Beschluss: zur Kenntnis genommen

Sachverhalt:

 

Nachdem das Jobcenter des Landkreises am bundesweiten Benchmarking teilnimmt, ergeben sich im Rahmen des nun folgenden Tätigkeitsberichtes gute Vergleiche der Entwicklungen der Fallzahlen in unserem Jobcenter.

 

Durch die bundesweit geführte Statistik ergeben sich im Rahmen des Benchmarking gute Vergleichsmöglichkeiten mit den eigenen Entwicklungen im Bereich der Kennzahlen.

 

Frau Schäfer bittet nun Herrn Blenk um entsprechende Darstellung.

 

Herr Blenk erläutert das grundsätzliche Prinzip der Arbeit in den bundesweiten Vergleichsringen und die damit gegebene Vergleichbarkeit der eigenen Einrichtung mit den anderen bundesweit 68 Optionskommunen.

 

Die Kennzahlen-Auswertungen lassen Rückschlüsse auf die Zielerreichung der inzwischen verpflichtenden Zielvereinbarungen zu und ermöglichen ausführliche Analysen zu einzelnen Kennzahlen oder zu einzelnen Maßnahmeverläufen.

 

Im Hinblick auf die immer weiter ausdifferenzierte Zielgruppenarbeit gelingt es durch die Arbeit im Vergleichsring bewährte Maßnahmen anderer in das eigene Portfolio aufzunehmen.

 

Herr Blenk verweist auf die den Ausschussmitgliedern vorgelegte Powerpoint-Präsentation zum Jahresbericht 2011 und geht auf die einzelnen Entwicklungen wie folgt ein:

 

Bedarfsgemeinschaften

 

Die grafische Darstellung der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften im Verhältnis 2010 zu 2011 zeigt, dass auch im Jahr 2011 eine weiterhin kontinuierliche Abnahme bei den Bedarfsgemeinschaften festzustellen ist, jedoch die Abnahme nicht in dem gleichen Ausmaß von statten gegangen ist wie im Jahr 2010.

Zum Stichtag –jeweils 31.12.- waren im Jahre 2010 insgesamt 1.826 Bedarfsgemeinschaften zu betreuen, während es zum Stichtag in 2011 1.752 Bedarfsgemeinschaften waren. Mit diesem Wert ist der niedrigste Bestand an Bedarfsgemeinschaften für den Landkreis Würzburg seit bestehen der Option zum 01.01.2005 zu registrieren.

 

Im Bezug auf die Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehender wird Handlungsbedarf gesehen, da hier im Verhältnis zu den Gesamtbedarfsgemeinschaften eine unterproportionale Reduzierung der Bedarfsgemeinschaften erfolgt ist. Dies sollte Ansatzpunkt sein für die später zu diskutierende Spezialisierung im Bereich der Betreuung alleinerziehender Bedarfsgemeinschaften.

 

Typisierung der Bedarfsgemeinschaften

 

Ebenfalls zum Stichtag 31.12.2011 wurde eine Typisierung der Bedarfsgemeinschaften vorgenommen. Hier lässt sich im Vergleich feststellen, dass vor allen Dingen die sogenannten Single-BGs mit 53 % den größten Anteil innerhalb der Bedarfsgemeinschaften einnehmen. Auch hier ist im Vergleich der letzten beiden Jahre ein kontinuierlicher Anstieg der Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft zu den Mehr-Personen-Bedarfsgemeinschaften festzustellen.

 


Im Umkehrschluss lässt sich deshalb feststellen, dass mit der Zunahme der Single-Bedarfsgemeinschaften die Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern rückläufig ist. Über den Zeitraum 2006 bis 2011 lässt sich für den Landkreis Würzburg ein Rückgang der im SGB II‑Bezug befindlichen Kinder um ca. 22 % feststellen.

 

Beim Anteil der alleinerziehenden Bedarfsgemeinschaften mit 24 % (415) zum Stichtag 31.12.2011 kann festgestellt werden, dass dieser Wert trotz einer stagnierenden Entwicklung deutlich unter dem Landesdurchschnitt liegt, der bei 28,1 % liegt. Fasst man die Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehender und die Partnerbedarfsgemeinschaften mit Kindern zusammen, so leben im Einzugsbereich des Jobcenters Landkreis Würzburg lediglich in 36 % aller Bedarfsgemeinschaften, ein oder mehrere Kinder.

