Beschluss: einstimmig beschlossen

Anlagen:  Lösungskonzept_Verwaltungsgemeinschaft Helmstadt

   Powerpoint-Präsentation

 

 

Sachverhalt:

 

Nach mehreren Gesprächen mit der Verwaltungsgemeinschaft Helmstadt (VG Helmstadt) zum Thema Standesamt, hat die VG Helmstadt mit Schreiben vom 03.08.2023 dem Landratsamt Würzburg ein Lösungskonzept Standesämter im Landkreis Würzburg zugesandt und darum gebeten im Kreistag darüber zu beraten und ggf. einen Beschluss zu fassen. Diesem Wunsch kommt Herr Landrat Eberth nach.

 

Die VG Helmstadt hat folgende Lösungen angeregt:

-        „kleine“ oder „große“ Aufgabenübertragung auf den Landkreis Würzburg

-        „kleine“ oder „große“ Aufgabenübertragung auf einen Zweckverband

-        „Große“ Aufgabenübertragung auf die Stadt Würzburg

Von diesen kann jedoch nur über eine Übertragung auf den Landkreis Würzburg durch den Kreisausschuss/Kreistag beraten werden.

 

Die VG Helmstadt begründet ihren Vorschlag damit, dass sie die Ansicht vertreten, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass in nicht allzu ferner Zukunft einige der noch im Landkreis Würzburg vorhandenen Standesamtsbezirke insbesondere wegen des rasant steigenden bzw. schon akut vorhandenen Fachkräftemangels in den Kommunalverwaltungen mit dem ordnungsgemäßen Vollzug der ständig wachsenden, anspruchsvoller und kostenintensiver werdenden Aufgaben Schwierigkeiten bekommen würden oder zumindest die Stellvertretung für vorhandene Fachkräfte nicht mehr dauerhaft sicher stellen können. Daher solle der Landkreis Würzburg zeitnah für seine Landkreisgemeinden eine verlässliche Lösung bereitstellen bzw. ggf. die betroffenen Standesamtsbezirke mit „Rat“ und im Bedarfsfall auch mit „Tat“ unterstützen.

Aktuell gibt es im Landkreis Würzburg 20 Standesamtsbezirke. Zehn Gemeinden und zwei Verwaltungsgemeinschaften (mit insgesamt vier Mitgliedsgemeinden) haben im Landkreis Würzburg die Aufgaben ihres Standesamtsbezirks auf Grundlage des Gesetzes zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (AGPStG) auf einen anderen Standesamtsbezirk übertragen.

 

Es wurden folgende Übertragungen im Landkreis Würzburg vorgenommen:

 

-        Gemeinde Gaukönigshofen auf die Stadt Ochsenfurt seit 01.01.2004 (nach altem Recht)

-        Markt Neubrunn auf die Gemeinde Waldbüttelbrunn seit 01.10.2014

-        Gemeinde Eisingen auf die Gemeinde Waldbüttelbrunn seit 01.01.2017

-        VGem Kist auf die Gemeinde Waldbüttelbrunn seit 01.04.2020

-        VGem Kirchheim auf die VGem Giebelstadt seit 01.07.2015

-        Markt Reichenberg auf die Stadt Würzburg seit 01.01.2016

-        Gemeinde Leinach auf Gemeinde Margetshöchheim seit 01.11.2016

-        Markt Zell a.M. auf die Stadt Würzburg seit 01.01.2018

-        Gemeinde Theilheim auf die Stadt Würzburg seit 01.01.2018

-        Markt Randersacker auf die Stadt Würzburg seit 01.03.2019

-        Gemeinde Thüngersheim auf die Gemeinde Veitshöchheim seit 01.03.2020

-        Gemeinde Kleinrinderfeld auf den Markt Höchberg seit 01.01.2023

 

Ein Standesamt sollte grundsätzlich aus drei Standesbeamten bestehen. Einem Mitarbeiter mit der Regelqualifikation (QE 3 oder ein BL II + zweiwöchiges Seminar mit Prüfung und drei bis sechs Monaten Praktikum in einem Standesamt) und zwei weiteren Standesbeamten (QE 2), die für ihre Tätigkeit eine Ausnahme von der unteren Standesamtsaufsicht (staatliches Landratsamt) erhalten. Der Einsatz von mindestens einem Mitarbeiter mit der Regelqualifikation in einem Standesamt ist gesetzlich vom Freistaat Bayern vorgeschrieben.

