Beschluss: zur Kenntnis genommen

Abstimmung: Ja: 0, Nein: 0, Anwesend: 0, Pers. beteiligt: 0

Anlage: Präsentation

 

 

Sachverhalt:

 

Die Thematik sexualisierter bzw. körperlicher Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen ist durch zahlreiche Missbrauchsskandale stärker ins das öffentliche Bewusstsein gedrungen. Wenn ein Missbrauchs- oder Misshandlungsfall aktenkundig wird und Ermittlungen eingeleitet werden, folgen derzeit für die Kinder oftmals mehrfache und re-traumatisierende Befragungen und Untersuchungen.

 

Durch ein übergreifendes Case-Management könnten Belastungen reduziert werden. Dies geschieht beispielweise in den sogenannten „Childhood Häusern“, die eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche mit Gewalterfahrungen bieten. In den Childhood Häusern kommen die beteiligten Stellen zu den Betroffenen, und nicht umgekehrt. Zur Zeit existieren bereits acht Childhood Häuser in Deutschland, am 15.06. wurde das erste für Bayern in München eröffnet.

 

Professor Dr. Romanos von der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik & Psychotherapie und Professor Dr. Härtel von der Kinderklinik und Poliklinik stellen das Konzept für ein Childhood Haus für die Region Würzburg vor.

 

 

Debatte:

 

Frau Kraft, Stadt Würzburg, führt in das Thema ein. Sie äußert, dass das Thema Kinderschutz allen sehr am Herzen liegt und dass es hier seit ca. 2019 eine sehr enge Kooperation und Vernetzung mit Prof. Dr. Romanos und Prof. Dr. Härtel und Stadt und Landkreis gibt. Im letzten Jahr gab es eine Podiumsdiskussion mit Kolleginnen und Kollegen der Justiz um zu sehen, was man hier tun kann.
Sie erläutert, dass das Modell Childhood Haus ursprünglich aus Schweden kommt und ist der Meinung, dass es wichtig ist, in Stadt und Landkreis voranzugehen.

 

Prof. Dr. Härtel, Uni Klinikum Würzburg, stellt das Konzept eines Childhood Hauses anhand einer Powerpoint-Präsentation vor und erläutert den aktuellen Planungsstand. Er informiert über die Zusage der Universität  für die Räumlichkeiten am Deutschen Zentrum für Präventionsforschung Psychische Gesundheit (DZPP), welche bereits vorliegt.

 

Landrat Eberth dankt Herrn Prof. Dr. Härtel für den Vortrag.

 

Oberbürgermeister Schuchardt stellt fest, dass dies ein sehr gutes Konzept ist, welches mittelbar auch Synergien in den Jugendämtern schaffen kann. Er weist auf die Informationen auf der Homepage hin, auf der man u.a. sieht, dass es ganz unterschiedliche Trägerstrukturen deutschlandweit gibt, vor allem auch dahingehend, wer in die Trägerschaften hineingeht.
Bei uns in Würzburg greift die Tatsache, dass die Universität das Projekt mit begleitet und so auch praxisorientiert die Außenwirkung auf andere Art maximiert. Oberbürgermeister Schuchardt bedankt sich im Anschluss für das tolle Engagement.

 

Landrat Eberth schließt sich den Ausführungen des Oberbürgermeisters an.

 

Stadtrat Kolbow bedankt sich ebenfalls bei Prof. Dr. Härtel.
Er führt aus, dass man sich bewusst machen muss, dass ein sicherer Raum nötig ist und die meisten Missbrauchsfälle im privaten Nahbereich stattfinden, teilweise im familiären Umfeld. Es ist leider nicht sichergestellt, dass „daheim“ eine sichere familiäre Situation stattfindet.
Wichtigster Aspekt hierbei ist, einen sicheren Raum zu schaffen, der nicht noch mehr Unsicherheit bringt. Deshalb ist es ihm besonders wichtig, das Projekt zu unterstützen.

 

Prof. Dr. Härtel dankt Herrn Kolbow für seine Worte und ergänzt, dass es das Eine ist, die kindgerechte und familiengerechte Umgebung zu schaffen. Das Andere ist es, alle Strategien auszunutzen, um ein gerichtsfestes Verfahren zu garantieren, wie z.B. Videotechnik usw.. Er ist dankbar, dass die Justiz und die Polizei hier dabei sind.