 

Gesamtbestand der Personen in Bedarfsgemeinschaften

 

Nachdem die Zahl der Bedarfsgemeinschaften deutlich abgenommen hat, haben auch die in den Bedarfsgemeinschaften zu betreuenden Personen, die erwerbsfähigen Hilfeempfänger und die nicht erwerbsfähigen Hilfeempfänger, die sogenannten Sozialgeldempfänger ebenfalls rückläufige Zahlen.

 

In den insgesamt 1.752 Bedarfsgemeinschaften lebten im Dezember 2011 3.249 durch das SGB II zu betreuende Personen.

Auch hier wurde der Tiefststand seit bestehen der Option im Landkreis Würzburg erreicht.

 

Zum Vergleich zum Stichtag 31.12.2009:

Damals lebten noch insgesamt 3.879 Personen in den Bedarfsgemeinschaften.

 

Die zum Stichtag ausgewiesenen insgesamt 2.275 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, bestehen aus

 

1.246 Frauen      und

1.029 Männern.

 

Bei den Unter-25jährigen wurden insgesamt 352 Personen betreut. In der Gesamtzahl der nicht erwerbsfähigen Personen von 973 waren insgesamt 954 Kinder betroffen. Der Rückgang der Kinder insgesamt von 2006 bis 2011 von ca. 22 % im SGB II Leistungssystem fällt deutlicher im Landkreis Würzburg deutlicher aus als im bundesweiten Durchschnitt.

 

Altersstruktur der erwerbsfähigen Leistungsbezieher

 

Am stärksten vertreten ist die Altersgruppe der 25-49jährigen mit insgesamt 56 % (1.267).

Danach folgen die Personen zwischen 50-64 Jahre mit 29 % (656). Die dritte Gruppe bildet die Altersgruppe der Unter‑25jährigen mit insgesamt 15 % (352).

Bei der Personengruppe der 50-64jährigen findet eine Betreuung im Rahmen des Beschäftigungspaktes für Ältere „Perspektive 50plus“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales statt. Die Projektförderung befindet sich hier in der dritten Förderphase, die bis einschließlich 2015 reicht. Für diese Personengruppe stehen zwei sozialpädagogische Fachkräfte als Fallmanagerinnen zur Verfügung, die zusätzlich durch den Bund außerhalb der Verwaltungskosten finanziert werden.

 


Bezüglich der besonderen Gefahr der Altersarmut bei Frauen wird nach dem Verhältnis Männer und Frauen in der Altersgruppe der 50‑64jährigen von Frau Kreisrätin Reuther nachgefragt.

 

Als aktueller Wert kann festgehalten werden, dass sich in der Personengruppe der 50‑64jährigen 368 Männer und 296 Frauen befinden. Bezüglich der Zusammensetzung der alleinerziehenden Bedarfsgemeinschaften kann als aktueller Wert festgehalten werden, dass es sich um 364 Frauen und lediglich 18 Männer in alleinerziehenden BGs handelt.

 

Erwerbsfähige Leistungsbezieher mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit

 

Bei dieser Betrachtung wird auf den Personenkreis abgestellt, der sein Einkommen entweder aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis oder einer selbständigen Tätigkeit bezieht.

Nicht berücksichtigt sind hierbei Einkommen wie Unterhaltsleistungen Kindergeld oder Familiengeld, da dieser Personenkreis nicht zu den sogenannten Aufstockern gezählt wird.

 

Mit insgesamt 67 % (1.524) beziehen gut 2/3 aller SGB II Erwerbsfähigen kein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit. Zu den klassischen Aufstockern gehören 33 % der erwerbsfähigen Leistungsbezieher, wovon 30 % (690) ein nicht ausreichendes Einkommen aus einer abhängigen Erwerbstätigkeit erzielen und 3 % (61) ein nicht ausreichendes Einkommen aus einer selbständigen Tätigkeit erzielen.

 

Bei insgesamt 33 % reicht also das erzielte Einkommen nicht aus, um vollständig unabhängig von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II zu sein. Auch dieser Personenkreis muss deshalb im Rahmen des Fallmanagements betreut werden, da bei dieser Personengruppe als Ziel die vollständige Unabhängigkeit von Grundsicherungsleistungen durch den Gesetzgeber vorgegeben ist. Bei dieser Diskussion spielt natürlich die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn, die Arbeit über Leiharbeitsfirmen und die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse eine Rolle.

