Beschluss: einstimmig beschlossen

Sachverhalt:

 I.       Ausgangslage

 

Mit Beschluss des Kreistages vom 06.05.2011 wurden die aktuell gültigen Mietobergrenzen des Landkreises Würzburg für den Rechtsbereich SGB II und SGB XII angepasst. Diese traten zum 01.07.2011 wie folgt in Kraft:

Haushalts­größe

 

angemessene Wohnfläche lt. Wohnraumförderungsbestimmungen 2008

m²-Preis Netto-kalt-

miete

angemessene Grundmiete

(angem. Fläche x Nettokaltmiete/m²)

angemessene kalte Betriebs-kosten

 

angemessene Unterkunfts-kosten (Brutto-kaltmiete)

1 Person

bis zu 50 m²

5,175 €

258,75 €

56,25 €

315,00 €

2 Personen

bis zu 65 m²

5,049 €

328,19 €

73,12 €

401,31 €

3 Personen

bis zu 75 m²

4,902 €

367,65 €

84,38 €

452,03 €

4 Personen

bis zu 90 m²

4,549 €

409,41 €

101,25 €

510,66 €

5 Personen

bis zu 105 m²

4,517 €

474,29 €

118,12 €

592,41 €

6 Personen

bis zu 120 m²

4,485 €

538,20 €

135,00 €

673,20 €

7 Personen

bis zu 135 m²

4,217 €

569,30 €

151,87 €

721,17 €

jede weitere Person jew.

zusätzlich 15 m²

4,217 €

63,26 €

16,87 €

+ 80,13 €

 

Hierbei wurde weiterhin der Auftrag an den damaligen Fachbereich 32 (jetzigen Geschäftsbereich 4) erteilt, die Fortschreibung der sich ergebenden Richtwerte durch-zuführen.

 

Mit Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 22.09.2009 ist von jeder Kommune im Anwendungsbereich des § 22 SGB II ein für den jeweiligen Vergleichsraum (= Landkreis Würzburg) schlüssiges Konzept der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft nachzuweisen.

Die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept wurden durch weitere Rechtsprechungen des Bundessozialgerichts weiter präzisiert. Nach den aktuellen Anforderungen ist es faktisch unmöglich, ein schlüssiges Konzept zu erarbeiten, welches über einen längeren Zeitraum Bestand hat. Das Bundessozialgericht fordert eine erneute Überprüfung der Mietober-grenzen, sofern sich das tatsächliche Angebot in der zugrundeliegenden statistischen Masse (tatsächliches Wohnraumangebot innerhalb des Landkreises Würzburg) ändert. Das heißt: wenn ein Vermieter der beispielsweise über 10 – 15 Wohnungen innerhalb des Landkreises Würzburg verfügt seine Mietpreise erhöht, verändert sich die statistische Masse in einem solchen Umfang, dass eine Neubewertung der angemessenen Kosten der Unterkunft nötig werden würde. Dies ist jedoch faktisch nicht umsetzbar.

 

Prüfung der Fortschreibung zweites Halbjahr 2012

Im zweiten Halbjahr 2012 wurde im Rahmen des Auftrages vom Kreistag vom 06.05.2011 auf Fortschreibung der Richtwerte der Mietobergrenze das tatsächliche Wohnraumangebot innerhalb des Landkreises erneut überprüft. Hierbei ergaben sich jedoch keine signifikanten Veränderungen der Mietpreise, so dass eine Notwendigkeit zur Anpassung der Mietobergrenzen verneint wurde.

 


 

II.       Angemessenheit der Kosten der Unterkunft

Zur Ermittlung des tatsächlichen Wohnraumangebots (als statistische Masse) wurden folgende Datenquellen berücksichtigt:

a.    Datenbestand OK Sozius über die aktuellen SGB II Leistungsberechtigten des Jobcenters Landkreis Würzburg

b.    Angebote aus der regionalen Tagespresse (Mainpost)

c.    Angebote des Internetportals „Immowelt“ (www.immowelt .de) für den Landkreis Würzburg

 

Hierbei wurde der angemessene Quadratmeterpreis aus dem unteren Quartil (unteres Viertel der statistischen Masse) ermittelt (vgl. BSG vom 18.02.2010 – B14 AS 73/08 R).

Die Auswertungen bezogen sich hierbei auf den Zeitraum September 12 bis April 14. Hierbei wurden 1.598 Datensätze aus OK Sozius als Bestandsfälle, 1.599 Angebote aus der Mainpost und 948 Wohnraumangebote aus dem Internetportal Immowelt berücksichtigt.

