Sitzung: 25.09.2023 Kreisausschuss
Beschluss: einstimmig beschlossen
Anlagen: Lösungskonzept_Verwaltungsgemeinschaft
Helmstadt
Powerpoint-Präsentation
Sachverhalt:
Nach mehreren Gesprächen
mit der Verwaltungsgemeinschaft Helmstadt (VG Helmstadt) zum Thema Standesamt,
hat die VG Helmstadt mit Schreiben vom 03.08.2023 dem Landratsamt Würzburg ein
Lösungskonzept Standesämter im Landkreis Würzburg zugesandt und darum gebeten
im Kreistag darüber zu beraten und ggf. einen Beschluss zu fassen. Diesem
Wunsch kommt Herr Landrat Eberth nach.
Die VG Helmstadt
hat folgende Lösungen angeregt:
-
„kleine“
oder „große“ Aufgabenübertragung auf den Landkreis Würzburg
-
„kleine“
oder „große“ Aufgabenübertragung auf einen Zweckverband
-
„Große“
Aufgabenübertragung auf die Stadt Würzburg
Von diesen kann
jedoch nur über eine Übertragung auf den Landkreis Würzburg durch den
Kreisausschuss/Kreistag beraten werden.
Die VG Helmstadt
begründet ihren Vorschlag damit, dass sie die Ansicht vertreten, dass mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass
in nicht allzu ferner Zukunft einige der noch im Landkreis Würzburg vorhandenen
Standesamtsbezirke insbesondere wegen des rasant steigenden bzw. schon akut
vorhandenen Fachkräftemangels in den Kommunalverwaltungen mit dem
ordnungsgemäßen Vollzug der ständig wachsenden, anspruchsvoller und
kostenintensiver werdenden Aufgaben Schwierigkeiten bekommen würden oder
zumindest die Stellvertretung für vorhandene Fachkräfte nicht mehr dauerhaft
sicher stellen können. Daher solle der Landkreis Würzburg zeitnah für seine
Landkreisgemeinden eine verlässliche Lösung bereitstellen bzw. ggf. die
betroffenen Standesamtsbezirke mit „Rat“ und im Bedarfsfall auch mit „Tat“
unterstützen.
Aktuell gibt es im
Landkreis Würzburg 20 Standesamtsbezirke. Zehn Gemeinden und zwei
Verwaltungsgemeinschaften (mit insgesamt vier Mitgliedsgemeinden) haben im
Landkreis Würzburg die Aufgaben ihres Standesamtsbezirks auf Grundlage des
Gesetzes zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (AGPStG) auf einen anderen
Standesamtsbezirk übertragen.
Es wurden folgende
Übertragungen im Landkreis Würzburg vorgenommen:
-
Gemeinde
Gaukönigshofen auf die Stadt Ochsenfurt seit 01.01.2004 (nach altem Recht)
-
Markt
Neubrunn auf die Gemeinde Waldbüttelbrunn seit 01.10.2014
-
Gemeinde
Eisingen auf die Gemeinde Waldbüttelbrunn seit 01.01.2017
-
VGem
Kist auf die Gemeinde Waldbüttelbrunn seit 01.04.2020
-
VGem
Kirchheim auf die VGem Giebelstadt seit 01.07.2015
-
Markt
Reichenberg auf die Stadt Würzburg seit 01.01.2016
-
Gemeinde
Leinach auf Gemeinde Margetshöchheim seit 01.11.2016
-
Markt
Zell a.M. auf die Stadt Würzburg seit 01.01.2018
-
Gemeinde
Theilheim auf die Stadt Würzburg seit 01.01.2018
-
Markt
Randersacker auf die Stadt Würzburg seit 01.03.2019
-
Gemeinde
Thüngersheim auf die Gemeinde Veitshöchheim seit 01.03.2020
-
Gemeinde
Kleinrinderfeld auf den Markt Höchberg seit 01.01.2023
Ein Standesamt
sollte grundsätzlich aus drei Standesbeamten bestehen. Einem Mitarbeiter mit
der Regelqualifikation (QE 3 oder ein BL II + zweiwöchiges Seminar mit Prüfung
und drei bis sechs Monaten Praktikum in einem Standesamt) und zwei weiteren
Standesbeamten (QE 2), die für ihre Tätigkeit eine Ausnahme von der unteren
Standesamtsaufsicht (staatliches Landratsamt) erhalten. Der Einsatz von
mindestens einem Mitarbeiter mit der Regelqualifikation in einem Standesamt ist
gesetzlich vom Freistaat Bayern vorgeschrieben.
