Sitzung: 18.10.2021 Sozialausschuss
Beschluss: einstimmig beschlossen
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Sachverhalt:
Gesund essen, täglich duschen, ausreichend schlafen- all dies ist nur schwer möglich, wenn man keine Behausung mit Bett, Dusche und Küche hat. Hinzu kommt, dass wegen fehlender finanzieller Mittel wohnungslose Menschen, von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen sowie Bedürftigen oftmals nicht krankenversichert sind.
Diesem Problem schafft die Christophorus Gesellschaft seit 01.07.2020 Abhilfe, indem wohnungslosen Menschen, von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen sowie Bedürftigen von Stadt und Landkreis Würzburg in der Wärmestube hinter dem Mainfrankentheater in der Rüdigerstraße 2, 97070 Würzburg, eine umfassende sozialpädagogische Begleitung im Bereich der medizinischen Grundversorgung angeboten wird.
Zudem führt eine Unterstützung in behördlichen Angelegenheiten dazu, dass Menschen ohne Versicherungsschutz einen Weg zurück in die Regelversorgung finden.
Die
Wärmestube ist bis auf montags täglich geöffnet und wird stark frequentiert
angenommen. Die Zahlen zeigen, dass der Bedarf an einer medizinischen Grundversorgung
bei den o.g. Personengruppen hoch ist. Von den Besuchern kommen geschätzt ca.
65 % aus der Stadt Würzburg und 35 % aus dem Landkreis Würzburg.
Derzeit wird das Medizinische Projekt vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales als nordbayerisches Modell über einen Aktionsplan im Umfang einer Vollzeitfachkraftstelle gefördert. Diese Förderung endet nunmehr jedoch zum 30.06.2022.
Deshalb bittet die Christophorus Gesellschaft Stadt und Landkreis Würzburg um eine Abschlussfinanzierung des Projekts ab dem 01.07.2022, um wohnungslosen Menschen, von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen und Bedürftigen aus der Stadt Würzburg und dem Landkreis weiterhin eine Sozialpädagogische Begleitung in der medizinische Erst- und Grundversorgung anbieten zu können.
Insofern wird eine Bezuschussung des Landkreises Würzburg beantragt, deren Höhe im Sozialausschuss näher beziffert werden wird.
Konzept des
Projekts
Modellprojekt: Stabilisierung und Erweiterung eines niedrigschwelligen Angebotes zur medizinisch-pflegerischen Versorgung Wohnungsloser und Bedürftiger in Würzburg.
Projektlaufzeit: Mindestens 1,5 Jahre (bis
31.12.2021) werden für sinnvoll erachtet; vorbehaltlich Finanzierung durch ein Förderprogramm
zur Finanzierung von Maßnahmen, Dienste und Einrichtungen für Personen mit
besonderen sozialen Schwierigkeiten. Regierung von Mittelfranken.
Projektumfang: Kostendeckung durch Mittel des Freistaates Bayern (StMS) zur Förderung
von Modellprojekten i.H.v. EUR 60.000,00 p.a.. Dies entspricht einer
Finanzierung von Personalkosten im Umfang einer Vollzeit-Fachkraftstelle in der
Entgeltgruppe E 10, Stufe 3 und ist befristet bis 30.06.2022.
Projektträger: Christophorus-Gesellschaft Würzburg, eine
gemeinnützige Gesellschaft von Caritas und Diakonie. Das Projekt ist angebunden
an die Wärmestube Würzburg. Kooperationspartner sind die Würzburger
Straßenambulanz und der Förderverein Wärmestube e.V.
Projektinhalte: Angebot
eines offenen Treffs für hygienische, gesundheitliche und medizinische Fragen
in Anlehnung an die Grundversorgung der Wärmestube durch Aufenthalt, Essen,
Körperreinigung und Wäsche waschen.
Aufbau einer
Struktur interdisziplinärer Zusammenarbeit von Ärzten (Allgemeinärzte,
Zahnärzte, Psychiater, Urologen, Gynäkologen), Pflegekräften, Sozialpädagogen
und Streetwork.
