Sitzung: 18.05.2015 Sozialausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Sachverhalt:
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
(BMAS) hat ein neues Programm zur Eingliederung langzeitarbeitsloser
Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher des SGB II konzipiert, das aus
Mitteln des Bundes und des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert wird.
Menschen, die bislang weit vom Arbeitsmarkt entfernt waren, sollen in
sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse auf dem ersten
Arbeitsmarkt integriert werden. Nach Aufnahme der Beschäftigung werden die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch einen Coach begleitet und unterstützt. Bei
Bedarf sollen Qualifizierungen für teilnehmende Langzeitarbeitslose gefördert
und so mögliche Defizite ausgeglichen werden. Anfangs erhalten Arbeitgeber
Lohnkostenzuschüsse, die im Verlauf des Beschäftigungsverhältnisses abgeschmolzen
werden. Betriebsakquisiteure in den Jobcentern sollen Arbeitgeber ganz gezielt
für das Engagement für Langzeitarbeitslose gewinnen.
Das Programmvolumen beträgt rund 885
Millionen Euro. Der Anteil aus Mitteln des ESF beläuft sich auf rund 470
Millionen Euro. Der Europäische Sozialfonds ist das wichtigste Instrument der
Europäischen Union zur Förderung der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik in
Europa.
Das Jobcenter – Landkreis Würzburg hat im
Januar 2015 die Teilnahme an dem ESF-Bundesprogramm beantragt. Sofern das
Jobcenter – Landkreis Würzburg hierfür einen Zuschlag erhält, ist der Beginn
des Bundesprogrammes ab dem 01.08.2015 vorgesehen. Das Jobcenter beabsichtigt
50 Förderplätze (30 Normalförderung, 20 Intensivförderung) zu besetzen. Die
Teilnahme am Projekt ist freiwillig.
Förderfähige Zielgruppe für die
Normalförderung:
- mindestens 2 Jahre ohne Unterbrechung
arbeitslos (nicht die gesetzlich definierte ALO ¹)
- 35 (unter bestimmten Voraussetzungen
auch <35²)
- keinen oder keinen verwertbaren Berufsabschluss
- nicht anders integrierbar
Förderfähige Zielgruppe für die
Intensivförderung
- in den letzten 5 Jahren arbeitslos waren
und
- mindestens ein weiteres, in ihrer Person
liegendes Vermittlungshemmnis (wie etwa vermittlungsrelevante gesundheitliche
Einschränkungen, Behinderung bzw. Schwerbehinderung, keinen
Schulabschluss, über 50 Jahre, mangelnde deutsche Sprachkenntnisse)
aufweisen.
Bei Erteilung des Zuschlages wird ab
01.08.2015 ein Betriebsakquisiteur (BAQ) im Jobcenter eingestellt werden,
welcher gezielt auf Arbeitgeber zugeht um diese für die Einstellung von
Personen der Zielgruppe im Projekt zu gewinnen und zu beraten. Die
Betriebsakquisiteure sind ein zentrales Bindeglied zwischen Arbeitgeber,
Jobcenter und Coach des Arbeitnehmers. Sie stimmen sich hinsichtlich der
Unternehmensansprache eng mit dem Arbeitgeber-Service ab und nutzen auch dessen
Kontakte. Gleichzeitig arbeiten sie eng mit der bewerberorientierten
Vermittlung zusammen. Doppelstrukturen werden damit vermieden.
Eine Einstellung des Coaches ist anschließend
spätestens für den 01.11.2015 vorgesehen, da davon ausgegangen wird, dass bis
zu diesem Zeitpunkt die erste Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung gewährleistet ist.
Der Coach berät und unterstützt jeden
Teilnehmer während der Programmteilnahme – mindestens aber während der ersten
sechs Monate – mit dem Ziel, deren Leistungsvermögen zu steigern, das
Beschäftigungsverhältnis zu stabilisieren und sie dauerhaft in den allgemeinen
Arbeitsmarkt einzugliedern. Das Coaching erfolgt in der Regel im Rahmen von
einzelfallbezogenen Kontaktgesprächen, nach Vereinbarung mit dem Arbeitgeber
gegebenenfalls auch während der betrieblichen Arbeitszeit in den Räumlichkeiten
des Jobcenters oder beim Teilnehmer zu Hause.
