Beschluss: einstimmig beschlossen

Sachverhalt:

 

Zu den nach dem Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB XII) zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt werden, soweit diese angemessen sind (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Mit Beschluss des Sozialausschusses vom 17.10.2022 wurden die aktuell gültigen abstrakt angemessenen Richtwerte (Mietobergrenzen) für die Unterkunft und Heizung des Landkreises Würzburg zum 01.01.2023 festgesetzt.

Dabei wurden die Nichtprüfungsgrenzen auf Grundlage des Heizenergieverbrauches als nahezu kostenunabhängigen Richtwert für die Aufwendungen für Heizung festgelegt.

Hintergrund dafür war, dass bei der Ermittlung der angemessenen Heizkosten die Einzelfallprüfung, also die konkret-individuelle Angemessenheitsprüfung, aufgrund der Vielzahl der den Heizbedarf beeinflussender Faktoren im Vordergrund steht. Da eine Festlegung von abstrakt angemessenen Heizkosten nur sehr schwer möglich ist, ist es nach der Rechtsprechung ausnahmsweise zulässig, eine Nichtprüfungsgrenze festzulegen, also einen Höchsttoleranzwert, bei dessen Unterschreitung im Einzelfall eine weitere Überprüfung der Heizkosten unterbleibt.[1] Es wird daher ab 01.01.2023 bei den Heizkosten auf Richtwerte im Sinne einer sogenannten Nichtprüfungsgrenze abgestellt.

Diese wurde auf Grundlage des bundesweiten Heizspiegels 2021 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit errechnet, da ein kommunaler Heizspiegel für den Landkreis Würzburg nicht vorlag/vorliegt.

Laut Gesetzesbegründung zum Bürgergeld (Drucksache 20/4360) sind Bezugspunkte für die Prüfung der Heizkosten der maximal anzuerkennende Energiebedarf nach dem jeweils zugrunde zu legenden Heizkostenspiegel und die aktuellen Energiekosten.

Mittlerweile liegt nun der aktualisierte Heizspiegel 2022 vor und die festgelegte Nichtprüfungsgrenze für die Aufwendungen für Heizung für den Landkreis Würzburg ist anzupassen.

 

Nach dem BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R wurden als Grenzwerte für angemessenen Heizkosten die Heizspiegel-Werte der Kategorie „zu hoch“ angesetzt. Überschreiten die Heizkosten diesen Grenzwert, werden diese als unangemessen angesehen (Nichtprüfungsgrenze). Hier wurde direkt auf die Verbrauchswerte aus dem Heizspiegel[2] Bezug genommen. Es wird außerdem auf die für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche abgestellt und insofern wird der Wert für extrem hohe Heizkosten nur bezogen auf die angemessene Quadratmeterzahl zu Grunde gelegt.

Eine Ausnahme besteht hier lediglich während der Karenzzeit, da hier auf die tatsächliche Wohnungsgröße abzustellen ist.

Die Verbräuche in Kilowattstunden des aktuellen Heizspiegels betragen für den Grenzwert zu hoch und für die Kategorie mit der kleinsten Gebäudewohnfläche wie folgt:

 

Erdgas            263 kWh je m² und Jahr

Heizöl  257 kWh je m² und Jahr

Fernwärme     249 kWh je m² und Jahr

Holzpellets     239 kWh je m² und Jahr

 

Da hier nur geringfügige Unterschiede der kWh je m² zwischen den Heizenergiearten liegen wird aus Verwaltungsvereinfachungsgründen wieder ein allgemein gültiger Wert für alle Heizenergiearten als Nichtprüfungsgrenze festgelegt. Aus Gründen der Verwaltungsökonomie und für eine Vereinfachung für die Kunden wurde bereits durch den Sozialausschuss des Landkreises Würzburg am 07.11.2016 beschlossen, beginnend ab dem 01.01.2017 keine Differenzierung hinsichtlich der Heizkostenart mehr vorzunehmen. Dies wird beibehalten. Die berechneten Verbräuche werden somit je nach Heizwert auf alle Heizenergiearten umgelegt.

Somit ergibt sich nach BSG- Rechtsprechung durch die Bildung des Mittelwerts nach dem aktuellen Heizspiegel aus 2022 somit einen Grenzwert des durchschnittlichen angemessenen Verbrauchs der vier maßgeblichen Heizenergiearten von 252 kWh.

Als Nichtprüfungsgrenze für angemessene Heizkosten bzw. Heizenergieverbräuche errechnet sich somit ein Wert von 252 kwh je m² pro Jahr.