Das AGPStG geht als
Sonderrecht dem Gesetz für die kommunale Zusammenarbeit (KommZG) vor, d.h. dass
die Übertragbarkeit der Aufgaben des Standesamts abschließend und ohne die Möglichkeit
der Übertragung auf einen Zweckverband geregelt ist. Daher scheidet die
vorgeschlagene Möglichkeit der Aufgabenübertragung auf einen Zweckverband
bereits auf Grund der Gesetzeslage aus. Bzgl. einer Übertragung auf die Stadt
Würzburg kann der Kreisausschuss/Kreistag mangels Zuständigkeit nicht beraten.
Daher kann einzig und allein über die Aufgabenübertragung auf den Landkreis
Würzburg beraten und ggf. beschlossen werden.
Es gibt
verschiedene Möglichkeiten zur Übertragung der Aufgabe des Standesamtes, die in
Art. 2 AGPStG abschließend geregelt sind. Bei der kleinen Aufgabenübertragung
bleiben die Standesamtsbezirke erhalten und nur die Durchführung der
Amtsgeschäfte wird auf ein anderes Standesamt übertragen. Die Ausgestaltung ist
einer Vereinbarung der Gemeinden vorbehalten – auch im Hinblick des
Personaleinsatzes.
Bei der großen
Aufgabenübertragung wird der ursprüngliche Standesamtsbezirk aufgelöst und die
abgebende Gemeinde verliert somit jegliches Mitspracherecht. Sowohl für die
kleine als auch für die große Aufgabenübertragung bedarf es nach Art. 2 Abs.1
AGPStG hierzu jeweils eines Beschlusses einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen
Zahl der Mitglieder des Gemeinderats und des Kreistags.
Der Stellenbedarf
des Landkreises Würzburg richtet sich danach, welche Übertragung gewünscht ist
und ob die abgebende Gemeinde bei der kleinen Übertragung noch eigenes Personal
einsetzen möchte. Bei einer großen Übertragung geht man davon aus, dass sich
der einzelne Standesbeamte spezialisieren kann und somit ggf. weniger Zeit für
den einzelnen Vorgang benötigt wird. Des Weiteren ist bei der Bedarfsermittlung
darauf abzustellen, wie viele Eheschließungen in touristischen Orten (z.B.
Veitshöchheimer Schloss usw.) durchgeführt werden und wie viele Alten- und
Pflegeheime und Geburtsstandstationen sich in dem neuen Standesamtsbezirk befinden.
Der Landkreis
Würzburg hat (zum Stichtag 31.03.2023) 165.504 Einwohner, aber keine
Geburtsklinik. Dennoch wird davon ausgegangen, dass das Standesamt auf
Landkreisebene einen Personalbedarf vergleichbar der Stadt Würzburg haben
dürfte.
Der Sachvortrag
erfolgt in der Sitzung.
Beschlussvorschlag:
Der Kreisausschuss
empfiehlt dem Kreistag, den Antrag abzulehnen.
Debatte:
Landrat Eberth führt in die Thematik kurz ein.
Frau Opfermann, Leiterin Geschäftsbereich Kommunales, Sicherheit und Verkehr, erläutert anhand einer Powerpoint-Präsentation die Aufgaben eines Standesamtes.
Landrat Eberth weist darauf hin, dass künftig das Thema „Selbstbestimmungsgesetz“ noch mehr eine Rolle spielen wird.
Frau Opfermann informiert über Anforderungen an einen Standesbeamten, die Aufgaben eines Standesamtes und über die Möglichkeiten der Aufgabenübertragung.
Sie erläutert den vorliegenden Antrag der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Helmstadt vom 04.08.2023 und die von der VG vorgeschlagenen drei Lösungen.
Kreisrat Juks fehlt hierbei eine vierte Variante, welche für ihn die Zusammenarbeit der VG Helmstadt zusammen mit anderer Kommune wäre.