Aufbau eines
niedrigschwelligen Zugangs wohnungsloser
und benachteiligter Menschen zum System ärztlicher, zahnärztlicher und
psychiatrischer Grundversorgung in der Stadt Würzburg.
Aufbau einer Struktur für schnelle Hilfen in akuten gesundheitlichen
Krisen wohnungsloser und bedürftiger Menschen.
Engmaschige Begleitung wohnungsloser und bedürftiger Menschen bei der
Inanspruchnahme von Hilfen der medizinischen Regelversorgung.
Ziel: Abbau
von Schwellenängsten Bedürftiger, Angebote der medizinischen Grundversorgung
anzunehmen. Schaffung von festen Strukturen und Verlässlichkeit als
Voraussetzung hierfür.
Hin-
oder Rückführung hilfebedürftiger wohnungsloser oder
bedürftiger Menschen in die medizinische Regelversorgung.
Heranführung Wohnungsloser und Bedürftiger an
eine gesundheitsbewusste und zugleich wirtschaftliche Lebensführung.
Ort: Die
Würzburger Wärmestube ist ein Hilfeangebot bzw. Tagesaufenthalt im Sinne des
Rahmenkonzeptes „Ambulante Hilfen für alleinstehende Wohnungslose in besonderen
sozialen Schwierigkeiten (Nichtsesshafte) in Bayern“ der Arbeitsgemeinschaft
der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege in Bayern. Rechtsgrundlage der
Arbeit sind §§ 67 ff. SGB XII – Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer
Schwierigkeiten. Träger der Würzburger Wärmestube ist die
Christophorus-Gesellschaft, eine gemeinnützige Gesellschaft von Caritas und
Diakonie.
Die
Wärmestube befindet sich in der Würzburger Innenstadt, in der Rüdigerstraße 2,
gleich hinter dem Mainfrankentheater. Durch die zentrale Lage ist eine gute
Erreichbarkeit gegeben. Auch befinden sich in unmittelbarer Nähe einige Einrichtungen
mit komplementären oder weiterführenden Angeboten. Die Wärmestube sieht sich
damit als bedarfsgerechte Ergänzung des in Würzburg auf dem Gebiet der
Wohnungslosenhilfe vorhandenen Netzwerkes von weiterführenden
Fachberatungsstellen bis hin zu stationären und teilstationären Einrichtungen.
Die Wärmestube versteht sich als niedrigschwellige Kontaktzone und ist
zu den vorgehaltenen regelmäßigen Öffnungszeiten ein beliebter Aufenthaltsort,
um mit anderen Gästen in Kontakt zu kommen oder auf unkomplizierte Weise auch
einen Erstkontakt mit der sozialpädagogischen Fachkraft zu knüpfen. In diesen individuellen
Beratungsgesprächen, sofern diese gesucht werden, sollen die Betroffenen für
die unterschiedlichen Hilfsangebote ansprechbar gemacht werden. So soll eine
Vermittlung zu weiterführenden Fachstellen ermöglicht und vorbereitete werden.
Der Tagesaufenthalt dient neben den Kontaktmöglichkeiten vor allem aber
auch der Befriedigung von elementaren Grundbedürfnissen, seien es Essen und
Trinken, Duschen oder Wäsche waschen und trocknen. Was nicht zu unterschätzen
ist: Die Räumlichkeiten bieten auch einen Ort des Rückzuges vom öffentlichen
Leben auf der Straße. Die nachfolgend noch näher beschriebene Zielgruppe
bringen schon zumeist aufgrund ihrer Lebenssituation einen hohen Stresspegel
mit. Durch das laute, öffentliche Treiben strömen zusätzliche Stressmomente auf
die Menschen ein. Haben diese keine Rückzugsmöglichkeiten, verfallen sie in
Unruhe, Unzufriedenheit und in die damit verbundenen Stimmungsextreme.
Die Wärmestube bietet einen großen und einen kleinen Aufenthaltsraum, in
denen insgesamt ca. 30-40 Personen Platz finden. Es gibt eine Küche mit
eingeschränkter, nicht öffentlich zu nutzender Kochmöglichkeit, vier Toiletten,
zwei Sanitärräume mit je einer Dusche und einem Waschbecken. Außerdem vorhanden
ein Wäscheraum zum Wäsche waschen und trocknen, ein Büro und nicht zuletzt ein
Raum für die medizinische Ambulanz und die regelmäßigen Arztsprechstunden.