Darin sind die Warmwasserkosten bereits enthalten, denn laut Heizspiegel haben 90 Prozent der zentral beheizten Wohn­häuser auch eine zentrale Warm­wasser­aufbereitung. Der Heizspiegel rechnet hier mit 24 kWh je m² pro Jahr für Warmwasser bei Erdgas, Heizöl, Fernwärme und Holzpellets. Ein angemessener Verbrauchswert für Heizung ohne Warmwasserkosten ist nach Berücksichtigung dieser Zahl somit 228 kWh je m² pro Jahr.

Somit ergeben sich die nachfolgenden Nichtprüfungsgrenzwerte:

 

            Heizenergieverbrauch mit Warmwasser                252 kWh pro m² pro Jahr

            Heizenergieverbrauch ohne Warmwasser 228 kWh pro m² pro Jahr

 

Liegen die geltend gemachten Heizkosten mit Ihren Verbrauchswerten unterhalb dieser Nichtprüfungsgrenze, wird somit von noch angemessenen Heizkosten ausgegangen.

Mit diesen Werten wurden nun je nach Heizenergieart und Heizwert individuell die Werte für die Jahresbedarfe/Nichtprüfungsgrenze für Heizkosten bzw. Heizenergieverbrauch inklusive Warmwasser und ohne Warmwasser bei dezentraler Warmwasseraufbereitung berechnet:

 


Bedarfs- und Richtwertübersicht angemessener Heizkosten nach Energieart - NICHTPRÜFUNGSGRENZE Heizungen MIT Warmwasser

Nichtprüfungsgrenze für angemessene Aufwendungen für Heizung/Jahr:

252

kWh

pro m² berücksichtigungsfähiger Wohnfläche

1-Personen-Haushalt

2-Personen-Haushalt

3-Personen-Haushalt

4-Personen-Haushalt

5-Personen-Haushalt

6-Personen-Haushalt

bis

Bis

bis

bis

bis

bis

Brennmaterial

 Heizwert

Jahresbedarf pro m² Wohnfläche

50

65

75

90

105

120

Erdgas

9,77

kWh/m³

25,79

1290,00

1677,00

1935,00

2322,00

2709,00

3096,00

Flüssiggas

12,77

kWh/kg

19,73

kg

987,00

kg

1283,00

kg

1481,00

kg

1777,00

kg

2073,00

kg

2369,00

kg

Biogas

5

kWh/m³

50,40

kWh/m³

2520,00

3276,00

3780,00

4536,00

5292,00

6048,00

Heizöl

9,94

kWh/l

25,35

kWh/l

1268,00

l

1648,00

l

1902,00

l

2282,00

l

2662,00

l

3043,00

l

Braun-/Steinkohle*

6,98

kWh/kg

36,10

kWh/kg

1806,00

kg

2347,00

kg

2708,00

kg

3250,00

kg

3791,00

kg

4333,00

kg

Holz nach Ster/Rm **

1571

kWh/Rm

0,16

kWh/Rm

8,10

Rm

10,50

Rm

12,10

Rm

14,50

Rm

16,90

Rm

19,30

Rm

Holz-Hackschnitzel

897,6

kWh/SRm

 0,28

kWh/SRm

14,10

Srm

18,30

Srm

21,10

Srm

25,30

Srm

29,50

Srm

33,70

Srm

Holz-Pellets

5

kWh/kg

50,40

kWh/kg

2520,00

kg

3276,00

kg

3780,00

kg

4536,00

kg

5292,00

kg

6048,00

kg

Holzbriketts

4,9

KWh/kg

51,43

KWh/kg

2572,00

kg

3343,00

kg

3858,00

kg

4629,00

kg

5400,00

kg

6172,00

kg

Fernwärme

1

KWh

252,00

KWh

12600,00

KWh

16380,00

KWh

18900,00

KWh

22680,00

KWh

26460,00

KWh

30240,00

KWh

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bedarfs- und Richtwertübersicht angemessener Heizkosten nach Energieart - NICHTPRÜFUNGSGRENZE Heizungen OHNE Warmwasser

Nichtprüfungsgrenze für angemessene Aufwendungen für Heizung/Jahr:

