Sitzung: 10.02.2020 Kreistag
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Anlage/n: Schreiben des Bayer. Landkreistages
Arbeitsdefinition von
Antisemitismus
Antisemitismus ist,
wie auch jüngst der grausame Anschlag von Halle gezeigt hat, in den
verschiedensten Teilen der Bevölkerung verbreitet. Der Landkreis Würzburg pflegt seit 1990 einen
Jugendaustausch mit Israel und seit mehr als 22 Jahren eine intensive Freundschaft
mit dem Partnerlandkreis Mateh Yehuda in Israel. In unserer Region leben einige
Tausend Mitbürger*innen jüdischer Religion.
Als Landkreis
arbeiten wir mit dem Präventionsnetzwerk Radikalisierung vorbeugend gegen jede
Art von Rassismus und Extremismus.
Landrat Eberhard
Nuß gibt dem Kreistag folgende Definition von Antisemitismus zur Kenntnis, für
die der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und
gegen Antisemitismus, Staatsminister a.D. Dr. Ludwig Spaenle, beim Bayerischen
Landkreistag warb.
In der
Präsidiumssitzung des Bayerischen Landkreistags am 04.12.2019 hat der
Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen
Antisemitismus, Staatsminister a.D. Dr. Ludwig Spaenle, sein Aufgabengebiet vorgestellt
und für eine Annahme einer Definition von Antisemitismus, wie sie die
International Holocaust Remembrance Alliance – IHRA – (Anlage) verabschiedet
hat, geworben.
Dr. Spaenle
betonte, dass der Kampf gegen Antisemitismus alle Ebenen umfasse und überall in
der Gesellschaft, beispielsweise auch in Verbänden, in Vereinen und in den
Schulen geführt werden müsse. Die von der IHRA beschlossene Arbeitsdefinition
von Antisemitismus, die das Präsidium des Bayerischen Landkreistags angenommen
hat, lautet:
„Antisemitismus ist eine
bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken
kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder
nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen
und religiöse Einrichtungen. Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich
auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird,
richten.“
Statement von Landrat Eberhard Nuß
zur Annahme der Arbeitsdefinition von Antisemitismus
„Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
aus gegebenem
Anlass möchte ich Ihnen eine Definition von Antisemitismus vorstellen,
die der Beauftragte
der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus,
Staatsminister a.D. Dr. Ludwig Spaenle, in einer Sitzung des Bayerischen
Landkreistages am 4. Dezember vergangenen Jahres vorgestellt hat.
Dr. Spaenle bat
darum, diese Definition in allen politischen Gremien bekanntzumachen und diesem
Wunsch komme ich sehr gerne nach – insbesondere auch aus der Verbundenheit und
den zahlreichen Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen Glaubens im Landkreis
Würzburg allerdings – und auch vor allen Dingen – aus Verbundenheit zu unserem israelischen
Partnerlandkreis Mathe Yehuda.
Der gegebene Anlass:
Vor 75 Jahren wurde
das Konzentrationslager Auschwitz befreit.
Die Ermordung von
mehr als sechs Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen Glaubens hat
unser Land für immer verändert.
Anlässlich der
Gedenkfeier „75 Jahre Befreiung von Ausschwitz“ hat Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier in einer schonungslosen Bestandsaufnahme auf eine
gefährliche gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland hingewiesen:
„Ich wünschte, sagen zu können: Unser
Erinnern hat uns gegen das Böse immun gemacht.“
Aber, so
Frank-Walter Steinmeier weiter:
„Die bösen Geister zeigen sich heute in
neuem Gewand.“
Mit Blick auf die
politischen Ereignisse in Thüringen füge ich hinzu:
Wehret den
Anfängen!
Antisemitismus ist
heute wieder in den verschiedensten Teilen unserer Bevölkerung präsent.
Es ist jetzt gerade
4 Monate her, da gab es einen rechtsextremen Anschlag eines Attentäters auf die
Synagoge von Halle. Es war ein Versuch eines, eines Mordes an Juden am Jom
Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Zwei Menschen wurden Opfer dieses
grausamen Verbrechens – das darf man nicht hinnehmen.
Jeder ist gefragt,
was können wir dagegen tun?
Was können wir im
Landkreis Würzburg dagegen tun?
Wir tun einiges,
worüber wir auch reden.