Die Wärmestube ist Dienstag bis Sonntag durchgehend von 10:00 bis 16:00
Uhr geöffnet. Montags ist die Einrichtung geschlossen.
Personal: In der Wärmestube sind zwei Sozialpädagogen
mit einem Stundenkontingent von 50 Wochenstunden hauptamtlich tätig. Zieht man
die Öffnungszeiten der Einrichtung heran, bildet diese Personalkapazität die
absolute Untergrenze, will man den fachlichen Ansprüchen an eine Wärmestube
gemäß des vorgenannten Rahmenkonzeptes der ArGe Öffentliche/Freie in annähernd
fachlich gebotener und wirksamer Art und Weise gerecht werden. Unterstützt wird
das hauptamtliche Personal regelmäßig von Studierenden der Sozialen Arbeit, von
Bundesfreiwilligendienstlern und nicht zuletzt von einer Reihe von
ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Freiwilligen und die
Studierenden verrichten jedoch niemals allein und eigenverantwortlich Dienst im
Tagesaufenthalt. Urlaubs- und krankheitsbedingte Fehlzeiten bringen die
Hauptamtlichen deshalb regelmäßig an die Kapazitäts- und Belastungsgrenze.
Ehrenamtliche: Es war schon
von jeher eine Besonderheit der Wärmestube, dass die Arbeit der Hauptamtlichen
maßgeblich von Ehrenamtlichen je nach deren persönlicher Motivation und
Fähigkeiten unterstützt wird. Durch ihr Mitwirken wird die Öffentlichkeit am
Hilfeprozess beteiligt. Gerade in unserer heutigen Gesellschaft ist
ehrenamtliche Mitarbeit sinnvoll und notwendig. Häufig besteht die Tendenz,
soziale Probleme auf professionelle Berufsgruppen wie Polizei oder Sozialarbeit
abzuschieben. Der Prozess der Resozialisierung, also die Rückführung in die
Gemeinschaft, ist jedoch ohne die Beteiligung dieser Gemeinschaft nicht
möglich.
Ehrenamtliche
qualifizieren sich für ihre Arbeit auch insofern, als sie bei sich selbst und
ihrem Umfeld Vorurteile abbauen und eine Brückenfunktion zwischen den
Betroffenen und der Gesellschaft übernehmen. Die Wärmestube ist durch die
Ehrenamtlichen auch in das Gemeinwesen integriert. Die Öffentlichkeit nimmt
dadurch teil am Leben der Betroffenen. So können Vorurteile langsam abgebaut
werden und die Stigmatisierung der Betroffenen als Randgruppe zunehmend
gelockert werden.
Förderverein: Der Förderverein Wärmestube e.V. unterstützt
seit nunmehr über 20 Jahren die Arbeit der Wärmestube materiell und ideell.
Satzungsgemäß setzt er sich für Menschen ein, deren Leben durch Wohnungsnot,
Armut und soziale Kälte beeinträchtigt oder gefährdet ist. Dabei greift er dem
Tageaufenthalt mit regelmäßigen Aktionen und Zuwendungen unter die Arme. Der
Förderverein Wärmestube ist aber auch immer selbst Träger von Projekten. Stets
wird dabei darauf Wert gelegt, dass Menschen in besonderen Lebenslagen
unmittelbar in die Projektarbeit eingebunden sind. So sollen diese die
Möglichkeit haben, aus ihrer eingeschränkten Lebenswelt auszubrechen, mit
anderen Bürgern in Kontakt zu kommen und sich mitunter auch noch eine
Kleinigkeit hinzuverdienen zu können.
Der
Förderverein hat weit über die Stadtgrenzen hinweg aufhorchen lassen als Träger
von staatlich geförderten Projekten wie „ArtGERECHT“ und „lebensART“ oder durch
Projekte wie „Schmökerkiste“ oder „livebooks“.
