Beschluss: einstimmig beschlossen

Sachverhalt:

 

Frau stv. Landrätin Schäfer eröffnet den Tagesordnungspunkt mit dem Hinweis, dass sich damit auch viele Schwierigkeiten in der Umsetzungspraxis ergeben. Sie bittet Herrn Blenk um entsprechenden Sachvortrag.

 

Mit der Verabschiedung der Instrumentenreform und der Inkraftsetzung zum 01.04.2012 ergeben sich für die Durchführung der Arbeitsgelegenheiten nach § 16 d SGB II für die Jobcenter geänderte Verfahrensweisen, die einer späteren Revision standhalten müssen.

 

Ziel der Arbeitsgelegenheiten (AGH):

 

-          Ziel der AGH ist die (Wieder-) Herstellung und Aufrechterhaltung der Beschäftigungsfähigkeit

-          Mittel- bzw. langfristiges Ziel muss letztendlich die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt sein – eine reine sozialintegrative Teilhabe am Erwerbsleben auf dem zweiten Arbeitsmarkt ist insoweit rechtlich nicht mehr vereinbar.

-          Die AGH ist nur eine mittelfristige Brücke zum ersten Arbeitsmarkt. Eine auf Dauer angelegte AGH ist nicht mehr möglich.

 

Personenkreis:

 

-          Die Teilnehmerin, der Teilnehmer muss im Arbeitslosengeld II‑Bezug sein

-          Die Teilnehmerin, der Teilnehmer muss erwerbsfähig sein

-          Die Teilnehmerin, der Teilnehmer muss arbeitsmarktfern sein

-          Die Teilnehmerin, der Teilnehmer muss die Perspektive haben, über eine Arbeitsgelegenheit wieder an den Arbeitsmarkt herangeführt werden zu können

-          Aus den Zielvorgaben und dem Personenkreis ergeben sich für die Durchführung von Arbeitsgelegenheiten Nachrang gegenüber

● der Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung

● gegenüber Qualifizierungsmaßnahmen

● gegenüber anderen Eingliederungsinstrumenten

 

 

Als Handlungsfelder innerhalb der Arbeitsgelegenheit werden beschrieben die

-          Heranführung an das Arbeitsleben

-          Die Stärkung des Arbeits- und Sozialverhaltens

-          Die Veränderung von Perspektiven

-          Der Ausgleich individueller Wettbewerbsnachteile

 

 


Eignung der Maßnahmeträger:

 

Das Jobcenter muss zukünftig die Eignung des Maßnahmeträgers für eine gesetzeskonforme, ordnungsgemäße und erfolgversprechende Durchführung der Arbeiten feststellen. Für die Genehmigung der Maßnahme ist ein Bewilligungsbescheid zu erlassen. Für die gemäß Bewilligungsbescheid und Maßnahmekonzeption durchzuführenden Arbeiten trägt der Maßnahmeträger die Verantwortung.

 

Vor Bewilligung ist deshalb zu prüfen:

-          Die Zuverlässigkeit und finanzielle Leistungsfähigkeit

-          Die Einhaltung gesetzlicher und sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften

-          Die tarifrechtliche und ortsübliche Entlohnung des eingesetzten Betreuungspersonals

-          Eine maßnahmegerechte und angemessene Ausstattung, die in personeller, sächlicher und räumlicher Hinsicht gegeben sein muss

-          Dass die Betreuung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sichergestellt werden kann

 

Insbesondere die Zusätzlichkeit gem. § 16 d Abs. II SGB II als eine wesentliche Förderungsvoraussetzung muss in den eingereichten Bewilligungsunterlagen hinsichtlich der Planung, Maßnahmekonzeption und Stellenbeschreibung sowie der bisherigen Wahrnehmung der Arbeiten, der Erforderlichkeit der Arbeiten und dem Zeitpunkt der Durchführung vom Antragsteller kommentiert werden.

 

Exkurs:

 

In diesem Zusammenhang muss auf die aktuelle Rechtssprechung des BSG verwiesen werden. In 2 Urteilen wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an AGH grundsätzlich ein öffentlich rechtlicher Erstattungsanspruch/Wertersatz bei rechtswidrigen AGH/Ein-Euro-Jobs zugesprochen. Dies bedeutet, dass bei Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen, insbesondere der Zusätzlichkeit der auszuführenden Arbeiten den Hilfeempfängern die reguläre Entlohnung für die ausgeübte Tätigkeit zusteht.

 

Diese Entscheidungen sind besonders im Hinblick auf den Einsatz von Arbeitsgelegenheiten in den gemeindlichen Bauhöfen zu berücksichtigen.

 

Zuweisungsdauer:

 

Die individuelle Zuweisungsdauer des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (eLb) ist auf insgesamt 24 Monate innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren begrenzt. Ein dauerhafter Einsatz in AGH kann somit nicht mehr erfolgen. Die Zuweisungsdauer von 24 Monaten beginnt zum Stichtag 01.04.2012.

 

 

 

 

 


Zusammenfassung:

 

Eine AGH ist eine Maßnahme, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausschließlich zusätzliche, im öffentlichen Interesse liegende und wettbewerbsneutrale Arbeiten verrichten dürfen.