Das AGPStG geht als Sonderrecht dem Gesetz für die kommunale Zusammenarbeit (KommZG) vor, d.h. dass die Übertragbarkeit der Aufgaben des Standesamts abschließend und ohne die Möglichkeit der Übertragung auf einen Zweckverband geregelt ist. Daher scheidet die vorgeschlagene Möglichkeit der Aufgabenübertragung auf einen Zweckverband bereits auf Grund der Gesetzeslage aus. Bzgl. einer Übertragung auf die Stadt Würzburg kann der Kreisausschuss/Kreistag mangels Zuständigkeit nicht beraten. Daher kann einzig und allein über die Aufgabenübertragung auf den Landkreis Würzburg beraten und ggf. beschlossen werden.

 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Übertragung der Aufgabe des Standesamtes, die in Art. 2 AGPStG abschließend geregelt sind. Bei der kleinen Aufgabenübertragung bleiben die Standesamtsbezirke erhalten und nur die Durchführung der Amtsgeschäfte wird auf ein anderes Standesamt übertragen. Die Ausgestaltung ist einer Vereinbarung der Gemeinden vorbehalten – auch im Hinblick des Personaleinsatzes.

 

Bei der großen Aufgabenübertragung wird der ursprüngliche Standesamtsbezirk aufgelöst und die abgebende Gemeinde verliert somit jegliches Mitspracherecht. Sowohl für die kleine als auch für die große Aufgabenübertragung bedarf es nach Art. 2 Abs.1 AGPStG hierzu jeweils eines Beschlusses einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Gemeinderats und des Kreistags.

 

Der Stellenbedarf des Landkreises Würzburg richtet sich danach, welche Übertragung gewünscht ist und ob die abgebende Gemeinde bei der kleinen Übertragung noch eigenes Personal einsetzen möchte. Bei einer großen Übertragung geht man davon aus, dass sich der einzelne Standesbeamte spezialisieren kann und somit ggf. weniger Zeit für den einzelnen Vorgang benötigt wird. Des Weiteren ist bei der Bedarfsermittlung darauf abzustellen, wie viele Eheschließungen in touristischen Orten (z.B. Veitshöchheimer Schloss usw.) durchgeführt werden und wie viele Alten- und Pflegeheime und Geburtsstandstationen sich in dem neuen Standesamtsbezirk befinden.

 

Der Landkreis Würzburg hat (zum Stichtag 31.03.2023) 165.504 Einwohner, aber keine Geburtsklinik. Dennoch wird davon ausgegangen, dass das Standesamt auf Landkreisebene einen Personalbedarf vergleichbar der Stadt Würzburg haben dürfte.

 

Der Sachvortrag erfolgt in der Sitzung.

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag, den Antrag abzulehnen.

 

 

Debatte:

 

Landrat Eberth führt in die Thematik kurz ein.

 

Frau Opfermann, Leiterin Geschäftsbereich Kommunales, Sicherheit und Verkehr, erläutert anhand einer Powerpoint-Präsentation die Aufgaben eines Standesamtes.

 

Landrat Eberth weist darauf hin, dass künftig das Thema „Selbstbestimmungsgesetz“ noch mehr eine Rolle spielen wird.

 

Frau Opfermann informiert über Anforderungen an einen Standesbeamten, die Aufgaben eines Standesamtes und über die Möglichkeiten der Aufgabenübertragung.

Sie erläutert den vorliegenden Antrag der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Helmstadt vom 04.08.2023 und die von der VG vorgeschlagenen drei Lösungen.

 

Kreisrat Juks fehlt hierbei eine vierte Variante, welche für ihn die Zusammenarbeit der VG Helmstadt zusammen mit anderer Kommune wäre.

 

Landrat Eberth stellt fest, dass es hier noch weitere Varianten gibt, z.B. könne man selbst als Gemeinde bzw. VG neue Leute ausbilden. Er weist darauf hin, dass es bereits einige Standesamtsregionen gibt, wo größere Gemeinden die Übertragung von kleineren Gemeinden mitbeschlossen haben.