Zum Ausgleich des insbesondere anfänglich
geminderten Leistungsvermögens der Teilnehmenden und des erhöhten
Einarbeitungsaufwands kann einem Arbeitgeber ein Lohnkostenzuschuss gewährt
werden, wenn er einen Teilnehmer des Programms in ein sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis in Voll- oder Teilzeit unbefristet oder für einen
Zeitraum von mindestens 24 Monaten einstellt. Die vereinbarte Arbeitszeit darf
eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden nicht unterschreiten.
Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber bei der
Normalförderung:
- Während
der sechsmonatigen Einstiegsphase beträgt der Lohnkostenzuschuss 75 % des
berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts.
- Während
der neunmonatigen Stabilisierungsphase beträgt der Lohnkostenzuschuss 50 %
des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts.
- Während
der dreimonatigen Leistungsphase beträgt der Lohnkostenzuschuss 25 % des
berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts.
- An
die Leistungsphase schließt sich eine sechsmonatige
Nachbeschäftigungspflicht an. Während dieser sechsmonatigen
Nachbeschäftigungsphase wird kein Lohnkostenzuschuss gewährt.
Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber bei der
Intensivförderung:
Bei Abschluss eines unbefristeten
Arbeitsvertrages kann für die Dauer von bis zu 36 Monaten durch Coaching und
Lohnkostenzuschüsse gefördert werden. Bei Abschluss eines befristeten
Arbeitsvertrages können bis zu einer Gesamtdauer von 24 Monaten
Förderleistungen gewährt werden.
- Einstiegsphase 12 Monate (Coaching 5
Stunden pro Woche, LKZ in Höhe von 75%)
- Stabilisierungsphase 12 Monate (Coaching
3 Stunden pro Woche, LKZ in Höhe von 65%)
- Bei unbefristeten AV: Leistungsphase 12
Monate (Coaching 1 Stunde pro Woche, LKZ in Höhe von 50%)
Erläuterung:
¹ arbeitslos im Sinne des Programms sind
Personen, die nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, d.h. aus
erwerbstätigen Leistungsberechtigten, die weniger
als 15 Stunden arbeiten. Sie
gelten nach dieser Richtlinie nicht als
arbeitslos. Unterbrechungen der ALO durch kurze Beschäftigungen von insgesamt bis zu drei Monaten oder 70 Arbeitstagen im Kalenderjahr und Krankheiten bis zu insgesamt 6 Wochen
im Kalenderjahr werden als Zeiten der ALO gezählt. An Maßnahmen der aktiven
Arbeitsmarktpolitik Teilnehmende gelten als nicht arbeitslos. Dies gilt nicht
für Zeiten
-
einer
Teilnahme an einer AGH (§ 16 d SGB II)
-
einer
Teilnahme an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 16
SGB II in Verbindung mit § 45 )
-
einer
Teilnahme an einer geförderten Förderung der beruflichen Weiterbildung, die
vorzeitig abgebrochen wurde (§ 16 SGB II in Verbindung mit den §§ 81 ff SGB
III)
² Teilnehmer, denen die Aufnahme einer
Berufsausbildung oder die Teilnahme an einer abschlussorientierten beruflichen
Weiterbildung (Voll- und Teilzeitqualifizierungen in einem anerkannten
Ausbildungsberuf, Externenprüfung, Teilqualifizierungen) aus in ihrer Person
liegenden Gründen nicht möglich ist (erweiterte Prognoseentscheidung) können
auch dann gefördert werden.
Debatte:
Auf Nachfragen der Sozialausschuss-Mitglieder erklärt die Verwaltung, dass der Betriebsakquisiteur nach den ESF-Richtlinien als externe Kraft neu eingestellt werden muss. Keine der bisher bestehenden Stellen im Jobcenter muss hierfür verwendet werden.
Beschluss:
Der Sozialausschuss nimmt die vorstehenden Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.