 

A)    Neuermittlung angemessene Grundmiete

 

Bei der Auswertung des tatsächlichen Wohnraumangebotes zeigte sich im Bereich der kleineren Wohnungen, insbesondere der 1-Person-Wohnräume, ein signifikanter Anstieg. Dieser Aufwärtstrend trägt der gestiegenen Studentenzahl in Würzburg Rechnung und der dadurch erhöhten Nachfrage nach vorhandenen kleineren Wohnungen im unteren Preissegment. Bei größeren Wohnungen zeigte sich sogar ein geringer rückläufiger Trend in den Mietpreisen. Gegen diesen Trend zeigt sich die Kohorte der 7-Personen-Haushalte.

Aus Gründen des Bestandschutzes wird die rückläufige Miettendenz bei 5-und 6-Personen- Haushalten nicht umgesetzt und die bisherige Mietobergrenze zu Gunsten der betroffenen Kunden beibehalten.

 

 

B)    Bewertung der Nebenkosten

 

Die Nebenkosten werden bei dem bisher festgesetzten Niveau von 1,125 € je qm2 belassen. Eine Anpassung ist nicht notwendig.

 

Ein Abgleich mit dem aktuellen Betriebskostenspiegel 2013 des Deutschen Mieterbundes für das Abrechnungsjahr 2012 zeigte einen leicht rückläufigen Trend bei den Nebenkosten. So wurden beispielsweise ein Rückgang der Kosten von Wasser / Abwasser von 0,41 € (je qm2 und Monat) auf aktuell 0,35 € (je qm2 und Monat), gleichzeitig auch einen Anstieg bei den Sach- und Haftpflichtversicherungen von 0,14 € auf 0,15 € (je qm2 und Monat), Gemeinschaftsantenne und Kabelfernsehen von 0,13 € auf 0,14 € (je qm2 und Monat) und Schornsteinreinigung von 0,03 € auf 0,04 € (je qm2 und Monat) verzeichnet.

 

 

C)    Bewertung der Heizkosten

 

Die monatlichen Heizkosten und die Kennzahlen für die einmalige Beschaffung von Heizbedarf müssen nicht angepasst werden.

 

Da die Berechnungsgrößen bei Heizbedarf bei der letztmaligen Festsetzung zum 01.07.2011 bereits großzügig definiert wurden, ist eine Anpassung hier nicht notwendig. Hier wurde ein Verbrauch von 200 kwh pro m2 berücksichtigungsfähiger Wohnfläche zu Grunde gelegt. Nach dem Heizspiegel 2013 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit entspricht dies in den ausgewiesenen Kategorien Heizöl, Erdgas und Fernwärme dem oberen Bereich der Bandbreite der Einstufung „erhöhter“ Heizbedarf (siehe unten).

 

      Quelle: Heizspiegel 2013, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

 

III.       Neufestsetzung der Mietobergrenzen

 

A)    Empfehlung zum Inkrafttreten

 

Durch die Bundesregierung wurde zum 01.01.2015 eine Erhöhung der Regelsätze für SGB II-Bezieher (vgl. TOP 1) beschlossen. Somit empfiehlt es sich, die Neufestsetzung der Mietobergrenzen ebenfalls zu diesem Zeitpunkt in Kraft treten zu lassen. Dadurch wird vermieden, dass innerhalb eines kurzen Zeitraumes sich zwei Änderungen für den Leistungsberechtigten und damit verbundene Änderungsbescheide ergeben. Beide Änderungen könnten in einem Änderungsbescheid umgesetzt werden.

 

 

B)     Veränderungen durch die neue Mietobergrenze

 

MOG alt                (Bruttokaltmiete)

MOG neu  (Bruttokaltmiete)

Veränderung

absolut

prozentual

315,00 €

346,25 €

31,25 €

9,92%

401,31 €

418,00 €

16,69 €

4,16%

452,02 €

463,13 €

11,11 €

2,46%

510,66 €

530,55 €

19,89 €

3,89%

592,41 €

592,41 €

0,00 €

0,00%

673,20 €

673,20 €

0,00 €

0,00%

721,17 €

758,03 €

36,86 €

5,11%

80,13 €

80,13 €

0,00 €

0,00%

 

a.    Betroffene Bedarfsgemeinschaften (mit aktueller Mietobergrenze)

 

Mit der aktuell gültigen Angemessenheitsgrenze des Landkreises Würzburg sind 302[1] von 1.738[2] Bedarfsgemeinschaften auf die Mietobergrenze abgesenkt. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 17,38 % aller Bedarfsgemeinschaften.

