Sitzung: 15.05.2023 Kreistag
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 55, Nein: 2, Anwesend: 57
Anlage/n:
Präsentation
Hitzeaktionsplan
stadt.land.wü. Stand April 2023
Sachverhalt:
Die Sachstandsberichte
des Weltklimarates IPCC (z. B. IPCC 2021) zeigen: Das globale Klima verändert
sich und die Auswirkungen dieser Entwicklung sind bereits heute spürbar. Der
vergangene Sommer 2022 brach europaweit alle Rekorde und war auch in
Deutschland einer der wärmsten und sonnigsten seit Beginn der
Wetteraufzeichnungen.
Auch in Stadt und
Landkreis Würzburg ist diese Entwicklung ersichtlich. Insbesondere die Jahre
2018 bis 2022 sind - mit einer Abweichung von bis zu +2,5 Grad °C - von
deutlich höheren jährlichen Jahresmitteltemperaturen im Vergleich zum
langjährigen Mittel (1961-1990) geprägt. Im Verlauf seit 1961 ist an der Messstation
des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Würzburg/Keesburg (stellvertretend für
Stadt und Landkreis Würzburg) zudem ein deutlicher Trend zur Temperaturzunahme zu
erkennen.
Darüber hinaus zeigt
der „Klimabericht für Unterfranken“ der Universität Würzburg mit seinen
Projektionen für die Zukunft, dass im Hotspot Unterfranken, und insbesondere in
Stadt und Landkreis Würzburg, von einer weiteren Intensivierung der
Hitzebelastung auszugehen ist.
Auf Grund der
steigenden Temperaturen treten extreme Wettereignisse in der Region immer
häufiger auf. Insbesondere Trockenheit und Hitzewellen sind und werden somit
zur großen Herausforderung für die Natur und die Tierwelt, aber auch für den
Menschen.
So betont auch die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) in ihrem Spezialreport 2018 zu Gesundheit und Klimawandel die
Bedeutsamkeit des Klimas für die Gesundheit und bezeichnet den Klimawandel als
die größte Herausforderung für die Gesundheit im 21. Jahrhundert.
Denn extreme Hitze,
vor allem über einen längeren Zeitraum andauernd, kann vielfältige gesundheitliche
Folgen mit sich bringen. Bestehende Erkrankungen (z.B. Asthma,
Nierenerkrankungen) können verstärkt und neue Gesundheitsprobleme ausgelöst
werden. Insbesondere bei bestimmten Risikogruppen (u.a. Ältere,
Pflegebedürftige, Personen mit Vorerkrankung, Säuglinge und Kleinkinder) kann
große Wärmebelastung zu einer besonderen Beanspruchung des menschlichen
Organismus führen.
Die gesundheitlichen
Hitzefolgen machen sich in einer erhöhten Inanspruchnahme des Rettungsdienstes
sowie vermehrten Krankenhausaufenthalten bemerkbar. Darüber hinaus führt eine
übermäßige Hitzebelastung zu einem Anstieg an hitzebedingten Todesfällen. Die
geschätzte Anzahl hitzebedingter Sterbefälle in Deutschland im Jahr 2022 beispielsweise
beläuft sich laut dem RKI
(Epidemiologisches Bulletin 42/2022) auf 4.500.
Um die Bürger*innen
vor diesen Gesundheitsgefahren durch Hitze zu schützen, sah die 93.
Gesundheitsministerkonferenz (GMK) im Herbst 2020 in ihrem Beschluss eine
Erstellung kommunaler Hitzeaktionspläne bis zum Jahr 2025 als erforderlich an. Ziel
der Hitzeaktionspläne sei es, mittels unterschiedlicher präventiver Maßnahmen
die gesundheitlichen Folgen von Hitze abzumildern und hitze-
und UV-Strahlungsbedingte Erkrankungen und Todesfälle zu vermeiden. Zur
Umsetzung durch Länder und Kommunen wird auf die „Handlungsempfehlungen zur Erstellung von
Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ der ehemaligen
Bund/Länder Ad-hoc Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des
Klimawandels (GAK)“ von 2017 verwiesen.
Stadt und Landkreis Würzburg haben sich dem Aufruf der GMK angenommen und als eine der ersten bayerischen Kommunen die Erarbeitung eines kommunalen Hitzeaktionsplans verfolgt. Aufgrund der engen Verknüpfung zwischen Umwelt- und Gesundheitsbelangen haben sich stellvertretend die Stabsstelle Klima und Nachhaltigkeit der Stadt Würzburg (inhaltliche Federführung) sowie die Gesundheitsregion plus Stadt und Landkreis Würzburg (Vernetzung & Koordination der Maßnahmenumsetzung) der Aufgabe gewidmet hat.
