute kein Beschluss erfolgen kann. Er verweist auf die bereits im Vorfeld in der Vorbesprechung der Fraktionsvorsitzenden im Raum stehenden Fragen. Diese seien heute in keiner Weise beantwortet worden.

Er spricht die Planungs- und Realisierungsphase an, den Planungshorizont: „ 3 x 5 „, die Zusammenarbeit mit den benachbarten Gebietskörperschaften, die Finanzierung aus Eigenmitteln sowie Fragen, wie es zukünftig mit der Verbrennung von Klärschlamm weitergeht. Für ihn sei eine Investition von 33,8 Mio. Euro keine, die man auf die Basis stellt, 3 bis 4 Jahre sei die Menge garantiert. Auch für das Model: „3 x 5“ oder „ 2 x 5“ seien noch zu viele Fragen offen. Es müsse rechtzeitig in die Gesamtplanung eingestiegen werden, noch vor diesem ersten Schritt, „nicht erst in die Sackgasse reinfahren, wo es nur eine Lösung danach gibt“. Die Ausschussgemeinschaft der ödp/FDP werde deshalb heute nicht zustimmen.

 

Kreisrat Ländner (MdL) äußert sich, dass heute keine Grundsatzdiskussionen zur  Müllproblematik geführt werden müssen, sondern die Sanierung der Ofenlinie 1 zu diskutieren sei. Die notwendigen finanziellen Mittel seien gegeben. Das dient der Gebührensicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Im Unterscheid zu Deponien und sonstigen Maßnahmen sei die Müllverbrennung ein guter Weg, noch dazu im Hinblick was die Versorgung der Stadt Würzburg mit Energie angehe.

Die CSU-Kreistagsfraktion ist für eine Sanierung der Ofenlinie 1. Gerne sei man bereit weitere Diskussionen zu führen, auch was die Zukunft des MHKW angehe.

 

Kreisrat Fuchs bringt zwei Punkte zur Sprache:

 

1.    Die Gebühren müssten eigentlich gesenkt werden, da der 1. Ofen abgeschrieben sei.

 

2.    Wenn die Millionen, die im Haushalt für die Sanierung bereitstünden, eingesetzt werden, müsse man wissen, dass nach einer solchen Generalsanierung die Abschreibung neu anlaufe.

 

Er bittet daher, keinen bindenden Beschluss zu fassen, sondern lediglich eine Empfehlung an die Verwaltungsräte des Zweckverbandes abzugeben.

 

Landrat Nuß weist darauf hin, dass die Verbandsräte weisungsgebunden seien. Daher sei es für die Verbandsräte wichtig, eine entsprechende Empfehlung für eine Beschlussfassung in der Verbandsversammlung am 02.12.2015 mitzugeben. Gerade im Hinblick auf diese große Investition, sei es von Bedeutung, dass der Kreistag in großer Mehrheit hinter der Sanierung der Ofenlinie 1 steht.

 

Kreisrätin Celina (MdL) betont, dass wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, was gesetzliche Änderungen angeht, was Verhaltensänderungen angeht, all das werde in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu einer veränderte Müllmenge führen, und zwar nicht nur hier im Landkreis sondern in ganz Deutschland. Es müsse mit Überkapazitäten gerechnet werden. Unter diesen Voraussetzungen werden Die Grünen diese Politik nicht unterstützen. Es sei noch ausgiebig darüber zu diskutieren, wie es zukünftig mit dem Müll und Mülltourismus weiter gehen soll im Landkreis Würzburg.

 

 

Nachdem keine weiteren Wortbeiträge zu verzeichnen sind, schlägt Landrat Nuß folgenden geänderten Beschlussvorschlag vor:

 

Beschlussvorschlag (neu):

 

Der Kreistag nimmt den Sachvortrag zustimmend zur Kenntnis.

 


Beschluss:

 

Der Kreistag nimmt den Sachvortrag zustimmend zur Kenntnis.


Zur weiteren Veranlassung an ZB, ZFB 2, ZV Abfallwirtschaft Raum Würzburg (H. Kutscher)

 

Zur Kenntnis an KrPA