Landrat Eberth stellt fest, dass es hier noch weitere Varianten gibt, z.B. könne man selbst als Gemeinde bzw. VG neue Leute ausbilden. Er weist darauf hin, dass es bereits einige Standesamtsregionen gibt, wo größere Gemeinden die Übertragung von kleineren Gemeinden mitbeschlossen haben.
Kreisrat Jungbauer fragt nach, ob es bereits einen Landkreis in Bayern gibt, bei dem das so angesiedelt ist.
Frau Opfermann verneint dies.
Kreisrat Fiederling stellt fest, dass die Zusammenlegung von Standesämtern verschiedener Gemeinden sicher einen Grund hat, sieht jedoch die Übertragung auf den Landkreis eher problematisch.
Landrat Eberth
erläutert den Beschlussvorschlag und unterstreicht, dass der Landkreis nicht
den Anspruch hat, dies für alle Gemeinden zu machen.
Bürgermeister Bachmann, Vorsitzender der VG Helmstadt, unterstreicht die nicht einfache Situation im Standesamt im Hinblick auf den Fachkräftemangel und erläutert die aktuelle Ist-Situation. Er informiert darüber, dass es vor kurzem gute Aussichten für eine Zusammenarbeit mit der Gemeinde Hettstadt gab, die sich dann jedoch wieder zerschlagen haben, und es hier Handlungsbedarf gibt.
Kreisrat Stichler fragt nach, ob es hier nicht doch die Möglichkeit eines Zweckverbandes gibt.
Frau Opfermann weist darauf hin, dass „namentlich“ kein Zweckverband Standesamt gegründet werden kann.
Kreisrat Stichler merkt an, dass wir als Landkreis sehr vorsichtig sein sollten. Er befürwortet den Zusammenschluss von Gemeinden, die gemeinsam diese bürgernahe Aufgabe übernehmen.
Kreisrat Jungbauer fragt an, ob ob es zu diesem Thema in der Vergangenheit bei den Standesamtskommunen des Landkreises bereits Abfrage gab. Evtl. wäre ein „offener Tisch“ Standesamt Nord-Ost-Süd-West eine Idee, um hier Perspektiven aufzumachen.
Kreisrat Lehrieder meint, dass das Standesamt bürgernah erfolgen solle, Gemeinden sollten sich zusammenschließen, da das auch kostensparend sein kann. Er empfiehlt der VG Helmstadt, nochmals mit Hettstadt zu reden. Einen Zweckverband oder die Übertragung auf das Landratsamt sieht er eher problematisch.
Landrat Eberth stellt fest, dass wir als Landratsamt auch Standesamtsaufsicht sind.
Kreisrat Fiederling fasst zusammen, dass das Problem vor Ort sicher da ist auch bei Kommunen. Vielleicht gibt es den Ansatzpunkt, durch Gespräche bzw. durch Kooperation hier die Situation bewusster zu machen. Der Kreistag kann nicht die Augen verschließen davor und den Antrag pauschal ablehnen.
Er unterstreicht, dass in dieser Sache der örtliche Bezug nicht so bedeutend ist und Kommunen sich zusammenschließen sollten. Moderation in dem Bereich wäre wünschenswert.
Kreisrat Jungbauer weist darauf hin, dass bei den Kommunen die Offenheit da sein müsse für einen Zusammenschluss.
Landrat Eberth
formuliert folgenden neuen Beschlussvorschlag:
Der Kreisausschuss
empfiehlt dem Kreistag, einer Übertragung nicht zuzustimmen und den Antrag
abzulehnen.
Der Kreisausschuss beauftragt
den Geschäftsbereich 1, zu eruieren, wie die Standes-amtssituation im Landkreis
Würzburg aussieht und einen runden Tisch mit Bürgermeistern
und Standesbeamten einzuberufen.
Beschlussvorschlag:
Der Kreisausschuss
empfiehlt dem Kreistag, den Antrag abzulehnen.
Beschluss:
Der Kreisausschuss
empfiehlt dem Kreistag, einer Übertragung
nicht zuzustimmen und den Antrag abzulehnen.
Der Kreisausschuss beauftragt
den Geschäftsbereich 1, zu eruieren, wie die Standes-amtssituation im Landkreis
Würzburg aussieht und einen runden Tisch mit Bürgermeistern
und Standesbeamten einzuberufen.
Zur weiteren
Veranlassung an GB 1
Zur Kenntnis an FB 14