Unter Beteiligung zahlreicher weiterer Dienststellen und Fachbereiche von Stadt und Landkreis sind in dem vorliegenden gemeinsamen Hitzeaktionsplan (HAP) nun verschiedenste Maßnahmen zur Hitzeanpassung gebündelt. Dabei ist aufgeführt, welche Aktivitäten im Vorfeld und während eines Hitzeereignisses durch die Verwaltungsstellen im jeweiligen Wirkungskreis angestoßen und umgesetzt werden können, um den verstärkten Belastungen durch hohe Temperaturen zu begegnen. Kategorisiert sind die Maßnahmen jeweils nach dem zeitlichen Rahmen, in dem die Umsetzung angedacht ist: langfristig, saisonal und kurzfristig. Sie sind außerdem folgenden Handlungsfeldern zugeordnet:
§ Zentrale Koordinierung und
interdisziplinäre Zusammenarbeit
§
Nutzung
des Hitzewarnsystems
§
Zielgruppenübergreifende
Information und Kommunikation
§
Reduzierung
von Hitze in Innenräumen
§
Vorbereitung
der Gesundheits- und Sozialsysteme unter besonderer Berücksichtigung von
Risikogruppen
§
Stadtplanung
und Bauwesen
§
Monitoring
und Evaluierung der Maßnahmen
Von der Sensibilisierung der breiten Bevölkerung über die Fortbildung
zielgruppenrelevanter Multiplikator*innen bis hin zur Förderung von kühlen
Orten im Öffentlichen Raum ist im HAP eine große Bandbreite an Aktivitäten
enthalten.
Genauso breit stellt sich auch das Akteursfeld dar, das eine
gute Vernetzung und interdisziplinäre Zusammenarbeit unabdingbar macht. Zur Begleitung
des Hitzeaktionsplans wurde daher eine Arbeitsgruppe „Klimawandel und
Gesundheit“ gegründet. Neben den relevanten Dienststellen der Stadt- und
Landkreisverwaltung sind hier auch weitere (kommunale) Akteur*innen aus dem
Gesundheits- und Sozialbereich vertreten, die insbesondere die Risikogruppen
ansprechen können. Die konkrete Koordination wird zudem künftig durch ein
Steuerungsgremium bestehend aus der Stabsstelle Klima und Nachhaltigkeit der
Stadt Würzburg, dem Stabsstellenfachbereich Klimaschutz, Energiewende und
Mobilität (SFB7) und der Gesundheitsregion plus Stadt und Landkreis Würzburg
(FB61) erfolgen.
Die Verwaltung treibt die Umsetzung der aufgeführten Maßnahmen
sukzessive voran. Sie bereitet erforderliche Entscheidungen vor beziehungsweise
arbeitet Umsetzungsvorschläge aus und legt diese zur Beschlussfassung vor.
Entscheidungen über die Umsetzung von vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen mit
Verfügbarmachung von Haushaltsmitteln obliegen dem Kreistag beziehungsweise den
hierfür zuständigen Ausschüssen.
Der vorliegende Hitzeaktionsplan ist nicht als abschließendes Dokument zu verstehen und wird in Zusammenarbeit mit den beteiligten Dienststellen und Fachbereichen in regelmäßigen Abständen evaluiert und weiterentwickelt werden. Die Verwaltung berichtet in regelmäßigen Abständen zur Umsetzung des Hitzeaktionsplans.
Weitere Inhalte sind der Anlage zu entnehmen.
Beschlussvorschlag:
Der Kreistag stimmt dem Hitzeaktionsplan für Stadt und Landkreis Würzburg in der vorliegenden Fassung zu.
Debatte:
Frau Walter erläutert anhand einer Präsentation den Hitzeaktionsplan.
Kreisrat Seifert ist verwundert darüber, dass dieses Konzept seit 2020 vorliegt und keine andere Kommune sich damit beschäftigt habe. Er ist der Meinung, dass es den Landkreis zu wenig betreffe und für Klimaschutz kein eigener Fachbereich gegründet werden muss. Vieles werde bereits durch andere Fachbereiche abgedeckt.
Kreisrat Winzenhörlein findet es gut, dass Stadt und Landkreis beim Hitzeaktionsplan zusammenarbeiten. Die Umsetzung im Landkreis werde sich aber schwierig gestalten, da der Landkreis seinen Kommunen nichts vorschreiben könne. Trotzdem könne Wissen gebündelt werden und in beratender Funktion vom Fachbereich für Klimaschutz weitergegeben werden. Er denke dabei an Begrünung im Allgemeinen, Fassaden- und Freiflächengestaltung und Bewässerung. Trinkbrunnen und Füllstationen könnten gefördert werden. Der Landkreis könne bei eigenen Gebäuden und Flächen selbst tätig werden.
Beim Thema Mobilität sollte der Radwegebau und der Ausbau des ÖPNV weiterhin unterstützt werden.
Bei der Innenentwicklung sollte der Denkmalschutz nicht nur vorangetrieben werden, sondern klimagerechtes Bauen unterstützt und gefördert werden.
Kreisrat Henneberger begrüßt es, dass der Hitzeaktionsplan vom Gesundheitsbereich aufgestellt wurde. Weniger gefallen habe ihm, dass der Plan irgendwann evaluiert werde. Ihm sei eine konkrete Umsetzung wichtig. Auch Maßnahmen des Einzelnen wirken sich auf das Klima aus.
Beschluss:
Der Kreistag stimmt dem Hitzeaktionsplan für Stadt und Landkreis Würzburg in der vorliegenden Fassung zu.
Zur weiteren
Veranlassung an FB 61
Zur Kenntnis an GB 6