Sitzung: 09.11.2015 Sozialausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Sachverhalt:
Herr Beutert informiert über zwei Sachverhalte bezüglich der
Krankenversicherung im Rahmen des SGB II-Bezuges.
1.
Ergebnis der
Krankenkassenprüfung durch das Bundesversicherungsamt im Zeitraum 01.09. –
15.09.2014
Im Zeitraum 01.09.
– 15.09.2014 wurde im Jobcenter Landkreis Würzburg im Auftrag des
Bundesversicherungsamtes eine Krankenkassenprüfung nach § 251 Abs. 5 Satz 2 SGB
V durchgeführt.
Diese wurde durch
zwei Mitarbeiter des BKK Landesverband Süd, Regionaldirektion Hessen vor Ort im
Landratsamt Würzburg, in den Räumlichkeiten des Jobcenters vollzogen. Hierbei
wurden insgesamt 235 Bedarfsgemeinschaften (=Akten) überprüft. Die Anforderung
der Einzelakten erfolgte nach Vorgabe der Prüfer vor Ort, so dass das Jobcenter
auf die Auswahl der entsprechenden Akten keinen Einfluss hatte.
Nach Abschluss der
Prüfung vor Ort wurden von den insgesamt 235 gesichteten Akten 23 Akten durch
die Krankenkassenprüfer beanstandet. Dies entspricht einer Beanstandungs-quote
von 9,79 %. Hierbei wurde eine Nachforderung i. H. v. 33.829,87 € (gesamt)
ausgewiesen. Davon entfielen 23.720,84 € auf den Bereich Krankenversicherung,
3.342,53 € auf den Bereich Pflegeversicherung und 6.766,50 € auf fällige
Säumniszuschläge.
Auf Nachfrage
wurde durch die Prüferin Frau Rücker[1]
mitgeteilt, dass diese seit 2011 innerhalb von Jobcentern zur Prüfung
eingesetzt wird. Die üblicherweise festgestellte Beanstandungsquote im Rahmen
der Krankenkassenprüfung lag bisher in einer Spannweite von 30 % - 50 %.
Dementsprechend teilte Frau Rücker mit, dass das Jobcenter Landkreis Würzburg
das bisher beste durch sie geprüfte Jobcenter (seit 2011) ist.
Im Nachgang der
Krankenkassenprüfung wurden die beanstandeten Fälle durch den Fachbereich 42
geprüft. Durch den Fachbereichsleiter 42 Herrn Beutert wurden insgesamt 6
Beanstandungen fachlich zurückgewiesen.
Am 20. November
2014 erfolgte die Abschlussbesprechung der Krankenkassenprüfung mit Herrn
Hupertz[2]. Im Rahmen dieser
Besprechungen die zurückgewiesenen Fälle erörtert und die Zurückweisungen als
rechtmäßig bestätigt. 17 Fälle (der insgesamt 235) wurden durch den FBL 42 als
fehlerhaft anerkannt. Dies entspricht einer Fehlerquote der
Krankenkassen-prüfung von 7,23 %.
Die entsprechenden
Nachforderungen wurden auf insgesamt 23.454,77 € gesenkt. Davon entfielen
16.988,73 € auf den Bereich Krankenversicherung, 1.184,04 € auf den Bereich
Pflegeversicherung und 5.282,00 € auf fällige Säumniszuschläge. Diese Beträge
wurden mit Bescheid des Bundesversicherungsamts, Bonn mit Bescheid vom
02.07.2015 geltend gemacht und durch das Jobcenter Landkreis Würzburg
beglichen.
2.
Wegfall des
Vorrangs der Familienversicherung im SGB II zum 01.01.2016
Mit Schreiben vom
22.04.2015 informierte der Deutsche Landkreistag über den Wegfall des Vorrangs
der Familienversicherung und notwendige Ummeldungen durch die Jobcenter.
„Mit Wirkung zum
1.1.2016 entfällt der Vorrang der Familienversicherung für Bezieher von
Arbeitslosengeld II mit der Folge, dass die bislang familienversicherten
Personen ab diesem Zeitpunkt versicherungspflichtig werden (Umsetzung des
Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der
gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-FQWG).
Im Zusammenhang
mit der Ummeldung von SGB II-Leistungsberechtigten (Abmeldung
Familienversicherung, Anmeldung Pflichtversicherung) greift ein
Krankenkassenwahlrecht der bisher familienversicherten Leistungsbezieher gemäß
§§ 173 bis 175 SGB V. Liegt zwei Wochen nach Beginn der Versicherungspflicht
keine Wahlerklärung des Versicherten vor, ist durch das Jobcenter wahlersetzend
die Anmeldung zur Pflichtversicherung zur letzten Krankenkasse vorzunehmen, §
175 Abs. 3 S. 2 SGB V.“
Die Auswirkungen
dieser Rechtsänderung werden anhand eines (einfachen)
Beispiels nachfolgend dargestellt:
Rechtsstand bis 31.12.2015:
Nach aktuellem
Krankenkassenrecht (SGB V) war es genügend, wenn ein Mitglied der
Bedarfsgemeinschaft (BG) als pflichtversichertes Mitglied bei der Krankenkasse
angemeldet wurde. Die übrigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (15.
Lebensjahr vollendet) dieser BG konnten als familienversichert bei der
entsprechenden Krankenkasse gemeldet werden. Für diese BG wurden monatliche
Beiträge i. H. v. 145,73 € für die Krankenversicherung und 24,12 € für die Pflegeversicherung
an den Gesundheitsfonds entrichtet.