Straßenambulanz: Seit 2003 gibt es in Würzburg die Straßenambulanz, getragen vom hiesigen Franziskanerkloster und betrieben von dem weit über Würzburgs Grenzen hinaus bekannten Franziskaner-Minoriten Bruder Tobias, einem gelernten Krankenpfleger und Lehrer für Pflegeberufe.
Bruder Tobias bietet pflegerische und medizinische Hilfen dort an, wo sich Wohnungslose normalerweise aufhalten. Bruder Tobias leistet durch seine Tätigkeit gerade aber auch wertvolle Beziehungsarbeit und ist mittlerweile in Würzburg eine „Institution“. Er genießt bei den Betroffenen einen enormen Vertrauensvorschuss. Bei seinen Kontakten verrichtet er nicht nur einfache Behandlungen (Versorgung kleinerer Verletzungen und Bagatellerkrankungen), sondern er gibt dort schon erste Informationen über das weiterführende Hilfesystem weiter.
Regelmäßige Besuche und Sprechstunden in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe (Bahnhofsmission, Wärmestube, Notunterkünfte) sind ebenso selbstverständlich wie das Angebot zur Fußpflege. Es ist bekannt, dass der Gesundheitszustand immer auch die prekäre Lebenssituation widerspiegelt, in der sich Menschen in Wohnungsnot befinden. Finanzielle Probleme oder der Verlust des Krankenversicherungsschutzes stellen strukturelle Hürden dar, die die Betroffenen abhalten, medizinische Behandlung und Regelversorgung in Anspruch zu nehmen. Dazu kommt, dass die Hemmschwelle, einen Arzt aufzusuchen, bei der Zielgruppe wesentlich höher ist als in der übrigen Bevölkerung. Es ist zumeist schwierig bis unmöglich, die Betroffenen selbst im schlimmsten Fall zu einem Gang zum Facharzt zu bewegen. So ist die Tätigkeit von Bruder Tobias nicht hoch genug wertzuschätzen.
Die
Dienste von Bruder Tobias wurden von Beginn an aus Eigenmitteln des Klosters
und aus Spendenmitteln finanziert. Konzeptionelle und insbesondere bauliche
Veränderungen des Franziskanerklosters in Würzburg lassen ein weiteres
Engagement der Klostergemeinschaft im bisherigen Rahmen ab sofort nicht mehr
zu. Damit Bruder Tobias weiter nah am Menschen seinen Dienst verrichten kann,
benötigt er dringend eine „Basisstation“ im Würzburger Stadtgebiet mit einer
räumlichen Ausstattung, die ihm weiter die beschriebenen pflegerischen
Maßnahmen erlauben. Eine verlässliche Finanzierung der Räumlichkeiten würde
helfen. Die Dienstleistung selbst bzw. die Personalabstellung ist weiterhin
durch das Kloster gewährleistet.
Problemanzeige: Die
Problemanzeige knüpft an die beschriebenen, unschätzbaren
Dienste von Bruder Tobias an. Bei nahezu
allen Besucherinnen und Besuchern der Wärmestube und damit auch bei den von
Bruder Tobias betreuten Menschen liegen
besondere Lebensverhältnisse mit großen sozialen Schwierigkeiten vor. Ein
wesentlicher Anteil der Bewohner/-innen weist in der Regel multiple
Problemlagen auf. Die Menschen sind häufig akut oder chronisch suchtkrank, sie
zeigen soziale und/oder psychische Verhaltensauffälligkeiten oder haben
kurzfristige bzw. langjährige Wohnungslosigkeit oder mehrfachen Wohnungsverlust
hinter sich. Es kann deshalb vermutet werden, dass diese Personen auch
eingeschränkte lebenspraktische Fertigkeiten in der Führung eines eigenen
Haushaltes haben. Ihre Situation kennzeichnen in der Regel auch
Arbeitslosigkeit, psychosoziale und finanzielle Schwierigkeiten und/oder
Überschuldung.