228

kWh

pro m² berücksichtigungsfähiger Wohnfläche

1-Personen-Haushalt

2-Personen-Haushalt

3-Personen-Haushalt

4-Personen-Haushalt

5-Personen-Haushalt

6-Personen-Haushalt

bis

bis

bis

bis

bis

bis

Brennmaterial

 Heizwert

Jahresbedarf pro m² Wohnfläche

50

65

75

90

105

120

Erdgas

9,77

kWh/m³

23,34

1167,00

1517,00

1751,00

2101,00

2451,00

2801,00

Flüssiggas

12,77

kWh/kg

17,85

kg

893,00

kg

1161,00

kg

1340,00

kg

1607,00

kg

1875,00

kg

2143,00

kg

Biogas

5

kWh/m³

45,60

kWh/m³

2280,00

2964,00

3420,00

4104,00

4788,00

5472,00

Heizöl

9,94

kWh/l

22,94

kWh/l

1147,00

l

1491,00

l

1721,00

l

2065,00

l

2409,00

l

2753,00

l

Braun-/Steinkohle*

6,98

kWh/kg

32,66

kWh/kg

1634,00

kg

2124,00

kg

2450,00

kg

2940,00

kg

3430,00

kg

3920,00

kg

Holz nach Ster/Rm **

1571

kWh/Rm

0,15

kWh/Rm

7,30

Rm

9,50

Rm

10,90

Rm

13,10

Rm

15,30

Rm

17,50

Rm

Holz-Hackschnitzel

897,6

kWh/SRm

0,25

kWh/SRm

12,70

Srm

16,60

Srm

19,10

Srm

22,90

Srm

26,70

Srm

30,50

Srm

Holz-Pellets

5

kWh/kg

45,60

kWh/kg

2280,00

kg

2964,00

kg

3420,00

kg

4104,00

kg

4788,00

kg

5472,00

kg

Holzbriketts

4,9

KWh/kg

46,53

KWh/kg

2327,00

kg

3025,00

kg

3490,00

kg

4188,00

kg

4886,00

kg

5584,00

kg

Fernwärme

1

KWh

228,00

KWh

11400,00

KWh

14820,00

KWh

17100,00

KWh

20520,00

KWh

23940,00

KWh

27360,00

KWh

*) Mittelwert aus Steinkohle und Braunkohle

**) Holz laut Bayerischer Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Merkblatt 12 https://www.lwf.bayern.de/service/publikationen/lwf_merkblatt/022952/index.php

Energieinhalt von Holz - LWF-Merkblatt 12 (bayern.de)

1 Fm (Festmeter) = 1,4 Rm/Ster (Raummeter) = 2,1 SRm (Schüttraummeter)

1 Rm/Ster = 0,7 Fm =1,5 SRm

1 SRm = 0,6 Rm/Ster = 0,5 Fm


Empfehlung der Verwaltung:

Die Aktualisierung der Nichtprüfungsgrenze für die Aufwendungen für Heizung für den Landkreis Würzburg auf Grundlage des Heizenergieverbrauches aus dem aktualisierten Heizspiegel wird empfohlen. Diese soll ab sofort für die Angemessenheitsprüfungen angewendet werden.

Des Weiteren wird um Zustimmung gebeten, dass die Nichtprüfungsgrenzen für die Aufwendungen für Heizung zukünftig ohne weiteren Beschluss des Sozialausschusses regelmäßig anhand des Heizspiegels aktualisiert werden dürfen.

 

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Sozialausschuss beschließt, dass die aktualisierten Nichtprüfungsgrenzen auf Grundlage des festgesetzten Energieverbrauchswertes für die Heizung für den Landkreis Würzburg mit sofortiger Wirkung in Kraft treten. Des Weiteren stimmt der Sozialausschuss der zukünftigen Aktualisierung der Nichtprüfungsgrenzen nach der Herausgabe von neuen Heizspiegeln auf dessen Grundlage zu.

 

 

 

Debatte:

 

Frau Lauer, Jobcenter Verwaltung, erläutert den Sachverhalt.

 

Der aktuelle Heizspiegel wird im Ratsinformationssystem hochgeladen werden.

 

Es sind keine weiteren Wortmeldungen vorhanden.

 



[1] Schreiben vom 04.04.2019 des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales zum Vollzug des SGB II; Abstrakte Angemessenheit Abstrakte Angemessenheit der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II und Erstellen eines „schlüssigen Konzepts“; Herausgabe interner kommunaler Richtlinien zur Angemessenheit an Bürger unter A.III.

https://www.stmas.bayern.de/imperia/md/content/stmas/stmas_inet/grundsicherung/190404_ams_schluessiges_konzept.pdf

[2] Quelle: Heizspiegel 2022, Herausgeberin co2online gemeinnützige GmbH, im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Er entsteht in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund e.V. und dem Verband kommunaler Unternehmen e.V.; Stand 09/2022 Daten und Grafik www.co2online.de https://www.heizspiegel.de/heizkosten-pruefen/heizspiegel/


Beschluss:

 

Der Sozialausschuss beschließt, dass die aktualisierten Nichtprüfungsgrenzen auf Grundlage des festgesetzten Energieverbrauchswertes für die Heizung für den Landkreis Würzburg mit sofortiger Wirkung in Kraft treten. Des Weiteren stimmt der Sozialausschuss der zukünftigen Aktualisierung der Nichtprüfungsgrenzen nach der Herausgabe von neuen Heizspiegeln auf dessen Grundlage zu.

 

Der Sozialausschuss wird darüber informiert.


Zur weiteren Veranlassung an FB 42

 

Zur Kenntnis an GB 4