Sitzung: 28.03.2011 Sozialausschuss
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 8, Nein: 5, Anwesend: 13
Debatte:
Konkrete Nachfragen richten sich an die Festlegung in der Richtlinie,
den gesamten Landkreis als einen Vergleichsraum heranzuziehen (Kreisrat Herr Endres und Kreisrat
Herr Jungbauer).
Herr Blenk verweist nochmals
auf die Entscheidungsgrundlagen bei der Definition des homogenen
Vergleichsraumes und der Tatsache, dass hier auf den gesamten Lebens- und
Wohnbereich abgestellt werden muss. Eine besondere Rolle spielen hierbei auch
die verkehrstechnischen Möglichkeiten und die Rechtssprechung, dass Arbeitnehmern
hierbei Arbeitswege von 1 Stunde ohne Weiteres zugemutet werden. Der Landkreis
Würzburg liegt sicher unter diesem Schwellenwert. Des Weiteren verfügt nach
Umfrage keine Gemeinde des Landkreises über einen eigenen Mietspiegel. Die
Rückfrage der gängigen Praxis bei den Einrichtungen von Vergleichsräumen (Herr Kreisrat Jungbauer) verweist Herr Blenk auf die sehr
unterschiedliche Praxis. Großstädte wie München und Berlin stellen jeweils nur
einen Vergleichsraum dar. Der Landkreis Kitzingen hat zum Beispiel für jede
einzelne Gemeinde eigene Mietobergrenzen festgelegt.
Herr Kreisrat Mann stellt noch mal
deutlich die unterschiedliche Situation im Bereich des öffentlichen
Nachverkehrs in den südlichen Regionen des Landkreises heraus. Damit
widerspricht er der Aussage der räumlichen Nähe der vorhandenen Infrastruktur
und der verkehrstechnischen Verbundenheit, wovon in der Richtlinie ausgegangen
wird. Er hat die Befürchtung, dass damit bei der Weiterentwicklung des ÖPNV
eine gegenläufige Entwicklung erreicht werden könnte. Frau Kreisrätin Linsenbreder widerspricht ebenfalls der Tatsache
des homogenen Lebens- und Wohnbereiches im Landkreis.
Herr Puchalla vom Fachbereich
32 zeigt die aktuelle Rechtssprechung des BSG auf, die in einem Vergleichsraum
wie Berlin Fahrtzeiten von der Wohnung zum Arbeitsplatz von bis zu 2,5 Stunden
im Sinne eines homogenen Vergleichsraumes definiert. Des Weiteren stellt das
BSG in seinen Urteilen auf den Tatbestand ab, dass in allen Kommunen und in
jedem Bezirk Wohnungen im unteren Preissegment vorhanden sind. Diese
Feststellung kann nach Auswertung durch den Fachbereich 32 auch für die
Gemeinden des Landkreises festgestellt werden.
Frau Linsenbreder hält dem
entgegen, dass damit das Problem hoher Fahrtkosten und längerer
Kinderbetreuungszeiten wohl in Kauf genommen wird. Frau Linsenbreder ist deshalb gegen die vorgelegte Mietobergrenze,
da sie die Befürchtung hat, dass Hilfeempfänger, die in stadtrandnahen
Gemeinden leben, sobald sie in den Leistungsbezug geraten, gehalten sind,
umziehen zu müssen und damit aus den bewährten sozialen Bezügen herausfallen.
Auf die Notwendigkeit des Abweichens von Richtwerten aufgrund von
Besonderheiten des Einzelfalles wird in diesem Zusammenhang von der Verwaltung
nochmals hingewiesen.
Dazu gehören auch soziale und schulische Umfeldfaktoren.
Herr Kreisrat
Jungbauer schließt sich der Einschätzung von Frau
Kreisrätin Linsenbreder an und sieht als einen Indikator für die Einteilung
von Vergleichsräumen die Grundstücks-Quadratmeter-Preise in den einzelnen
Gemeinden. Von Seiten der Verwaltung wird ein Zusammenhang zwischen günstigen
Grundstückspreisen und günstigen Mieten für nicht schlüssig erachtet.
Herr Puchalla verweist darauf,
dass für die Bewertung des Wohnraumes die jeweilige Ausstattung und nicht der
zugrunde liegende Grundstückspreis heranzuziehen ist.