In Verbindung mit ihrer materiellen und sozialen Mangellage leidet ein
hoher Anteil der Gäste der Wärmestube an gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Sie finden in der Regel schwerer Zugang zu gesundheitlichen Hilfen und zur
gesundheitlichen Versorgung als Menschen in gesicherten Wohnverhältnissen. Ein
Ziel dieses Projektes ist es, Versorgungslücken in diesem Bereich zu schließen.
In Fällen von Krankheit sollen wohnungslose Menschen die notwendige
medizinische Behandlung erhalten, wo immer das möglich ist. Bei wohnungslosen
Menschen ist die Anzahl behandlungsbedürftiger körperlicher und psychischer
Erkrankungen gegenüber der der Durchschnittsbevölkerung signifikant hoch. Bei
wohnungslosen Menschen häufen sich u.a. Erkrankungen der Atmungsorgane, der
Verdauungsorgane, des Herz- und Kreislaufsystems, Haut- und Zahnerkrankungen.
Als psychische Erkrankungen treten vermehrt affektive Störungen, Angststörungen
sowie Erkrankungen im Zusammenhang mit Suchtmittelmissbrauch auf.
Der schlechte Gesundheitszustand Wohnungsloser ist zumeist die Folge
ihrer Lebensbedingungen. Schlechte Wohnverhältnisse oder gar das Leben auf der
Straße bringen Kälte, Feuchtigkeit, schlechten Schlaf und mangelhafte Ernährung
mit sich. Hinzu kommt die belastende Lebenssituation als solche, die durch
Armut Ausgrenzung und mangelnder Unterstützung geprägt ist. Dies alles
beeinträchtigt die körperliche und seelische Gesundheit. Zur Kompensation der
Belastungen durch Wohnungslosigkeit werden deshalb oft Suchtmittel, überwiegend
Alkohol eingesetzt. Über lange Zeiträume unterschätzen die Betroffenen ihren
Gesundheitszustand. Werden nicht rechtzeitig und in ausreichendem Maße Angebote
der gesundheitlichen Regelversorgung wahrgenommen, werden körperliche und
psychische Krankheiten auch nicht erkannt und behandelt. Dadurch werden
erschwerte Krankheitsverläufe, Chronifizierung und Mehrfacherkrankungen
begünstigt.
Menschen, die an der Grenze zur Armut leben, denen Wohnungsverlust droht
oder die bereits wohnungslos sind, suchen meist nur in Notfällen
niedergelassene Ärzte oder Krankenhäuser auf. Die punktuelle Notfallhilfe dient
Ihnen als Ersatz für die fehlende medizinische Regelversorgung. Die Folge ist,
dass sich die medizinische Versorgung wohnungsloser Menschen häufig auf teure
Notfallmedizin oder stationäre Aufnahme beschränkt. Präventive Hilfe, hausärztliche
oder fachärztliche Versorgung werden zu wenig umgesetzt. Hier greift das
Angebot der Würzburger Straßenambulanz. Bruder Tobias bildet für die Zielgruppe
zumeist den ersten Kontakt mit dem Hilfesystem. Bruder Tobias führt regelmäßig
Straßenbegehungen mit dem Ziel durch, mit den Wohnungslosen direkt Kontakt
aufzunehmen. Er wird für die Menschen, sei es auf der Straße oder in den
einschlägigen Einrichtungen, wo er regelmüßig Sprechstunden abhält,
Gesprächspartner und stellt dann oft den Erstkontakt zum medizinischen
Fachpersonal her. Bruder Tobias genießt bei der Klientel großes Vertrauen und
hohe Akzeptanz. Im Bedarfsfall begleitet er die Menschen auch zu den
Medizinern.
Das Angebot aufsuchender medizinischer Hilfen durch Bruder Tobias von
der Würzburger Straßenambulanz ist jedoch nur ein freiwilliges. Es entspringt
Eigenmitteln des Franziskanerordens, der den Minoriten Bruder Tobias für die
beschrieben Tätigkeiten freistellt, das aber auch nur in beschränktem Umfang.
