Sitzung: 03.11.2014 Sozialausschuss
Beschluss: einstimmig beschlossen
Sachverhalt:
I. Ausgangslage
Mit Beschluss des Kreistages vom 06.05.2011
wurden die aktuell gültigen Mietobergrenzen des Landkreises Würzburg für den
Rechtsbereich SGB II und SGB XII angepasst. Diese traten zum 01.07.2011 wie
folgt in Kraft:
Haushaltsgröße |
angemessene Wohnfläche lt. Wohnraumförderungsbestimmungen
2008 |
m²-Preis Netto-kalt- miete |
angemessene Grundmiete (angem. Fläche x Nettokaltmiete/m²) |
angemessene kalte Betriebs-kosten |
angemessene Unterkunfts-kosten (Brutto-kaltmiete) |
1 Person |
bis zu 50 m² |
5,175 € |
258,75 € |
56,25 € |
315,00 € |
2 Personen |
bis zu 65 m² |
5,049 € |
328,19 € |
73,12 € |
401,31 € |
3 Personen |
bis zu 75 m² |
4,902 € |
367,65 € |
84,38 € |
452,03 € |
4 Personen |
bis zu 90 m² |
4,549 € |
409,41 € |
101,25 € |
510,66 € |
5 Personen |
bis zu 105 m² |
4,517 € |
474,29 € |
118,12 € |
592,41 € |
6 Personen |
bis zu 120 m² |
4,485 € |
538,20 € |
135,00 € |
673,20 € |
7 Personen |
bis zu 135 m² |
4,217 € |
569,30 € |
151,87 € |
721,17 € |
jede weitere
Person jew. |
zusätzlich 15
m² |
4,217 € |
63,26 € |
16,87 € |
+ 80,13 € |
Hierbei wurde weiterhin der Auftrag an den
damaligen Fachbereich 32 (jetzigen Geschäftsbereich 4) erteilt, die
Fortschreibung der sich ergebenden Richtwerte durch-zuführen.
Mit Entscheidung des Bundessozialgerichts vom
22.09.2009 ist von jeder Kommune im Anwendungsbereich des § 22 SGB II ein für
den jeweiligen Vergleichsraum (= Landkreis Würzburg) schlüssiges Konzept der
Angemessenheit der Kosten der Unterkunft nachzuweisen.
Die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept
wurden durch weitere Rechtsprechungen des Bundessozialgerichts weiter
präzisiert. Nach den aktuellen Anforderungen ist es faktisch unmöglich, ein
schlüssiges Konzept zu erarbeiten, welches über einen längeren Zeitraum Bestand
hat. Das Bundessozialgericht fordert eine erneute Überprüfung der Mietober-grenzen,
sofern sich das tatsächliche Angebot in der zugrundeliegenden statistischen
Masse (tatsächliches Wohnraumangebot innerhalb des Landkreises Würzburg)
ändert. Das heißt: wenn ein Vermieter der beispielsweise über 10 – 15 Wohnungen
innerhalb des Landkreises Würzburg verfügt seine Mietpreise erhöht, verändert
sich die statistische Masse in einem solchen Umfang, dass eine Neubewertung der
angemessenen Kosten der Unterkunft nötig werden würde. Dies ist jedoch faktisch
nicht umsetzbar.
Prüfung
der Fortschreibung zweites Halbjahr 2012
Im zweiten Halbjahr 2012 wurde im Rahmen des
Auftrages vom Kreistag vom 06.05.2011 auf Fortschreibung der Richtwerte der
Mietobergrenze das tatsächliche Wohnraumangebot innerhalb des Landkreises
erneut überprüft. Hierbei ergaben sich jedoch keine signifikanten Veränderungen
der Mietpreise, so dass eine Notwendigkeit zur Anpassung der Mietobergrenzen
verneint wurde.
II.
Angemessenheit der Kosten der Unterkunft
Zur Ermittlung des tatsächlichen
Wohnraumangebots (als statistische Masse) wurden folgende Datenquellen
berücksichtigt:
a. Datenbestand OK Sozius über die aktuellen SGB II
Leistungsberechtigten des Jobcenters Landkreis Würzburg
b. Angebote aus der regionalen Tagespresse (Mainpost)
c. Angebote des Internetportals „Immowelt“
(www.immowelt .de) für den Landkreis Würzburg
Hierbei wurde der angemessene
Quadratmeterpreis aus dem unteren Quartil (unteres Viertel der statistischen
Masse) ermittelt (vgl. BSG vom 18.02.2010 – B14 AS 73/08 R).