Muster-BG |
|
Vater |
pflichtversichert |
Mutter |
familienversichert |
Kind 1 (17Jahre) |
familienversichert |
Kind 2 (15 Jahre) |
familienversichert |
Kind 3 (12 Jahre) |
muss vor Vollendung 15. Lebensjahr
noch nicht angemeldet werden |
Insgesamt wurden
für die oben abgebildete BG 169,85 € mtl. in den Gesundheitsfonds durch das
Jobcenter entrichtet.
Rechtsstand ab
01.01.2016:
Muster-BG |
|
Vater |
pflichtversichert |
Mutter |
pflichtversichert |
Kind 1 (17Jahre) |
pflichtversichert |
Kind 2 (15 Jahre) |
pflichtversichert |
Kind 3 (12 Jahre) |
muss vor Vollendung 15. Lebensjahr
noch nicht angemeldet werden |
Für alle 4
erwerbsfähigen Leistungsberechtigte (Vater, Mutter und die Kinder über 15.
Jahre) der BG muss eine Anmeldung bei der jeweiligen Krankenkasse als
pflichtversichertes Mitglied erfolgen. Insgesamt werden somit für alle 4
Personen Zahlungen an den Gesundheitsfonds fällig.[3]
Information
für die betroffenen Leistungsempfänger
Seit Juli 2015
wurde in den Bewilligungsbescheiden des Jobcenters Landkreis Würzburg folgender
Hinweistext aufgenommen:
Änderung
in der Krankenversicherung
Wegfall der Familienversicherung zum 01.01.2016
Ab dem 1.1.2016 werden grundsätzlich alle
Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung
und sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig, soweit sie nicht der
privaten Kranken- und Pflegeversicherung zuzuordnen sind. Der bisherige Vorrang
der Familienversicherung gilt dann nicht mehr.
Dies bedeutet, dass ab dem 1.1.2016 alle
leistungsberechtigten Personen, die bisher in der gesetzlichen
Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung familienversichert waren,
mit Vollendung des 15. Lebensjahres eigenständig in der gesetzlichen
Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert sind.
Diesen Personen steht als Mitgliedern der Krankenkasse zum 1.1.2016 auch die
Ausübung des Krankenkassenwahlrechts nach §§ 173 ff. SGB V zu.
Alle
Personen der Bedarfsgemeinschaft, die bisher familienversichert sind und zum
1.1.2016 das 15. Lebensjahr bereits vollendet haben, sind grundsätzlich
verpflichtet, dem Jobcenter binnen zwei Wochen – beginnend ab dem 1.1.2016 –
eine Mitgliedschaftsbescheinigung der Krankenkasse vorzulegen, bei der sie
versichert sein möchten (§ 175 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB V).
Dies kann die bisherige Krankenkasse oder
eine neu gewählte Krankenkasse sein. Das Jobcenter wird dann die Anmeldung bei
dieser Krankenkasse vornehmen. Sofern innerhalb der Frist von zwei Wochen keine
Mitgliedsbescheinigung vorgelegt wird, meldet das Jobcenter bei der
Krankenkasse an, bei der zuletzt die Familienversicherung bestand. Durch die
Wahl oder die Anmeldung durch das Jobcenter tritt eine Bindung an die
Mitgliedschaft von in der Regel 18 Monaten bei der bisherigen oder neuen
Krankenkasse ein.
Für
weitere Auskünfte setzen Sie sich bitte mit Ihrer Krankenkasse in
Verbindung.
Ab dem 17.09.15
wurde zusätzlich ein Aushang an der Infotafel des Jobcenters (im Bereich der
Infostelle (Zimmer 237)) mit entsprechenden Informationen zu dieser
Rechtsänderung vorgenommen.
Am 30.09.2015
wurden durch das Jobcenter Landkreis Würzburg insgesamt 381
Bedarfsgemeinschaften gezielt mit einem entsprechenden Informationsschreiben
angeschrieben. In den 381 Bedarfsgemeinschaften sind aktuell alle 449
Leistungsberechtigten enthalten, die von der abgebildeten Rechtsänderung
betroffen sind.
Für Mitte November
2015 (KW 47) ist ein weiteres Anschreiben geplant, in dem die betroffenen
Leistungsberechtigten aufgefordert werden, dem Jobcenter Landkreis Würzburg die
Unterlagen für einen etwaigen Krankenkassenwechsel bis spätestens zum
14.01.2016 vorzulegen.
Debatte:
Herr Kreisrat Eck
merkt aus seiner beruflichen Erfahrung an, dass die neuen Regelungen der
Familienversicherung eine große Arbeitserleichterung für die
Krankenversicherungen und Vereinheitlichung der Rechtslage darstellen und
sprach sein Lob für die Bemühungen der Verwaltung zur Information der Kunden
aus.
[1] Frau Rücker war die federführend verantwortliche Prüferin vor Ort im Zeitraum 01.09. – 15.09.2014.
[2] Herr Guido Hupertz ist Abteilungsleiter Versicherungs- und Leistungswesen, BKK Landesverband Süd, Regionaldirektion Hessen und Fachvorgesetzter der durchführenden Prüfer(in).
[3] Zur Höhe des Beitrages ab dem 01.01.2016 liegen (Stand: (29.09.2015)) noch keine Informationen durch den Deutschen-Landkreis-Tag bzw. durch die Spitzenverbände der Krankenkassen vor. Ebenfalls der zuständige Ansprechpartner des Jobcenters Würzburg bei der AOK Würzburg Herr Dominguez konnte noch keine genaue Beitragshöhe beziffern.
Beschluss:
Der Sozialausschuss hat die Ausführungen zum Ergebnis der Krankenkassenprüfung durch das Bundesversicherungsamt und zum Wegfall des Vorrangs der Familienversicherung zum 01.01.2016 zur Kenntnis genommen.