Herr Landrat Nuß bringt nochmals
ein, dass, wenn selbst Großstädte wie München und Berlin einen Vergleichsraum
darstellen, dann wohl auch davon ausgegangen werden kann, dass auch für den
Landkreis Würzburg im Sinne der vorliegenden Rechtssprechung von der
Einrichtung eines Vergleichsraumes ausgegangen werden kann.
Herr Blenk stellt nochmals
fest, dass derzeit Hilfeempfänger auf alle Gemeinden des Landkreises verteilt
sind und damit auch belegt werden kann, dass selbst in den Stadtrandgemeinden
entsprechend angemessener Wohnraum für Hilfeempfänger zur Verfügung steht. Es
ist weder eine Ghettoisierung festzustellen, noch dass es Gemeinden gäbe, in
denen keine Hilfeempfänger Wohnraum finden würden.
Frau Kolb vom Fachbereich
32 stellt noch mal fest, dass es bezüglich des Vergleichsraumes bisher nur
BSG-Entscheidungen im städtischen Bereich gibt, aber für Flächenlandkreise hier
noch keine entsprechenden Entscheidungen vorliegen.
Frau Kreisrätin
Reuther spricht die Problematik an, dass oft durch unzureichend ausgestatteten
einfachen Wohnraum erhöhte Verbrauchsnebenkosten z.B. bei der Heizung entstehen
können.
Herr Puchalla stellt hierzu
fest, dass die Kosten der Unterkunft immer als ein Paket aus Kaltmiete und Nebenkosten
gesehen werden muss und bei unzureichend ausgestatteten Wohnungen höhere
Nebenkosten dann oft durch geringere Grundmieten im Gesamtergebnis zu keinen
höheren Belastungen führen. Weiterhin können zu hohe Nebenkosten nicht
automatisch mit unwirtschaftlichem Verhalten begründet werden, wenn z.B. Mängel
in der Bausubstanz dafür ursächlich sind.
Herr Kreisrat
Endres erkundigt sich über die Vorgehensweise im Rahmen der
Mietsenkungsverfahren in Bezug auf die mögliche Unterstützung bei der Suche
nach günstigem Wohnraum sowie die anfallenden Umzugskosten. Hierzu wird
erläutert, dass der Fachbereich die Hilfeempfänger bei den nachzuweisenden
Eigenbemühungen unterstützen muss und auch die erforderlichen Umzugskosten
durch die Behörde zu gewähren sind. Sollten die Bemühungen nicht zum Erfolg
führen, sind die gegebenen tatsächlichen Mieten zu übernehmen.
Frau Kreisrätin
Schraud stellt aus ihrer beruflichen Erfahrung und der Abrechnung von Wohn- und
Nebenkosten im Immobilienbereich fest, dass die hier vorliegenden
Mietobergrenzen und die jeweiligen kalten und warmen Nebenkosten für die Stadt
und auch für die Stadtrandgemeinden realistisch sind und dass sich in dem
vorgegebenen Preissektor auch jederzeit Wohnungen im Landkreis finden lassen,
die nicht älter als 15 oder 20 Jahre sind.
Herr Schumacher vom Fachbereich
32 verweist nochmals auf die Notwendigkeit, dass immer auf den individuellen
Einzelfall abgestellt werden muss.
Herr Landrat Nuß bedankt sich ganz
besonders bei den Mitgliedern der Arbeitsgruppe, Frau Kolb,
Herrn Puchalla und Herrn Schumacher für die großartige Arbeit, die
sie mit der neuen Richtlinie erbracht haben.
Herr Landrat Nuß schließt
dann die Debatte und trägt den Beschlussvorschlag wie folgt vor:
Beschluss:
Der Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag die Verabschiedung der durch
den FB 32 ermittelten neuen Mietobergrenzen für den Landkreis Würzburg wie
folgt:
Haushaltsgröße |
Wohnfläche bis |
Preis/qm bis |
Grundmiete |
1 Person |
50 qm |
5,18 € |
259,00 € |
2 Personen |
65 qm |
5,05 € |
328,00 € |
3 Personen |
75 qm |
4,90 € |
368,00 € |
4 Personen |
90 qm |
4,55 € |
410,00 € |
5 Personen |
105 qm |
4,52 € |
475,00 € |
6 Personen |
120 qm |
4,48 € |
538,00 € |
7 Personen |
ab 120,01 qm |
4,22 € |
570,00 € |
für jede weitere Person 4,22 €/qm bis 15 qm = 63,30 € |