Die Auswertungen bezogen sich hierbei auf den
Zeitraum September 12 bis April 14. Hierbei wurden 1.598 Datensätze aus OK
Sozius als Bestandsfälle, 1.599 Angebote aus der Mainpost und 948
Wohnraumangebote aus dem Internetportal Immowelt berücksichtigt.
A) Neuermittlung
angemessene Grundmiete
Bei der Auswertung des tatsächlichen
Wohnraumangebotes zeigte sich im Bereich der kleineren Wohnungen, insbesondere
der 1-Person-Wohnräume, ein signifikanter Anstieg. Dieser Aufwärtstrend trägt
der gestiegenen Studentenzahl in Würzburg Rechnung und der dadurch erhöhten
Nachfrage nach vorhandenen kleineren Wohnungen im unteren Preissegment. Bei
größeren Wohnungen zeigte sich sogar ein geringer rückläufiger Trend in den
Mietpreisen. Gegen diesen Trend zeigt sich die Kohorte der
7-Personen-Haushalte.
Aus Gründen des Bestandschutzes wird die
rückläufige Miettendenz bei 5-und 6-Personen- Haushalten nicht umgesetzt und
die bisherige Mietobergrenze zu Gunsten der betroffenen Kunden beibehalten.
B) Bewertung
der Nebenkosten
Die Nebenkosten werden
bei dem bisher festgesetzten Niveau von 1,125 € je qm2 belassen. Eine
Anpassung ist nicht notwendig.
Ein Abgleich mit dem
aktuellen Betriebskostenspiegel 2013 des Deutschen Mieterbundes für das
Abrechnungsjahr 2012 zeigte einen leicht rückläufigen Trend bei den
Nebenkosten. So wurden beispielsweise ein Rückgang der Kosten von Wasser /
Abwasser von 0,41 € (je qm2 und Monat) auf aktuell 0,35 € (je qm2
und Monat), gleichzeitig auch einen Anstieg bei den Sach- und
Haftpflichtversicherungen von 0,14 € auf 0,15 € (je qm2 und Monat),
Gemeinschaftsantenne und Kabelfernsehen von 0,13 € auf 0,14 € (je qm2
und Monat) und Schornsteinreinigung von 0,03 € auf 0,04 € (je qm2
und Monat) verzeichnet.
C) Bewertung
der Heizkosten
Die monatlichen
Heizkosten und die Kennzahlen für die einmalige Beschaffung von Heizbedarf müssen
nicht angepasst werden.
Da die Berechnungsgrößen
bei Heizbedarf bei der letztmaligen Festsetzung zum 01.07.2011 bereits
großzügig definiert wurden, ist eine Anpassung hier nicht notwendig. Hier wurde
ein Verbrauch von 200 kwh pro m2 berücksichtigungsfähiger
Wohnfläche zu Grunde gelegt. Nach dem Heizspiegel 2013 des Bundesministeriums
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit entspricht dies in den
ausgewiesenen Kategorien Heizöl, Erdgas und Fernwärme dem oberen Bereich der
Bandbreite der Einstufung „erhöhter“ Heizbedarf (siehe unten).
Quelle: Heizspiegel 2013, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit
III.
Neufestsetzung der Mietobergrenzen
A) Empfehlung
zum Inkrafttreten
Durch die
Bundesregierung wurde zum 01.01.2015 eine Erhöhung der Regelsätze für SGB
II-Bezieher (vgl. TOP 1) beschlossen. Somit empfiehlt es sich, die
Neufestsetzung der Mietobergrenzen ebenfalls zu diesem Zeitpunkt in Kraft
treten zu lassen. Dadurch wird vermieden, dass innerhalb eines kurzen
Zeitraumes sich zwei Änderungen für den Leistungsberechtigten und damit
verbundene Änderungsbescheide ergeben. Beide Änderungen könnten in einem
Änderungsbescheid umgesetzt werden.
B) Veränderungen durch die neue Mietobergrenze
MOG alt (Bruttokaltmiete) |
MOG neu (Bruttokaltmiete) |
Veränderung |
|
absolut |
prozentual |
||
315,00 € |
346,25 € |
31,25 € |
9,92% |
401,31 € |
418,00 € |
16,69 € |
4,16% |
452,02 € |
463,13 € |
11,11 € |
2,46% |
510,66 € |
530,55 € |
19,89 € |
3,89% |
592,41 € |
592,41 € |
0,00 € |
0,00% |
673,20 € |
673,20 € |
0,00 € |
0,00% |
721,17 € |
758,03 € |
36,86 € |
5,11% |
80,13 € |
80,13 € |
0,00 € |
0,00% |
a. Betroffene
Bedarfsgemeinschaften (mit aktueller Mietobergrenze)
Mit der aktuell gültigen
Angemessenheitsgrenze des Landkreises Würzburg sind 302[1]
von 1.738[2] Bedarfsgemeinschaften auf
die Mietobergrenze abgesenkt. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von
17,38 % aller Bedarfsgemeinschaften.
