Sitzung: 16.04.2012 Sozialausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Sachverhalt:
Nachdem das Jobcenter des Landkreises am
bundesweiten Benchmarking teilnimmt, ergeben sich im Rahmen des nun folgenden
Tätigkeitsberichtes gute Vergleiche der Entwicklungen der Fallzahlen in unserem
Jobcenter.
Durch die bundesweit geführte Statistik
ergeben sich im Rahmen des Benchmarking gute Vergleichsmöglichkeiten mit den
eigenen Entwicklungen im Bereich der Kennzahlen.
Frau
Schäfer bittet nun Herrn Blenk um
entsprechende Darstellung.
Herr
Blenk erläutert das grundsätzliche Prinzip der Arbeit in den bundesweiten
Vergleichsringen und die damit gegebene Vergleichbarkeit der eigenen
Einrichtung mit den anderen bundesweit 68 Optionskommunen.
Die Kennzahlen-Auswertungen lassen
Rückschlüsse auf die Zielerreichung der inzwischen verpflichtenden
Zielvereinbarungen zu und ermöglichen ausführliche Analysen zu einzelnen
Kennzahlen oder zu einzelnen Maßnahmeverläufen.
Im Hinblick auf die immer weiter
ausdifferenzierte Zielgruppenarbeit gelingt es durch die Arbeit im
Vergleichsring bewährte Maßnahmen anderer in das eigene Portfolio aufzunehmen.
Herr
Blenk verweist auf die den Ausschussmitgliedern vorgelegte
Powerpoint-Präsentation zum Jahresbericht 2011 und geht auf die einzelnen
Entwicklungen wie folgt ein:
Bedarfsgemeinschaften
Die grafische Darstellung der Entwicklung
der Bedarfsgemeinschaften im Verhältnis 2010 zu 2011 zeigt, dass auch im Jahr 2011
eine weiterhin kontinuierliche Abnahme bei den Bedarfsgemeinschaften
festzustellen ist, jedoch die Abnahme nicht in dem gleichen Ausmaß von statten
gegangen ist wie im Jahr 2010.
Zum Stichtag –jeweils 31.12.- waren im Jahre 2010
insgesamt 1.826 Bedarfsgemeinschaften zu betreuen, während es zum Stichtag in
2011 1.752 Bedarfsgemeinschaften waren. Mit diesem Wert ist der niedrigste
Bestand an Bedarfsgemeinschaften für den Landkreis Würzburg seit bestehen der
Option zum 01.01.2005 zu registrieren.
Im Bezug auf die Entwicklung der
Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehender wird Handlungsbedarf gesehen, da hier
im Verhältnis zu den Gesamtbedarfsgemeinschaften eine unterproportionale
Reduzierung der Bedarfsgemeinschaften erfolgt ist. Dies sollte Ansatzpunkt sein
für die später zu diskutierende Spezialisierung im Bereich der Betreuung
alleinerziehender Bedarfsgemeinschaften.
Typisierung
der Bedarfsgemeinschaften
Ebenfalls zum Stichtag 31.12.2011 wurde eine
Typisierung der Bedarfsgemeinschaften vorgenommen. Hier lässt sich im Vergleich
feststellen, dass vor allen Dingen die sogenannten Single-BGs mit 53 % den
größten Anteil innerhalb der Bedarfsgemeinschaften einnehmen. Auch hier ist im
Vergleich der letzten beiden Jahre ein kontinuierlicher Anstieg der
Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft zu den Mehr-Personen-Bedarfsgemeinschaften
festzustellen.
Im Umkehrschluss lässt sich deshalb
feststellen, dass mit der Zunahme der Single-Bedarfsgemeinschaften die Zahl der
Bedarfsgemeinschaften mit Kindern rückläufig ist. Über den Zeitraum 2006 bis
2011 lässt sich für den Landkreis Würzburg ein Rückgang der im SGB II‑Bezug
befindlichen Kinder um ca. 22 % feststellen.
Beim Anteil der alleinerziehenden
Bedarfsgemeinschaften mit 24 % (415) zum Stichtag 31.12.2011 kann
festgestellt werden, dass dieser Wert trotz einer stagnierenden Entwicklung
deutlich unter dem Landesdurchschnitt liegt, der bei 28,1 % liegt. Fasst
man die Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehender und die
Partnerbedarfsgemeinschaften mit Kindern zusammen, so leben im Einzugsbereich
des Jobcenters Landkreis Würzburg lediglich in 36 % aller
Bedarfsgemeinschaften, ein oder mehrere Kinder.