Darüber hinaus finanziert sich die Straßenambulanz ausschließlich aus
Spendenmitteln. Dies ist allein auf Dauer nicht ausreichend. Weder finanziell
noch personell. Bruder Tobias versieht seinen Dienst mit über die Maße hohem
persönlichen Einsatz. Sein Einsatzgebiet erstreckt sich über das gesamte
Stadtgebiet Würzburg. Darüber hinaus erbringt der Bruder zu festgelegten Zeiten
allwöchentliche Sprechstunden in den Obdachlosenunterkünften der Stadt Würzburg
(Sedanstraße), in der Wärmestube und in der Bahnhofsmission. Eine Entlastung
der Straßenambulanz von Bruder Tobias ist deshalb dringend geboten. Sowohl
personell als auch finanziell und strukturell.
Sollte dieses beantragte Projekt als Modellprojekt befristet finanziert
werden, sollte mittelfristig bzw. eine verlässliche Anschlussfinanzierung über
die Krankenversicherungen aufgebaut werden. Von der Etablierung eines
regelhaften niedrigschwelligen Zugangs Wohnungsloser zur gesundheitlichen
Versorgung dieses Personenkreises würde auch die Kommune profitieren. Werden
Menschen in prekären Lebenslagen besser gesundheitlich versorgt, kann dies dazu
beitragen, ein Abgleiten in eine längerfristige volle Erwerbsminderung und
damit in den Sozialhilfebezug zu vermeiden.
Die strukturellen Voraussetzungen für die Etablierung eines verlässlich
finanzierten und personell bedarfsdeckend ausgestatteten niederschwelligen
Angebotes aufsuchender medizinischer Hilfen in Würzburg sind günstig, sie
müssen jedoch ausgebaut bzw. weiterentwickelt werden:
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Der
Hauptanlaufpunkt für die projekthaft zu entwickelnden Hilfen zur medizinischen
Versorgung Wohnungsloser sollte in der Würzburger Wärmestube sein, da sich dort
die Menschen aufhalten und sich dort schon Sprechzeiten ehrenamtlich
engagierter Ärztinnen und Ärzte etabliert haben.
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Für
die Menschen, denen der Zugang zur Wärmestube nicht möglich ist, sollen
regelmäßige hausärztliche und fachärztliche Sprechstunden in anderen
Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe angeboten werden.
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In
Würzburg befindet sich eine Zentrale Beratungsstelle für Wohnungslose, die sich
als Fach- und Koordinierungsstelle für diese Zielgruppe versteht. Die
medizinisch-pflegerische Beratung muss in die Aufgaben dieser Zentralstelle
integriert werden. Bei entsprechenden Indikationen muss an die aufsuchende
medizinische Hilfe vermittelt werden.
Aufgaben
der Stelle: Neben Bruder Tobias von der
Würzburger Straßenambulanz und den ausschließlich ehrenamtlich tätigen
Ärztinnen, Ärzten und Pflegekräften wird eine personelle Unterstützung durch
eine sozialpädagogisch versierte Fachkraft eingesetzt. Eine interdisziplinäre
Zusammenarbeit von Medizinern, Pflegekräften und Sozialpädagogen wird als
besonders effektiv angesehen. Die sozialpädagogische Fachkraft bildet das
Bindeglied zwischen der aufsuchenden medizinischen Hilfe durch Bruder Tobias
und den Ärztinnen und Ärzten. Sie ist fester Bestandteil der Würzburger
Straßenambulanz und Ansprechpartnerin für alle medizinischen Belange auch
außerhalb der ärztlichen Sprechstunden. Der sozialpädagogischen Fachkraft
fallen konkret folgende Aufgaben zu:
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Vertrauensaufbau und Unterstützung im Alltag und bei Existenz
sichernden Maßnahmen
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Begleitung zum Arzt der Regelversorgung, Facharzt, Apotheken oder
Sanitätsfachgeschäften
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Begleitung bei von Klienten bei Krankenhausaufenthalten.
Versorgung mit Wäsche und Hygienemitteln. Außerdem Zusammenarbeit mit dem
Sozialdienst der Kliniken, um weitere Schritte gemeinsam mit Klienten zu planen
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Schnittstelle von ambulant und stationär unterstützender Hilfen
der Obdachlosenhilfe.