 

Debatte:

 

Frau Kreisrätin Pumpurs bemängelt insgesamt die Tatsache, dass durch das Fehlen flächendeckender Mindestlöhne nach wie vor Menschen mit Vollbeschäftigung aufstockende Leistungen nach dem SGB II benötigen. Sie fragt nach, ob diesbezüglich eine Entwicklung im Jobcenter festgestellt werden kann. Es wird auch die Erkenntnis geteilt, dass das Jobcenter auf die Entwicklung der Mindestlöhne keinen Einfluss hat.

 

Herr Kreisrat Jungbauer erkundigt sich nach der Nachhaltigkeit von Beschäftigungsverhältnissen und dem dauerhaften Verbleib in der Grundsicherungsleistung sowie nach den Kriterien, die besonders dafür sprechen, dass jemand trotz Beschäftigungsverhältnis nicht aus dem SGB II‑Leistungssystem ausscheidet. Er denkt hier vor allen Dingen an kinderreiche Familien und Arbeitnehmer mit geringen Qualifikationen.

 

Herr Kreisrat Mühleck erkundigt sich nach dem Anteil der Migranten und der speziellen Fördermöglichkeiten für diese Zielgruppe.

 

Herr Menth erläutert hierzu, dass zum Stand 31.12.2011 insgesamt bei den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten 298 Ausländer im Jobcenter Leistungen bezogen haben.

 

 


Zur Zeit läuft eine Erhebung über alle im SGB II befindlichen Hilfeempfänger mit Migrationshintergrund. Die Auswertung soll im Sommer 2012 mit verbindlichen Werten abgeschlossen sein. Auf die Möglichkeit der berufsbezogenen Sprachkurse für Migranten wird eingegangen.

 

Entwicklung der Arbeitslosen im Jahresvergleich 2010/2011

 

Die Stichtagsstatistik weist aus, dass zum Ende des Jahres 2011 insgesamt 1.072 arbeitslose Menschen im Landkreis Würzburg Arbeitslosengeld II‑Bezieher waren. Im Jahr 2010 waren dies noch insgesamt 1.130 Personen. Der Tiefstand der Arbeitslosengeld II‑Empfänger im Landkreis Würzburg vom November 2008 mit insgesamt 1.004 Arbeitslosenhilfe‑Empfängern ist trotz allgemein rückläufiger Fallzahlentwicklungen noch nicht erreicht. Im Verhältnis der Arbeitslosengeld II‑Bezieher, die durch das Jobcenter zu betreuen sind, zu den Arbeitslosengeld I‑Beziehern, die durch die Bundesagentur betreut werden, liegt das Verhältnis SGB II zu SGB III bei 48,7 % zu 51,3 %.

 

Noch ist jedoch im Landkreis Würzburg der Schnittpunkt zwischen SGB II und SGB III nicht erreicht. Die Entwicklung zeigt jedoch deutlich, dass der Anteil der Langzeitarbeitslosen an der Gesamtarbeitslosigkeit deutlich über 50 % ansteigen wird.

 

Bundesweit liegt der Anteil der Langzeitarbeitslosen nach dem SGB II zur Zeit bei ca. 70 %. Bei Fortdauer der guten Arbeitsmarktlage ist deshalb auch zu erwarten, dass im Landkreis die Quote der SGB II‑Empfänger über 50 % ansteigen wird.

 

Als Entwicklung zeichnet sich hier eine Rückkehr zum alten System des Bundessozialhilfegesetzes ab, in dem für langzeitarbeitslose Menschen weniger die Arbeitsmarktintegration im Sinne des Sozialgesetzbuches II im Vordergrund steht sondern die früher über die Sozialhilfe eingerichteten Beschäftigungsprojekte mit deutlich höheren sozialintegrativen Anteilen in den Vordergrund gerückt werden. Es erfolgt deshalb für diese Zielgruppe unter Umständen wieder eine Zuständigkeitsverlagerung.

 

Ein weiteres Indiz für diese Entwicklung ist die Feststellung, dass der Bund inzwischen in einem 3‑Jahres‑Stufenplan dann 100 % der Grundsicherungsleistungen für Erwerbsgeminderte und Menschen im Alter übernehmen wird (ab 2014).

 

Bei den arbeitslosen Unter‑25jährigen wurde die Zahl bis zum Sommer 2011 auf 43 arbeitslose Unter‑25jährige reduziert. Durch personelle Engpässe und durch Beendigung der Schuljahre 2010 und 2011 ist diese Zahl allerdings wieder auf 76 angestiegen.