Gesamtbestand
der Personen in Bedarfsgemeinschaften
Nachdem die Zahl der Bedarfsgemeinschaften
deutlich abgenommen hat, haben auch die in den Bedarfsgemeinschaften zu
betreuenden Personen, die erwerbsfähigen Hilfeempfänger und die nicht
erwerbsfähigen Hilfeempfänger, die sogenannten Sozialgeldempfänger ebenfalls
rückläufige Zahlen.
In den insgesamt 1.752 Bedarfsgemeinschaften
lebten im Dezember 2011 3.249 durch das SGB II zu betreuende Personen.
Auch hier wurde der Tiefststand seit
bestehen der Option im Landkreis Würzburg erreicht.
Zum
Vergleich zum Stichtag 31.12.2009:
Damals lebten noch insgesamt 3.879 Personen in den
Bedarfsgemeinschaften.
Die zum Stichtag ausgewiesenen insgesamt
2.275 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, bestehen aus
1.246 Frauen und
1.029 Männern.
Bei den Unter-25jährigen wurden insgesamt 352 Personen betreut. In
der Gesamtzahl der nicht erwerbsfähigen Personen von 973 waren insgesamt 954
Kinder betroffen. Der Rückgang der Kinder insgesamt von 2006 bis 2011 von ca.
22 % im SGB II Leistungssystem fällt deutlicher im Landkreis Würzburg
deutlicher aus als im bundesweiten Durchschnitt.
Altersstruktur der erwerbsfähigen
Leistungsbezieher
Am stärksten vertreten ist die Altersgruppe der 25-49jährigen mit
insgesamt 56 % (1.267).
Danach folgen die Personen zwischen 50-64 Jahre mit 29 %
(656). Die dritte Gruppe bildet die Altersgruppe der Unter‑25jährigen mit
insgesamt 15 % (352).
Bei der Personengruppe der 50-64jährigen findet eine Betreuung im Rahmen
des Beschäftigungspaktes für Ältere „Perspektive 50plus“ des Bundesministeriums
für Arbeit und Soziales statt. Die Projektförderung befindet sich hier in der
dritten Förderphase, die bis einschließlich 2015 reicht. Für diese
Personengruppe stehen zwei sozialpädagogische Fachkräfte als Fallmanagerinnen
zur Verfügung, die zusätzlich durch den Bund außerhalb der Verwaltungskosten
finanziert werden.
Bezüglich der besonderen Gefahr der Altersarmut bei Frauen wird nach dem
Verhältnis Männer und Frauen in der Altersgruppe der 50‑64jährigen von Frau Kreisrätin Reuther nachgefragt.
Als aktueller Wert kann festgehalten werden, dass sich in der
Personengruppe der 50‑64jährigen 368 Männer und 296 Frauen
befinden. Bezüglich der Zusammensetzung der alleinerziehenden
Bedarfsgemeinschaften kann als aktueller Wert festgehalten werden, dass es sich
um 364 Frauen und lediglich 18 Männer in alleinerziehenden BGs
handelt.
Erwerbsfähige
Leistungsbezieher mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit
Bei dieser Betrachtung wird auf den
Personenkreis abgestellt, der sein Einkommen entweder aus einem abhängigen
Beschäftigungsverhältnis oder einer selbständigen Tätigkeit bezieht.
Nicht berücksichtigt sind hierbei Einkommen
wie Unterhaltsleistungen Kindergeld oder Familiengeld, da dieser Personenkreis
nicht zu den sogenannten Aufstockern gezählt wird.
Mit insgesamt 67 % (1.524) beziehen gut
2/3 aller SGB II Erwerbsfähigen kein Einkommen aus einer
Erwerbstätigkeit. Zu den klassischen Aufstockern gehören 33 % der
erwerbsfähigen Leistungsbezieher, wovon 30 % (690) ein nicht ausreichendes
Einkommen aus einer abhängigen Erwerbstätigkeit erzielen und 3 % (61) ein
nicht ausreichendes Einkommen aus einer selbständigen Tätigkeit erzielen.
Bei insgesamt 33 % reicht also das
erzielte Einkommen nicht aus, um vollständig unabhängig von
Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II zu sein. Auch dieser
Personenkreis muss deshalb im Rahmen des Fallmanagements betreut werden, da bei
dieser Personengruppe als Ziel die vollständige Unabhängigkeit von
Grundsicherungsleistungen durch den Gesetzgeber vorgegeben ist. Bei dieser
Diskussion spielt natürlich die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn,
die Arbeit über Leiharbeitsfirmen und die geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisse eine Rolle.
