Beschluss: zur Kenntnis genommen

Anlage/n:         Schreiben des Bayer. Landkreistages

                        Arbeitsdefinition von Antisemitismus

 

 

 

Antisemitismus ist, wie auch jüngst der grausame Anschlag von Halle gezeigt hat, in den verschiedensten Teilen der Bevölkerung verbreitet.  Der Landkreis Würzburg pflegt seit 1990 einen Jugendaustausch mit Israel und seit mehr als 22 Jahren eine intensive Freundschaft mit dem Partnerlandkreis Mateh Yehuda in Israel. In unserer Region leben einige Tausend Mitbürger*innen jüdischer Religion.

 

Als Landkreis arbeiten wir mit dem Präventionsnetzwerk Radikalisierung vorbeugend gegen jede Art von Rassismus und Extremismus.

 

Landrat Eberhard Nuß gibt dem Kreistag folgende Definition von Antisemitismus zur Kenntnis, für die der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Staatsminister a.D. Dr. Ludwig Spaenle, beim Bayerischen Landkreistag warb.

 

In der Präsidiumssitzung des Bayerischen Landkreistags am 04.12.2019 hat der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Staatsminister a.D. Dr. Ludwig Spaenle, sein Aufgabengebiet vorgestellt und für eine Annahme einer Definition von Antisemitismus, wie sie die International Holocaust Remembrance Alliance – IHRA – (Anlage) verabschiedet hat, geworben.

 

Dr. Spaenle betonte, dass der Kampf gegen Antisemitismus alle Ebenen umfasse und überall in der Gesellschaft, beispielsweise auch in Verbänden, in Vereinen und in den Schulen geführt werden müsse. Die von der IHRA beschlossene Arbeitsdefinition von Antisemitismus, die das Präsidium des Bayerischen Landkreistags angenommen hat, lautet:

 

„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen und religiöse Einrichtungen. Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten.“ 

 


Statement von Landrat Eberhard Nuß

zur Annahme der Arbeitsdefinition von Antisemitismus

 

„Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

aus gegebenem Anlass möchte ich Ihnen eine Definition von Antisemitismus vorstellen,

die der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Staatsminister a.D. Dr. Ludwig Spaenle, in einer Sitzung des Bayerischen Landkreistages am 4. Dezember vergangenen Jahres vorgestellt hat.

 

Dr. Spaenle bat darum, diese Definition in allen politischen Gremien bekanntzumachen und diesem Wunsch komme ich sehr gerne nach – insbesondere auch aus der Verbundenheit und den zahlreichen Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen Glaubens im Landkreis Würzburg allerdings – und auch vor allen Dingen – aus Verbundenheit zu unserem israelischen Partnerlandkreis Mathe Yehuda.

 

Der gegebene Anlass:

Vor 75 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit.

 

Die Ermordung von mehr als sechs Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen Glaubens hat unser Land für immer verändert.

 

Anlässlich der Gedenkfeier „75 Jahre Befreiung von Ausschwitz“ hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer schonungslosen Bestandsaufnahme auf eine gefährliche gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland hingewiesen:

 

„Ich wünschte, sagen zu können: Unser Erinnern hat uns gegen das Böse immun gemacht.“

 

Aber, so Frank-Walter Steinmeier weiter:

„Die bösen Geister zeigen sich heute in neuem Gewand.“

 

Mit Blick auf die politischen Ereignisse in Thüringen füge ich hinzu:

Wehret den Anfängen!

 

Antisemitismus ist heute wieder in den verschiedensten Teilen unserer Bevölkerung präsent.

 

Es ist jetzt gerade 4 Monate her, da gab es einen rechtsextremen Anschlag eines Attentäters auf die Synagoge von Halle. Es war ein Versuch eines, eines Mordes an Juden am Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Zwei Menschen wurden Opfer dieses grausamen Verbrechens – das darf man nicht hinnehmen.

 

Jeder ist gefragt, was können wir dagegen tun?

 

Was können wir im Landkreis Würzburg dagegen tun?

Wir tun einiges, worüber wir auch reden.

 

Der Landkreis Würzburg pflegt

  • seit 1990 einen Jugendaustausch mit Israel
  • und seit mehr als 22 Jahren eine intensive Freundschaft mit dem Partnerlandkreis Mateh Yehuda in Israel.

 

Viele Mitglieder unseres Kreistags waren bei regelmäßigen Begegnungen

  • in Israel,
  • aber auch hier bei uns im Landkreis Würzburg

mit dabei, wofür ich Ihnen sehr dankbar bin.

 

In unserer Region leben einige Tausend Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens.