 

Die bisher zum Teil im Rahmen von AGH durchgeführten Qualifizierungsanteile und Praktika (z.B. Profiling, Bewerbungstraining, Erarbeitung von beruflichen Alternativen und Anschlussperspektiven, Ausgleich schulischer Defizite, Qualifizierungen im niedrigschwelligen Bereich wie z.B. Computer-Kurse, Basispflegekurse) sind nicht mehr Bestandteile der AGH und können nur auf Grundlage der hierfür vorgesehenen Instrumente des SGB II und des SGB III insbesondere im Zusammenhang mit § 16 SGB II in Verbindung mit § 45 SGB III gefördert werden.

 

Möglich ist jedoch eine Kombination von AGH mit diesen vorgenannten Instrumenten.

 

Die Förderung erwerbswirtschaftlicher Tätigkeiten im Rahmen der Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante werden durch die Neuregelung des § 16 d SGB II ab 01.04.2012 in die Eingliederungsleistung „Förderung von Arbeitsverhältnissen“ gem. § 16 e SGB II überführt. Besonders im Hinblick auf die AGH-Maßnahmen mit den Gemeinden des Landkreises Würzburg muss für alle eingerichteten Stellen ein Neuantrag und eine entsprechende Bewilligung besonders unter Berücksichtigung der notwendigen Zusätzlichkeit der Arbeiten getroffen werden.

 

Debatte:

 

Herr Kreisrat Hügelschäffer spricht sich weiterhin für die Beibehaltung der 1 Euro Jobs in der bewährten Form aus und schlägt vor, dem Bundesrechnungshof Prüfungen vor Ort durchführen zu lassen, um sich von der Wichtigkeit der Arbeitsgelegenheiten überzeugen zu lassen. Er sieht in den Arbeitsgelegenheiten auch eine präventive Maßnahme für das Gesundheitswesen, in dem hier auch Menschen mit Suchtproblemen durch die Kommunen aufgefangen werden können.

 

Herr Kreisrat Jungbauer erkundigt sich, wer den Stundensatz von 1 Euro festlegt.

 

Herr Blenk antwortet hierzu, dass grundsätzlich im Bereich des Jobcenters Würzburg 1 Euro für die Stunde gezahlt wird.

 

Herr Kreisrat Hügelschäffer erkundigt sich über das Weitere Antrags- und Bewilligungsverfahren zur Einrichtung der Arbeitsgelegenheiten.

 

Herr Blenk sichert zu, dass die entsprechenden Antragsformulare den Gemeinden zugänglich gemacht werden und dass für jede Einzelmaßnahme der fachliche Diskurs mit dem Jobcenter stattfinden soll, um die entsprechenden Arbeitsgelegenheiten rechtssicher einrichten zu können. Von Seiten des Jobcenters wird hier Herr Kothe als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

 

Herr Kreisrat Mann bewertet die Beibehaltung der Arbeitsgelegenheiten unter dem Aspekt der Zusätzlichkeit für bedeutsam, dass dann wirklich Arbeiten verrichtet werden können, die sonst regulär nicht erfüllbar sind und das dadurch auch eine Wertschätzung der einzelnen Mitarbeiter der Arbeitsgelegenheit verbunden ist.


Frau Kreisrätin Schraud sieht die Gefahr, dass der Nachweis der Zusätzlichkeit sicher oft schwer begründbar ist, da viele Arbeiten auch regulär verrichtet werden könnten und damit die Gefahr des beschriebenen Erstattungsanspruchs/Wertersatzes für die geleistete Arbeit sich stellen kann.

 

Nachdem keine weiteren Wortbeiträge mehr gewünscht sind, trägt Frau stv. Landrätin Schäfer folgenden Beschlussvorschlag vor:

 

Der Sozialausschuss beauftragt das Jobcenter, alle bisherigen Arbeitsgelegenheiten nach der neuen Gesetzeslage zum 01.04.2012 zu überprüfen und zu genehmigen.

 

Die Maßnahmeträger sind verpflichtet, in ihren Anträgen die Zusätzlichkeit der Arbeiten zu bestätigen. Das Jobcenter weist die Maßnahmeträger auf mögliche Erstattungsansprüche/Wertersätze hin.


Beschlussvorschlag:

 

Der Sozialausschuss beauftragt das Jobcenter, alle bisherigen AGH nach der neuen Gesetzeslage zum 01.04.2012 zu überprüfen und zu genehmigen. Die Maßnahmeträger sind verpflichtet, in ihren Anträgen die Zusätzlichkeit der Arbeiten zu bestätigen. Das Jobcenter weist die Maßnahmeträger auf mögliche Erstattungsansprüche/Wertersätze hin.

 

 

 

Beschluss:

 

Der Sozialausschuss beauftragt das Jobcenters, alle bisherigen AGH nach der neuen Gesetzeslage zum 01.04.2012 zu überprüfen und zu genehmigen und die Maßnahmeträger zu verpflichten, in ihren Anträgen die Zusätzlichkeit der Arbeiten zu bestätigen.

Das Jobcenter weist, die Maßnahmeträger auf mögliche Erstattungsansprüche/Wertersätze hin.