Debatte:
Frau
Kreisrätin Pumpurs bemängelt insgesamt die Tatsache, dass durch das Fehlen
flächendeckender Mindestlöhne nach wie vor Menschen mit Vollbeschäftigung
aufstockende Leistungen nach dem SGB II benötigen. Sie fragt nach, ob
diesbezüglich eine Entwicklung im Jobcenter festgestellt werden kann. Es wird
auch die Erkenntnis geteilt, dass das Jobcenter auf die Entwicklung der
Mindestlöhne keinen Einfluss hat.
Herr
Kreisrat Jungbauer erkundigt sich nach der Nachhaltigkeit von Beschäftigungsverhältnissen
und dem dauerhaften Verbleib in der Grundsicherungsleistung sowie nach den
Kriterien, die besonders dafür sprechen, dass jemand trotz
Beschäftigungsverhältnis nicht aus dem SGB II‑Leistungssystem
ausscheidet. Er denkt hier vor allen Dingen an kinderreiche Familien und
Arbeitnehmer mit geringen Qualifikationen.
Herr
Kreisrat Mühleck erkundigt sich nach dem Anteil der Migranten und der speziellen
Fördermöglichkeiten für diese Zielgruppe.
Herr
Menth erläutert hierzu, dass zum Stand 31.12.2011 insgesamt bei den
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten 298 Ausländer im Jobcenter Leistungen
bezogen haben.
Zur Zeit läuft eine Erhebung über alle im
SGB II befindlichen Hilfeempfänger mit Migrationshintergrund. Die Auswertung
soll im Sommer 2012 mit verbindlichen Werten abgeschlossen sein. Auf die
Möglichkeit der berufsbezogenen Sprachkurse für Migranten wird eingegangen.
Entwicklung
der Arbeitslosen im Jahresvergleich 2010/2011
Die Stichtagsstatistik weist aus, dass zum
Ende des Jahres 2011 insgesamt 1.072 arbeitslose Menschen im Landkreis Würzburg
Arbeitslosengeld II‑Bezieher waren. Im Jahr 2010 waren dies noch
insgesamt 1.130 Personen. Der Tiefstand der Arbeitslosengeld II‑Empfänger
im Landkreis Würzburg vom November 2008 mit insgesamt 1.004
Arbeitslosenhilfe‑Empfängern ist trotz allgemein rückläufiger
Fallzahlentwicklungen noch nicht erreicht. Im Verhältnis der
Arbeitslosengeld II‑Bezieher, die durch das Jobcenter zu betreuen
sind, zu den Arbeitslosengeld I‑Beziehern, die durch die
Bundesagentur betreut werden, liegt das Verhältnis SGB II zu SGB III
bei 48,7 % zu 51,3 %.
Noch ist jedoch im Landkreis Würzburg der
Schnittpunkt zwischen SGB II und SGB III nicht erreicht. Die
Entwicklung zeigt jedoch deutlich, dass der Anteil der Langzeitarbeitslosen an
der Gesamtarbeitslosigkeit deutlich über 50 % ansteigen wird.
Bundesweit liegt der Anteil der
Langzeitarbeitslosen nach dem SGB II zur Zeit bei ca. 70 %. Bei
Fortdauer der guten Arbeitsmarktlage ist deshalb auch zu erwarten, dass im
Landkreis die Quote der SGB II‑Empfänger über 50 % ansteigen
wird.
Als Entwicklung zeichnet sich hier eine
Rückkehr zum alten System des Bundessozialhilfegesetzes ab, in dem für
langzeitarbeitslose Menschen weniger die Arbeitsmarktintegration im Sinne des
Sozialgesetzbuches II im Vordergrund steht sondern die früher über die
Sozialhilfe eingerichteten Beschäftigungsprojekte mit deutlich höheren
sozialintegrativen Anteilen in den Vordergrund gerückt werden. Es erfolgt
deshalb für diese Zielgruppe unter Umständen wieder eine
Zuständigkeitsverlagerung.
Ein weiteres Indiz für diese Entwicklung ist
die Feststellung, dass der Bund inzwischen in einem 3‑Jahres‑Stufenplan
dann 100 % der Grundsicherungsleistungen für Erwerbsgeminderte und
Menschen im Alter übernehmen wird (ab 2014).
Bei den arbeitslosen Unter‑25jährigen
wurde die Zahl bis zum Sommer 2011 auf 43 arbeitslose Unter‑25jährige
reduziert. Durch personelle Engpässe und durch Beendigung der Schuljahre 2010
und 2011 ist diese Zahl allerdings wieder auf 76 angestiegen.