 

Kreisrätin Rothenbucher möchte wissen, wie man sich das Netzwerk vorstellen kann, wie dieses gestaltet und wie die praktische Umsetzung ist. Sie fragt nach, ob es eine Unterbringung wie in einer Klinik gibt und welches Personal dauerhaft vorgehalten werden soll.

 

Prof. Dr. Härtel führt aus, dass ein niederschwelliges Angebot/Case-Management geschaffen werden muss, um von dort alle weiteren Schritte zu organisieren. Von diesem Case-Management soll die Koordinierung erfolgen; bisher war das manchmal ein Problem. Es soll so koordiniert sein, dass alles zentriert ist auf eine einmalige Vorstellung des Kindes, damit entsprechendes Beweismaterial geliefert werden kann für ein gerichtsfestes Verfahren. Er weist auf die Wichtigkeit der Koordinierung hin. Prof. Dr. Härtel stellt fest, dass wir dies gemeinsam als Strategie deklarieren können.

 

Frau Kraft informiert weiter, dass dieses Case-Management in den allgemeinen Sozialdiensten organisiert werden soll. Es kann dann über die Rufbereitschaften entschieden werden, was ein Childhood-Fall ist. Sie unterstreicht die Tatsache, dass nicht nur ein Kind, sondern die ganze Familie betroffen ist. Im ganzen System des Jugendamtes kann anders agiert werden, da nicht noch eine Zwischenstelle bei einem freien Träger vorhanden ist, d.h. die Hilfe kommt schneller an. Auch das Familiensystem kann über den ASD flankierend unterstützt und das Ziel der Jugendämter damit besser verfolgt werden.

 

Landrat Eberth ergänzt, dass die Vernetzung Stadt-Land Jugendämter mit vielen Stellen sehr gut ist, jedoch die Koordinationsstelle, die zuarbeitet und vernetzt sehr wichtig ist.

 

Kreisrat Lehrieder stellt fest, dass das System sich erheblich vom System der Frauenhäuser unterscheidet und informiert, dass die Themen Missbrauchsfälle, Kindergewalt und Cybercrime auch in der Kinder-Kommission des Deutschen Bundestages thematisiert wurden. Er fasst zusammen, dass Anonymität und kindgerechter Umgang hier besonders wichtig ist und dass die Zahl der Inobhutnahmen insgesamt drastisch gestiegen ist.
Kreisrat Lehrieder weist darauf hin, dass es bei dem Konzept Childhood Haus keine Unterbringungsmöglichkeit i.S. von „Einrichtung“ gibt.

 

Prof. Dr. Härtel bestätigt dies. Man braucht ein niederschwelliges Angebot für Familien aber auch für betroffene Kinder, die sich ihren Eltern gegenüber nicht äußern möchten. Er informiert über die Qualitätsmerkmale, die ausschlaggebend für das Gütesiegel Childhood Haus sind. Dazu gehört neben der Vernetzung, dem Casemanagement durch die Jugendämter auch die ärztliche psychotherapeutische Versorgung.

 

Stadträtin Kerner fragt nach, ob man dann entsprechendes Fachpersonal habe, so dass man auch als Eltern Hilfe suchen kann, wenn man merkt, dass sich ein Kind verändert. Sie bezieht sich hierbei auf den Fall des Würzburger Logopäden.

 

Frau Kraft erläutert, dass der SKF sich spezialisiert hat, in solchen Fällen zu reagieren. Zudem fand eine Kinderfachtagung für pädagogisches Fachpersonal statt. Sie unterstreicht den Präventionsgedanken des Childhood Haus und dass insbesondere eine Sensibilisierung der Polizei, der pädagogischen Fachkräfte wichtig ist. Frau Kraft ergänzt, dass man ein großes und gutes Netzwerk in Würzburg Stadt und Land habe, ein Childhood Haus jedoch ein Quantensprung wäre, was den Kinderschutz angeht.

 

Prof. Dr. Härtel geht noch ein auf Kinder, die höchst vulnerabel sind, z.B. eine geistige Behinderung haben. Gerade hier ist es wichtig, dass man diese Kinder schützt und Aufklärung der Schulen und Kindergärten erfolgt.

 

Landrat Eberth fasst zusammen, dass wir hier auf einem guten Weg in der Zusammenarbeit sind und dankt nochmals Herrn Prof. Dr. Härtel und Frau Kraft für die Ausführungen.

 


Zur Kenntnis an GB 3