Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 9, Nein: 3

Debatte:

 

Herr Andreas Schrappe, Diplom-Psychologe und Leiter des Evangelischen Beratungszentrums, trug mittels einer Power-Point-Präsentation (siehe Anlage) den Sachverhalt und die Antragsbegründung vor. Es folgte eine ausführliche Debatte über die Rechtmäßigkeit der Förderung von gerichtsnaher Beratung im Gerichtsgebäude zur Beschleunigung von Gerichtsverfahren und der Aufgabenstellung für die Jugendhilfe. Es wurde ferner darauf hingewiesen, dass das Evangelische Beratungszentrum als Beratungsstelle sich ca. 350 m vom Gerichtsgebäude weg befindet.

 

Jugendhilfeplaner Klaus Rostek zitierte aus der Jugendhilfeplanung 2010/2011, wonach die gerichtsnahe Beratung, zum damaligen Stand, als nicht notwendig und im Rahmen der geförderten Kapazitäten in der Trennungs- und Scheidungsberatung subsumiert werden kann.

 

       Auszug aus der Jugendhilfeplanung:

 

Die Jugendhilfeplanung hat 2010 den Bereich Beratungsangebote bearbeitet. Die Ergebnisse wurden am 29.11.2010 im Jugendhilfeausschuss und am 14.03.2011 im Kreistag beraten und verabschiedet. Zur gerichtnahen Beratung sind im Gliederungspunkt „5.5.1. Beratung im Kontext des neuen Familienrechts“ folgende Aussagen enthalten:

 

Kommentar:

Gerichtsnahe Beratung versteht sich als ein methodisches Konzept, das auch für Landkreiseltern im Rahmen des Gesamt-Landkreiszuschusses  für die Beratungsstellen EBZ und Ehe- Familienberatung der Diözese beinhaltet ist. Zum einen gibt es die gerichtsnahe Beratung mit Sprechzeiten in einem Beratungszimmer am Gericht, zum anderen werden vom Gericht Eltern an Beratungsstellen zur Beratung in deren eigenen Räumlichkeiten verwiesen; (der psychotherapeutische Beratungsdienst des SkF ist nicht an der gerichtsnahen Beratung beteiligt).

 

Handlungsempfehlungen:

Es wurde kein besonderer Bedarf zur Ausweitung bzw. Änderung im Handlungsfeld angemeldet. Alle in der Planungsgruppe geäußerten Bedarfe betreffen eher fachliche Aspekte und Verfahrensstandards. Diese lassen sich intern im Rahmen des Arbeitskreises Trennung und Scheidung bearbeiten. Ein darüber hinausgehendes Tätigwerden der Jugendhilfe ist nicht gefordert.

 

Herr Fachbereichsleiter Gabel betonte bei einer Blitzumfrage in den unterfränkischen Jugendamtsbezirken bis auf die Stadt Würzburg keine Rückmeldung bekommen zu haben, dass dort ähnliche Strukturen von Seiten der Jugendhilfe unterstütz werden. Viele Jugendamtsleitungen wussten überhaupt nicht was „gerichtsnahe Beratung“ beinhaltet und welche Aufgaben bzw. gesetzlichen Hintergrund diese habe.

 

Es handelt sich hier explizit um eine freiwillige Leistung. Aufgrund der Tatsache, dass ein Erstantrag am 31.07.2013 beim Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses eingegangen ist und dann nach weiteren Nachfragen zur Spezifizierung des Antrages erst am 04.09.2013 eine weitere Unterlage nachgereicht wurde. Herr Gabel betonte ausdrücklich, dass dies kein Verschulden der Verwaltung sei. Bereits im Januar dieses Jahres war das Thema in der Arbeitsgemeinschaft § 78 SGB VIII diskutiert worden. Von Seiten des Amtes für Jugend und Familie wurde bereits damals und zuletzt am 20.06.2013, eine rechtzeitige Antragstellung mit einer differenzierten Darstellung der Personalkapazitäten, der Kosten und der Anteile der Landkreisklienten angemahnt. Ebenfalls vermisst die Fachverwaltung eindeutige Leistungsbeschreibungen hinsichtlich Kernprozess- und Teilprozessen dieser Beratung. Die Begründung, dass die Wartelisten in den betreffenden Beratungsstellen zu lange seien und daher diese Beratung nicht in den Beratungsstellen geleistet werden könnte, ist nicht bewiesen. Die Ursachen für die lange Warteliste sollten von der Fachverwaltung untersucht werden.

 

Aufgrund dieser vielen Fragestellungen und Unklarheiten sah sich die Fachverwaltung außerstande, einen Beschlussvorschlag zu diesem Antrag dem Ausschuss vorzulegen. Es gäbe laut Sitzungsleiter Eberhard Nuß und Fachbereichsleiter Hermann Gabel 3 Möglichkeiten:

 

1.    Komplette Ablehnung des Antrages, wegen fehlender gesetzlicher Grundlage und Nichtzuständigkeit.

 

2.    Bewilligung des Antrages im vollen Umfang und somit eine weitere freiwillige Leistung auf Dauer in den Haushalt aufgenommen.

 

3.    Ablehnung für das Haushaltsjahr 2014 und intensive Prüfung der noch ausstehenden Fragen.

 

Vom Sitzungsleiter wurde die 3. Variante zur Abstimmung gestellt. Vor der Abstimmung wurde Herr Professor Gunter Adams, nach § 9 (2) der Geschäftsordnung des Jugendhilfeausschusses des Landkreises Würzburg, von der Abstimmung ausgeschlossen.


Beschluss:

 

1.    Der Antrag wird für das Haushaltsjahr 2014 abgelehnt.

 

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, vor Antragsprüfung eine umfassende Untersuchung der Wartelisten bei den Beratungsstellen Evangelisches Beratungszentrum Würzburg und Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Diözese Würzburg (beide durch den Landkreis Würzburg gefördert), vorzunehmen.

 

3.    Die Verwaltung wird beauftragt, das Angebot der sogenannten gerichtsnahen Beratung, hinsichtlich der Qualitätsanforderungen im Sinne des § 79a SGB VIII unter Zuhilfenahme des INSO Instituts GmbH, Essen, im Hinblick auf die Kern- und Teilprozesse, die Schnittstellen zu anderen Beratungsangeboten, sowie die jugendhilferechtliche Relevanz zu prüfen. Der Jugendhilfeausschuss wird sich in seiner Sitzung im Frühjahr 2015 erneut mit dieser Thematik beschäftigen.