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Begleitung bei Amtsbesuchen im Zusammenhang mit gesundheitlichen
Hilfen, zu Fachstellen und Hilfestellung im Schriftverkehr. (Jobcenter,
Krankenkassen, Amt für Soziales, Obdachlosenbehörden, Zentrale Beratungsstelle
für Wohnungslose Drogenberatung, Schuldnerberatung
usw.)
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Annahme der Medikamentenspenden, Kontrolle auf Unversehrtheit,
Haltbarkeit. Sortierung in den Medikamentenschrank.
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Mitorganisation des Sprechstundenbedarfs
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Überprüfung der Hygienestandards (Desinfektion)
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Ausgabe und Kontrolle der regelmäßigen Medikamentenausgabe
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Durchführung von Verbandswechsel.
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Kleidungsausgabe, sortieren von Kleiderspenden
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Organisation von Erste-Hilfe-Schulungen für die Mitarbeitenden der
Wärmestube und anderer einschlägiger Dienste
Die Wärmestube in Würzburg wurde
dereinst vom Diözesancaritasverband Würzburg als Beispiel angewandter
Menschenliebe ins Leben gerufen und bietet heute unter dem Dach der
Christophorus-Gesellschaft elementare Hilfen für Menschen, die aus den
verschiedensten Gründen aus der Bahn geworfen wurden oder nur schwer einen
Platz in der Gesellschaft finden können. Aufsuchende medizinische Hilfe, wie
sie mit diesem Projektantrag installiert werden soll, ergänzt das Angebot
elementarer Hilfen in der Würzburger Wärmestube sinn- und wirkungsvoll. Die
Wärmestube in der Rüdigerstraße lebt von der Wärme, die die Einrichtung mit all
ihren räumlichen und personellen Möglichkeiten ausstrahlt.
Fallbeschreibung durch den
Sozialpädagogen des Projekts
Ein paar Fallbeispiele aus der Praxis im Rahmen des medizinischen
Projektes:
1. Hilfestellung bei der Anmeldung von
einem Coronatest
Ein Besucher der Wärmestube stand mit Erkältungssymptomen vor der Türe –
Einlasstopp! Nach Absprache wurde für ihn Kontakt zu der Teststrecke
aufgenommen. Terminbuchung voll. Gesundheitsamt Würzburg kontaktiert und
Dringlichkeit geschildert, dadurch eine direkte Durchwahl bekommen, um künftig
eine schnelle Terminabwicklung für Obdachlose zu bekommen, sodass sie
schnellstmöglich alle Angebote der Obdachlosenhilfe wieder nutzen zu können.
Kontaktaufnahme über das Haus Antonia Werr für eine Klientin ofW die in
eine stationäre Einrichtung übergehen kann und dafür schnellstmöglich einen PCR
Test benötigte. Online alle Termine ausgebucht. Ich habe das Gesundheitsamt
Würzburg über die vereinbarte Durchwahl kontaktiert und konnte für die Klientin
am selben Tag einen Testtermin vereinbaren.
2. Begleitung in das Krankenhaus
Anruf auf das Diensthandy vom Kontaktcafé Condrobs, dass ein Mann mit
einem geschwollenen Bein bei ihnen sitzt. Ich habe mir das Bein angeschaut,
konnte natürlich keine Diagnose stellen. Es musste eine Bildgebung stattfinden
und habe ihn ins Juliusspital begleitet und angemeldet. Er wurde für eine Nacht
stationär aufgenommen.
3. Weitervermittlung in das Krankenhaus
Die Bahnhofsmission hat mich kontaktiert, dass ein junger Mann bei ihnen
ist, er bräuchte ganz dringend Insulin. Ich habe Dr. Liebscher (Ärzteteam)
angerufen und ihm dies geschildert. Da Insulin gekühlt gelagert werden muss und
man eine Blutzuckerbestimmung machen muss, sollte der junge Mann ins
Krankenhaus Juliusspital. Habe der Bahnhofmission dies ausgerichtet.