 

Deshalb bin ich sehr stolz darauf, dass wir Dr. Josef Schuster,

  • Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland
  • und Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg,

bei unserem 20. Partnerschaftsjubiläum als Festredner gewinnen konnten.

 

Ich weiß, dass Dr. Schuster unsere Bemühungen um die Partnerschaft mit unseren israelischen Freunden sehr schätzt und sie aktiv unterstützt.

 

In unserem Jugendamt arbeiten wir gemeinsam mit der Stadt Würzburg im Präventionsnetzwerk Radikalisierung gegen jede Art von Rassismus und Extremismus.

 

Dieses Netzwerk hat heute mehr als hundert Partner und konnte 2019 eine vielbeachtete Fachtagung zum Thema veranstalten: „Hass … und was sagst du dazu?“

 

Es war beeindruckend, sich mit diesen Dingen zu befassen und vor allem beeindruckend zu erleben, wie sich Menschen zu diesem Thema äußern.

 

Bereits 1988 wurde die ehemalige Synagoge von Gaukönigshofen zur Kreisgedenkstätte ausgebaut.

 

Die Ausstellung zur Erinnerung an das in Jahrhunderten vor dem Holocaust in unserem Landkreis existierende Landjudentum wird derzeit aus Kreismitteln aktualisiert.

 

Neben der ehemaligen Synagoge Gaukönigshofen und der dortigen Mikwe denke ich auch an

  • die erst vor kurzem restaurierte Zeller Laubhütte,
  • wir haben in Veitshöchheim die Synagoge und das jüdische Kulturmuseum,
  • in Höchberg lädt die Präparandenschule dazu ein, sich mit dem Landjudentum zu beschäftigen.
  • Es gibt die jüdischen Friedhöfe in Allersheim und in Aub
  • und auch die ehemalige Synagoge in Rimpar ist ein Ort des Gedenkens an eine friedliche Zeit mit unseren jüdischen Nachbarn.

 

In einigen Gemeinden finden am 9. und 10. November sehr würdig gestaltete Gedenkfeiern zur Pogromnacht 1938 statt.  Dafür bin ich den Menschen dort sehr dankbar!

 

Ich bin auch stolz darauf, dass sich einige Landkreisgemeinden an dem Mahnmal „GedenkOrt Aumühle“ beteiligen, einem Mahnmal mit Gepäckstück-Skulpturen zur Erinnerung an die Deportation der unterfränkischen Juden.

 

Ich möchte auch allen Frauen und Männern von ganzem Herzen danken, die sich der Erinnerungskultur mit großem persönlichem Engagement verschrieben haben:

  • sei es als Synagogenführerinnen und -führer,
  • als Kulturreferentinnen und -referenten,
  • oder in den verschiedenen Fördervereinen.

 

Durch Menschen wie sie nimmt Deutschland seine

  • Verantwortung in Europa
  • und seine Verantwortung gegenüber der nachkommenden Generation wahr.

 

Meine Damen und Herren,

wir können die Katastrophe, die aus dem Horror des Nationalsozialismus entstanden ist, nicht mehr rückgängig machen, aber wir können einiges dazu tun, dass sich eine solche menschliche Katastrophe nie mehr wiederholt.

 

In der erwähnten Präsidiumssitzung des Bayerischen Landkreistags hat Staatsminister a.D. Dr. Spaenle betont, dass der Kampf gegen Antisemitismus alle gesellschaftliche Ebenen umfasst,

  • vornehmlich in den Vereinen und Verbänden
  • und v.a. auch in den Schulen.

 

Die von der IHRA, der internationalen Allianz zum Holocaustgedenken beschlossene Arbeitsdefinition von Antisemitismus, die das Präsidium des Bayerischen Landkreistags übernommen hat, lautet:

 

„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann.

 

Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat

  • gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum,
  • gegen jüdische Gemeindeinstitutionen
  • und religiöse Einrichtungen.

 

Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel richten, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird.“ 

 

Weitere Ausführungen zu dieser Definition lasse ich Ihnen mit dem Protokoll zu dieser Kreistagssitzung zukommen.

 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier machte den Überlebenden von Auschwitz eine Zusage,

  • die wir gerne an die Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen Glaubens in unserem Landkreis
  • und an unsere Freunde in Israel weitergeben:

 

„Wir bekämpfen den Antisemitismus.

Wir trotzen dem Gift des Nationalismus.

Wir schützen jüdisches Leben.

Wir stehen an der Seite Israels.“

 

 


Zur weiteren Veranlassung an SFB 3

 

Zur Kenntnis an Vorzimmer LR, S, SFB 2

 

 

 

 

Nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, beendet Landrat Nuß die Sitzung um 11:30 Uhr.