Integrationsquote
Insgesamt wurden im Jahr 2011 726
Integrationen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse
durchgeführt. Davon betroffen waren 270 Frauen. Die Integrationsquote lag
im Dezember 2011 bei 30,25 %. Bei den Alleinerziehenden bei
27,90 %. Die für das Jahr 2011 durchschnittliche Integrationsquote
beträgt allgemein 26,86 % und bei den Alleinerziehenden 22,34 %.
Bei den Integrationen in
Beschäftigungsverhältnisse ist noch dargestellt, dass es sich bei
189 Integrationen um Integrationen mit einer Förderung durch das Jobcenter
gehandelt hat und 174 Integrationen in geringfügige Beschäftigung erfolgt
sind.
Ausgabenübersicht
über die Entwicklung der Kosten im Jobcenter für die Jahre 2005 bis 2011
Die Tabelle weist sämtliche
Kostenentwicklungen und kommunalen Finanzierungsanteile des Landkreises von
2005 bis einschließlich 2011 aus. Deutlich wird die rückläufige Entwicklung der
zugewiesenen Eingliederungsmittel durch den Bund. Im Jahr 2005 wurden noch
ca. 2,5 Mio. für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt, während
im Jahr 2011 ca. 1,5 Mio. zur Verfügung stehen. Für die
Jahre 2012 und 2013 muss mit weiteren finanziellen Einschränkungen
kalkuliert werden.
Aufgrund der rückläufigen Entwicklungen bei
den Bedarfsgemeinschaften und den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sowie den
Sozialgeldempfängern sind auch die Grundsicherungsleistungen von 2006 auf 2011
deutlich rückläufig, obwohl in den einzelnen Jahren Regelsatzerhöhungen
durchgeführt werden mussten. 2006 lagen die Ausgaben für
Grundsicherungsleistungen bei fast 14 Mio. Euro, während im Jahr
2011 9,56 Mio. Euro verausgabt wurden. Bei diesen Leistungen
handelt es sich um reine Bundesleistungen. Der kommunale Finanzierungsanteil
des Landkreises Würzburg war bis 2010 bei 12,6 % gelegen. Dies entspricht
Ausgaben des Landkreises für das Jobcenter von 304.314,43 Euro.
Ab 2011 liegt der kommunale
Finanzierungsanteil bei 15,2 %, so dass aus Landkreismitteln insgesamt
351.382,50 Euro für das Jobcenter aufgewendet werden mussten. Verringert
hat sich der Anteil des Landkreises bei den Kosten der Unterkunft, da im
Zusammenhang mit der Einführung des Bildungs- und Teilhabe-Paketes die Quote des
Bundes angehoben wurde. An tatsächlichen Ausgaben im Jahr 2010 für den
Landkreis 5.356.000 Euro im Vergleich zu 2011 von 4.147.000,00 Euro.
Bildungs-
und Teilhabe-Leistungen
Im Rahmen der Bildungs- und
Teilhabe-Leistungen kann festgestellt werden, dass die Anträge kontinuierlich
zunehmen und inzwischen 2,5 Beschäftigte ausschließlich Leistungen im
Rahmen des Bildungs- und Teilhabe-Paketes bearbeiten.
Nach wie vor sorgen in der Sachbearbeitung
die hohe administrative Anforderung und die sehr unterschiedlichen örtlichen
Situationen in den einzelnen Leistungsarten für erhebliche Verzögerungen in der
Sachbearbeitung.
Beschäftigungspakt „Perspektive 50plus“
Auf die ausführliche Präsentation im Anhang
zum Protokoll wird verwiesen. Insgesamt werden durch zwei vollzeitbeschäftigte
sozialpädagogische Fachkräfte derzeit 664 Leistungsbezieher betreut.
Während eine Stelle für insgesamt 100 Personen zuständig ist, wird im
Sonderprojekt „Impuls“ ein Betreuungsschlüssel von 1:40 zugrunde gelegt. Auf
die notwendigen Aktivierungen und die erforderlichen Integrationen wird in der
beiliegenden Präsentation von Herrn Kothe zum Jahresbericht noch gesondert
eingegangen. (Anlage 1)
Nachdem keine weiteren Fragen mehr zum
Tagesordnungspunkt 1 vorgetragen werden, bedankt sich Frau stv. Landrätin Schäfer bei Herrn Blenk für den Sachvortrag sowie bei Herrn Menth für die Zusammenstellung der statistischen Werte und
der graphischen Darstellungen.