 

Integrationsquote

 

Insgesamt wurden im Jahr 2011 726 Integrationen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse durchgeführt. Davon betroffen waren 270 Frauen. Die Integrationsquote lag im Dezember 2011 bei 30,25 %. Bei den Alleinerziehenden bei 27,90 %. Die für das Jahr 2011 durchschnittliche Integrationsquote beträgt allgemein 26,86 % und bei den Alleinerziehenden 22,34 %.

 

Bei den Integrationen in Beschäftigungsverhältnisse ist noch dargestellt, dass es sich bei 189 Integrationen um Integrationen mit einer Förderung durch das Jobcenter gehandelt hat und 174 Integrationen in geringfügige Beschäftigung erfolgt sind.


Ausgabenübersicht über die Entwicklung der Kosten im Jobcenter für die Jahre 2005 bis 2011

 

Die Tabelle weist sämtliche Kostenentwicklungen und kommunalen Finanzierungsanteile des Landkreises von 2005 bis einschließlich 2011 aus. Deutlich wird die rückläufige Entwicklung der zugewiesenen Eingliederungsmittel durch den Bund. Im Jahr 2005 wurden noch ca. 2,5 Mio. für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt, während im Jahr 2011 ca. 1,5 Mio. zur Verfügung stehen. Für die Jahre 2012 und 2013 muss mit weiteren finanziellen Einschränkungen kalkuliert werden.

 

Aufgrund der rückläufigen Entwicklungen bei den Bedarfsgemeinschaften und den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sowie den Sozialgeldempfängern sind auch die Grundsicherungsleistungen von 2006 auf 2011 deutlich rückläufig, obwohl in den einzelnen Jahren Regelsatzerhöhungen durchgeführt werden mussten. 2006 lagen die Ausgaben für Grundsicherungsleistungen bei fast 14 Mio. Euro, während im Jahr  2011 9,56 Mio. Euro verausgabt wurden. Bei diesen Leistungen handelt es sich um reine Bundesleistungen. Der kommunale Finanzierungsanteil des Landkreises Würzburg war bis 2010 bei 12,6 % gelegen. Dies entspricht Ausgaben des Landkreises für das Jobcenter von 304.314,43 Euro.

 

Ab 2011 liegt der kommunale Finanzierungsanteil bei 15,2 %, so dass aus Landkreismitteln insgesamt 351.382,50 Euro für das Jobcenter aufgewendet werden mussten. Verringert hat sich der Anteil des Landkreises bei den Kosten der Unterkunft, da im Zusammenhang mit der Einführung des Bildungs- und Teilhabe-Paketes die Quote des Bundes angehoben wurde. An tatsächlichen Ausgaben im Jahr 2010 für den Landkreis 5.356.000 Euro im Vergleich zu 2011 von 4.147.000,00 Euro.

 

Bildungs- und Teilhabe-Leistungen

 

Im Rahmen der Bildungs- und Teilhabe-Leistungen kann festgestellt werden, dass die Anträge kontinuierlich zunehmen und inzwischen 2,5 Beschäftigte ausschließlich Leistungen im Rahmen des Bildungs- und Teilhabe-Paketes bearbeiten.

 

Nach wie vor sorgen in der Sachbearbeitung die hohe administrative Anforderung und die sehr unterschiedlichen örtlichen Situationen in den einzelnen Leistungsarten für erhebliche Verzögerungen in der Sachbearbeitung.

 

Beschäftigungspakt  „Perspektive 50plus“

 

Auf die ausführliche Präsentation im Anhang zum Protokoll wird verwiesen. Insgesamt werden durch zwei vollzeitbeschäftigte sozialpädagogische Fachkräfte derzeit 664 Leistungsbezieher betreut. Während eine Stelle für insgesamt 100 Personen zuständig ist, wird im Sonderprojekt „Impuls“ ein Betreuungsschlüssel von 1:40 zugrunde gelegt. Auf die notwendigen Aktivierungen und die erforderlichen Integrationen wird in der beiliegenden Präsentation von Herrn Kothe zum Jahresbericht noch gesondert eingegangen. (Anlage 1)

 

Nachdem keine weiteren Fragen mehr zum Tagesordnungspunkt 1 vorgetragen werden, bedankt sich Frau stv. Landrätin Schäfer bei Herrn Blenk für den Sachvortrag sowie bei Herrn Menth für die Zusammenstellung der statistischen Werte und der graphischen Darstellungen.