Die Verteilung stellt sich wie folgt dar:
Haushaltsgröße |
Anzahl BG |
Anteil (in %) der auf MOG gedeckelten BG |
Anteil (in %) aller
BG |
1 Person |
106 |
35,1 % |
6,1 % |
2
Personen |
73 |
24,2 % |
4,2 % |
3
Personen |
65 |
21,5 % |
3,7 % |
4
Personen |
36 |
11,9 % |
2,1 % |
5
Personen |
12 |
4,0 % |
0,7 % |
6
Personen |
6 |
2,0 % |
0,3 % |
7
Personen |
0 |
0 % |
0 % |
8
Personen |
4 |
1,3 % |
0,2 % |
b. Betroffene
Bedarfsgemeinschaften (mit neuer Mietobergrenze)
Mit der neuen
Angemessenheitsgrenze des Landkreises Würzburg wären 233 von 1.738 Bedarfsgemeinschaften auf die Mietobergrenze
abgesenkt. Somit ergäbe sich eine Reduzierung der betroffenen
Bedarfsgemeinschaften um 69 Bedarfsgemeinschaften (-
22,8 % (Basiswert 302 gedeckelte Bedarfsgemein-schaften). Dies würde einem
prozentualen Anteil von dann 13,41 % (- 3,97 %) aller Bedarfsgemeinschaften entsprechen.
|
Bisherige MOG |
Neue MOG |
||||
Haushaltsgröße |
Anzahl BG |
Anteil (in %) der auf MOG gedeckelten BG |
Anteil (in %) aller
BG |
Anzahl BG |
Anteil (in %) der auf MOG gedeckelten BG |
Anteil (in %) aller
BG |
1 Person |
106 |
35,1 % |
6,10 % |
76 |
32,6 % |
4,37 % |
2
Personen |
73 |
24,2 % |
4,20 % |
58 |
24,9 % |
3,34 % |
3
Personen |
65 |
21,5 % |
3,74 % |
53 |
22,7 % |
3,05 % |
4
Personen |
36 |
11,9 % |
2,07 % |
29 |
12,4 % |
1,67 % |
5
Personen |
12 |
4,0 % |
0,69 % |
11 |
4,7 % |
0,63 % |
6
Personen |
6 |
2,0 % |
0,35 % |
5 |
2,1 % |
0,29 % |
7
Personen |
0 |
0 % |
0,00 % |
0 |
0 % |
0,00 % |
8
Personen |
4 |
1,3 % |
0,23 % |
1 |
0,4 % |
0,06 % |
|
302 |
|
17,38 % |
233 |
|
13,41 % |
C) Monetäre
Auswirkungen für den Kreishaushalt
Auf Grund der
vorgeschlagenen neuen Mietobergrenze(n) würden sich Mehrkosten für den
Haushaltsansatz Kosten der Unterkunft SGB II im Kreishaushalt i. H. v.
jährlich 80.710,68 € ergeben.[3]
a. Weitere
unkalkulierbare Folgekosten
1.
Anpassung der Mieten
Es ist auf Grund
bisheriger Erfahrungswerte davon auszugehen, dass einige Vermieter im Landkreis
Würzburg auf die neuen Mietober-grenzen nach der Veröffentlichung reagieren. Es
wäre möglich, dass diese bei neu abzuschließenden Mietverträgen bewusst die
neuen Mietobergrenzen berücksichtigen, bzw. bei Bestandsverträgen in Form von
Mieterhöhungen reagieren.
Für diesen Bereich ist es jedoch nicht möglich, hinsichtlich der monetären
Auswirkungen für den Kreishaushalt, eine konkrete Aussage zur treffen.
2.
Übernahme von Nachzahlungen bei
Nebenkostenabrechnungen als Kosten der Unterkunft i. S. d. § 22 Abs. 1 SGB II
Für die 69
Bedarfsgemeinschaften (3,97 % aller BG (vgl. Punkt II. B) b) betroffene
Bedarfsgemeinschaften (mit neuer Mietobergrenze)
die nach der Neufestsetzung dann als „angemessen“ i. S. d. § 22 Abs. 1 SGB II
gelten, sind eventuelle Nachzahlungen im Rahmen der Nebenkostenabrechnungen zu
übernehmen.
Auch für diesen Bereich
ist es nicht möglich die monetären Auswirkungen zu beziffern.
Beschluss:
Der
Sozialausschuss beschließt, dass die vorgeschlagenen neuen Mietobergrenzen für
den Landkreis Würzburg zum 01.01.2015 in Kraft treten.