4. Unterstützung und Begleitung nach
Krankenhausaufenthalt
Über die Zentrale Beratungsstelle für Wohnungslose, wurde ich
benachrichtigt, dass ein Klient mit Gedächtnisausfällen ins Krankenhaus
eingeliefert worden ist. Ich habe zum klinischen Sozialdienst Kontakt
aufgenommen um das weitere Vorgehen nach der Entlassung zu besprechen und ob er
mit Kleidung versorgt werden müsste. Der Mann wurde nach der Entlassung zu mir
in die Wärmestube geschickt und ich habe versucht mir ein Bild von der
Situation zu machen. Habe ihm gezeigt, wo er erstmal für eine Nacht schlafen
kann und die Kolleg*innen der Kurzzeitübernachtung und ZBS kontaktiert, sodass
er am nächsten Morgen in die Beratung gehen kann. Dort konnte dann der weite
Weg besprochen werden.
Engmaschige Zusammenarbeit mit einer Kollegin aus der Zentralen
Beratungsstelle für Wohnungslose bei einer Begleitung von einem Klienten mit
schmerzenden entzündeten Zähnen, Terminvereinbarung als auch Begleitung zum
Zahnarzt. Anschließende Nachsorge mit Schmerzmitteln. Die ZBS übernahm die
bürokratischen Angelegenheiten (Jobcenter, Berufsgenossenschaft) und ich
kümmerte mich um die Angelegenheiten mit der Krankenkasse, da der Klient
ausschließlich nach § 16 Abs. 3a SGB V versichert ist und sich in einem akuten
Schmerzustand befand.
5. Wundversorgung
Über zwei Wochen habe ich bei einem Patienten mit offenen Wunden an
beiden Beinen einen regelmäßigen Verband und ihn mit einer antibiotischen
Wundsalbe versorgt. Zusätzlich habe ich Dr. Liebscher (Straßenambulanz)
eingeschaltet.
Ein Besucher der Wärmestube kam auf mich zu mit einer mittelgroßen Wunde
am Handgelenk. Zuerst wurde medizinische Grundversorgung geleistet, so dass
sich die Wunde nicht weiter entzünden kann. Hinzuziehen der Straßenambulanz.
Nach Klärung direkte Einweisung in das Juliusspital, da ein dringender Verdacht
auf eine Sepsis und möglicher Amputation bestand. Durch das schnelle Agieren
konnte dem Klienten mit Hilfe einer Antibiose geholfen werden und das
Handgelenk erhalten bleiben. Anschließender Auftrag der Straßenambulanz mit
täglicher Nachsorge und Verbandswechsel.
6. Vermittlung an Facharzt
Kontaktanfrage über die Sedanstraße Fachbereich Gefährdetenhilfe
bezüglich eines jungen Mannes der mit Kleiderläuse befallen ist. Der junge Mann
wurde in die Wärmestube vermittelt. Kontaktaufnahme zu Straßenambulanz,
Hautklinik und Meldung an das Gesundheitsamt um weitere Vorgehensweise zu
besprechen. Haben ihn diesbezüglich beraten und einen Arzttermin bei einem
Dermatologen vereinbart.
7. Begleitung und Hilfestellung bei
(Langzeit-) Therapieplätzen und Einweisung
Anfrage über die Drogen – und Jugendberatung von Holger Faust bezüglich
einer Begleitung für einen Klienten der einen Therapieplatz in einer
soziotherapeutischen Einrichtung in München bekommen hat.
Beschlussvorschlag:
Das
Medizinische Projekt in der Wärmestube der Christophorus Gesellschaft soll ab
dem 01. Juli 2022 bis 31.12.2022 durch den Landkreis Würzburg finanziell
gefördert werden. Der Sozialausschuss empfiehlt dem Kreistag in den
Haushaltsberatungen die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen.
Debatte:
Frau Fiedler und Herr Urban stellten jeweils eine Präsentation vor.
Beschluss:
Das Medizinische Projekt in der
Wärmestube der Christophorus Gesellschaft soll ab dem 01. Juli 2022 bis
31.12.2022 durch den Landkreis Würzburg finanziell gefördert werden. Der Sozialausschuss
empfiehlt dem Kreistag in den Haushaltsberatungen die entsprechenden Mittel zur
Verfügung zu stellen.