 

Die Verteilung stellt sich wie folgt dar:

 

Haushaltsgröße

Anzahl BG

Anteil (in %) der auf MOG gedeckelten BG

Anteil (in %)             aller BG

1 Person

106

35,1 %

6,1 %

2 Personen

73

24,2 %

4,2 %

3 Personen

65

21,5 %

3,7 %

4 Personen

36

11,9 %

2,1 %

5 Personen

12

4,0 %

0,7 %

6 Personen

6

2,0 %

0,3 %

7 Personen

0

0 %

0 %

8 Personen

4

1,3 %

0,2 %

 

 

b.    Betroffene Bedarfsgemeinschaften (mit neuer Mietobergrenze)

 

Mit der neuen Angemessenheitsgrenze des Landkreises Würzburg wären 233 von 1.738 Bedarfsgemeinschaften auf die Mietobergrenze abgesenkt. Somit ergäbe sich eine Reduzierung der betroffenen Bedarfsgemeinschaften um 69 Bedarfsgemeinschaften (- 22,8 % (Basiswert 302 gedeckelte Bedarfsgemein-schaften). Dies würde einem prozentualen Anteil von dann 13,41 % (- 3,97 %) aller Bedarfsgemeinschaften entsprechen.

     

 

 

Bisherige MOG

Neue MOG

Haushaltsgröße

Anzahl BG

Anteil (in %) der auf MOG gedeckelten BG

Anteil (in %)             aller BG

Anzahl BG

Anteil (in %) der auf MOG gedeckelten BG

Anteil (in %)             aller BG

1 Person

106

35,1 %

6,10 %

76

32,6 %

4,37 %

2 Personen

73

24,2 %

4,20 %

58

24,9 %

3,34 %

3 Personen

65

21,5 %

3,74 %

53

22,7 %

3,05 %

4 Personen

36

11,9 %

2,07 %

29

12,4 %

1,67 %

5 Personen

12

4,0 %

0,69 %

11

4,7 %

0,63 %

6 Personen

6

2,0 %

0,35 %

5

2,1 %

0,29 %

7 Personen

0

0 %

0,00 %

0

0 %

0,00 %

8 Personen

4

1,3 %

0,23 %

1

0,4 %

0,06 %

 

302

 

17,38 %

233

 

13,41 %

 

 

C)    Monetäre Auswirkungen für den Kreishaushalt

 

Auf Grund der vorgeschlagenen neuen Mietobergrenze(n) würden sich Mehrkosten für den Haushaltsansatz Kosten der Unterkunft SGB II im Kreishaushalt i. H. v. jährlich 80.710,68 € ergeben.[3]

 

 

 

a.    Weitere unkalkulierbare Folgekosten

 

1.         Anpassung der Mieten

 

Es ist auf Grund bisheriger Erfahrungswerte davon auszugehen, dass einige Vermieter im Landkreis Würzburg auf die neuen Mietober-grenzen nach der Veröffentlichung reagieren. Es wäre möglich, dass diese bei neu abzuschließenden Mietverträgen bewusst die neuen Mietobergrenzen berücksichtigen, bzw. bei Bestandsverträgen in Form von Mieterhöhungen reagieren.


Für diesen Bereich ist es jedoch nicht möglich, hinsichtlich der monetären Auswirkungen für den Kreishaushalt, eine konkrete Aussage zur treffen.

 

2.         Übernahme von Nachzahlungen bei Nebenkostenabrechnungen als Kosten der Unterkunft i. S. d. § 22 Abs. 1 SGB II

 

Für die 69 Bedarfsgemeinschaften (3,97 % aller BG (vgl. Punkt II. B) b) betroffene Bedarfsgemeinschaften (mit neuer Mietobergrenze)
die nach der Neufestsetzung dann als „angemessen“ i. S. d. § 22 Abs. 1 SGB II gelten, sind eventuelle Nachzahlungen im Rahmen der Nebenkostenabrechnungen zu übernehmen.

 

Auch für diesen Bereich ist es nicht möglich die monetären Auswirkungen zu beziffern.



[1] Datenbestand vom 07.10.2014

[2] Monatsbericht August 14( t-3 Zahlen)

[3] Hochrechnung basierend auf dem Datenbestand 07.10.2014


Beschluss:

Der Sozialausschuss beschließt, dass die vorgeschlagenen neuen Mietobergrenzen für den Landkreis Würzburg zum 01.01.2015 in Kraft treten.