 

Kreisrat Jungbauer fragt nach, ob es bereits einen Landkreis in Bayern gibt, bei dem das so angesiedelt ist.

 

Frau Opfermann verneint dies.

 

Kreisrat Fiederling stellt fest, dass die Zusammenlegung von Standesämtern verschiedener Gemeinden sicher einen Grund hat, sieht jedoch die Übertragung auf den Landkreis eher problematisch.

 

Landrat Eberth erläutert den Beschlussvorschlag und unterstreicht, dass der Landkreis nicht den Anspruch hat, dies für alle Gemeinden zu machen.

 

Bürgermeister Bachmann, Vorsitzender der VG Helmstadt, unterstreicht die nicht einfache Situation im Standesamt im Hinblick auf den Fachkräftemangel und erläutert die aktuelle Ist-Situation. Er informiert darüber, dass es vor kurzem gute Aussichten für eine Zusammenarbeit mit der Gemeinde Hettstadt gab, die sich dann jedoch wieder zerschlagen haben, und es hier Handlungsbedarf gibt.

 

Kreisrat Stichler fragt nach, ob es hier nicht doch die Möglichkeit eines Zweckverbandes gibt.

 

Frau Opfermann weist darauf hin, dass „namentlich“ kein Zweckverband Standesamt gegründet werden kann.

 

Kreisrat Stichler merkt an, dass wir als Landkreis sehr vorsichtig sein sollten. Er befürwortet den Zusammenschluss von Gemeinden, die gemeinsam diese bürgernahe Aufgabe übernehmen.

 

Kreisrat Jungbauer fragt an, ob ob es zu diesem Thema in der Vergangenheit bei den Standesamtskommunen des Landkreises bereits Abfrage gab. Evtl. wäre ein „offener Tisch“ Standesamt Nord-Ost-Süd-West eine Idee, um hier Perspektiven aufzumachen.

 

Kreisrat Lehrieder meint, dass das Standesamt bürgernah erfolgen solle, Gemeinden sollten sich zusammenschließen, da das auch kostensparend sein kann. Er empfiehlt der VG Helmstadt, nochmals mit Hettstadt zu reden. Einen Zweckverband oder die Übertragung auf das Landratsamt sieht er eher problematisch.

 

Landrat Eberth stellt fest, dass wir als Landratsamt auch Standesamtsaufsicht sind.

 

Kreisrat Fiederling fasst zusammen, dass das Problem vor Ort sicher da ist auch bei Kommunen. Vielleicht gibt es den Ansatzpunkt, durch Gespräche bzw. durch Kooperation hier die Situation bewusster zu machen. Der Kreistag kann nicht die Augen verschließen davor und den Antrag pauschal ablehnen.

Er unterstreicht, dass in dieser Sache der örtliche Bezug nicht so bedeutend ist und Kommunen sich zusammenschließen sollten. Moderation in dem Bereich wäre wünschenswert.

 

Kreisrat Jungbauer weist darauf hin, dass bei den Kommunen die Offenheit da sein müsse für einen Zusammenschluss.

 

Landrat Eberth formuliert folgenden neuen Beschlussvorschlag:

 

Der Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag, einer Übertragung nicht zuzustimmen und den Antrag abzulehnen.

 

Der Kreisausschuss beauftragt den Geschäftsbereich 1, zu eruieren, wie die Standes-amtssituation im Landkreis Würzburg aussieht und einen runden Tisch mit Bürgermeistern
und Standesbeamten einzuberufen.

 

 


Beschlussvorschlag:

 

Der Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag, den Antrag abzulehnen.

 

Beschluss:

 

Der Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag, einer Übertragung nicht zuzustimmen und den Antrag abzulehnen.

 

Der Kreisausschuss beauftragt den Geschäftsbereich 1, zu eruieren, wie die Standes-amtssituation im Landkreis Würzburg aussieht und einen runden Tisch mit Bürgermeistern
und Standesbeamten einzuberufen.

 


Zur weiteren Veranlassung an GB 1             

 

Zur Kenntnis an FB 14