Der Landkreis
Würzburg pflegt
- seit 1990 einen Jugendaustausch mit Israel
- und seit mehr als 22 Jahren eine intensive Freundschaft mit dem
Partnerlandkreis Mateh Yehuda in Israel.
Viele Mitglieder
unseres Kreistags waren bei regelmäßigen Begegnungen
- in Israel,
- aber auch hier bei uns im Landkreis Würzburg
mit dabei, wofür
ich Ihnen sehr dankbar bin.
In unserer Region
leben einige Tausend Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens.
Deshalb bin ich
sehr stolz darauf, dass wir Dr. Josef Schuster,
- Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland
- und Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg,
bei unserem 20.
Partnerschaftsjubiläum als Festredner gewinnen konnten.
Ich weiß, dass Dr.
Schuster unsere Bemühungen um die Partnerschaft mit unseren israelischen
Freunden sehr schätzt und sie aktiv unterstützt.
In unserem
Jugendamt arbeiten wir gemeinsam mit der Stadt Würzburg im Präventionsnetzwerk
Radikalisierung gegen jede Art von Rassismus und Extremismus.
Dieses Netzwerk hat
heute mehr als hundert Partner und konnte 2019 eine vielbeachtete Fachtagung
zum Thema veranstalten: „Hass … und was
sagst du dazu?“
Es war
beeindruckend, sich mit diesen Dingen zu befassen und vor allem beeindruckend
zu erleben, wie sich Menschen zu diesem Thema äußern.
Bereits 1988 wurde
die ehemalige Synagoge von Gaukönigshofen zur Kreisgedenkstätte ausgebaut.
Die Ausstellung zur
Erinnerung an das in Jahrhunderten vor dem Holocaust in unserem Landkreis
existierende Landjudentum wird derzeit aus Kreismitteln aktualisiert.
Neben der
ehemaligen Synagoge Gaukönigshofen und der dortigen Mikwe denke ich auch an
- die erst vor kurzem restaurierte Zeller Laubhütte,
- wir haben in Veitshöchheim die Synagoge und das jüdische
Kulturmuseum,
- in Höchberg lädt die Präparandenschule dazu ein, sich mit dem
Landjudentum zu beschäftigen.
- Es gibt die jüdischen Friedhöfe in Allersheim und in Aub
- und auch die ehemalige Synagoge in Rimpar ist ein Ort des Gedenkens
an eine friedliche Zeit mit unseren jüdischen Nachbarn.
In einigen
Gemeinden finden am 9. und 10. November sehr würdig gestaltete Gedenkfeiern zur
Pogromnacht 1938 statt. Dafür bin ich
den Menschen dort sehr dankbar!
Ich bin auch stolz
darauf, dass sich einige Landkreisgemeinden an dem Mahnmal „GedenkOrt Aumühle“
beteiligen, einem Mahnmal mit Gepäckstück-Skulpturen zur Erinnerung an die
Deportation der unterfränkischen Juden.
Ich möchte auch
allen Frauen und Männern von ganzem Herzen danken, die sich der
Erinnerungskultur mit großem persönlichem Engagement verschrieben haben:
- sei es als Synagogenführerinnen und -führer,
- als Kulturreferentinnen und -referenten,
- oder in den verschiedenen Fördervereinen.
Durch Menschen wie
sie nimmt Deutschland seine
- Verantwortung in Europa
- und seine Verantwortung gegenüber der nachkommenden Generation
wahr.
Meine Damen und
Herren,
wir können die
Katastrophe, die aus dem Horror des Nationalsozialismus entstanden ist, nicht
mehr rückgängig machen, aber wir können einiges dazu tun, dass sich eine solche
menschliche Katastrophe nie mehr wiederholt.
In der erwähnten
Präsidiumssitzung des Bayerischen Landkreistags hat Staatsminister a.D. Dr.
Spaenle betont, dass der Kampf gegen Antisemitismus alle gesellschaftliche
Ebenen umfasst,
- vornehmlich in den Vereinen und Verbänden
- und v.a. auch in den Schulen.
Die von der IHRA,
der internationalen Allianz zum Holocaustgedenken beschlossene
Arbeitsdefinition von Antisemitismus, die das Präsidium des Bayerischen Landkreistags
übernommen hat, lautet:
„Antisemitismus ist eine bestimmte
Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann.
Der Antisemitismus richtet sich in Wort und
Tat
- gegen jüdische oder
nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum,
- gegen jüdische
Gemeindeinstitutionen
- und religiöse
Einrichtungen.
Erscheinungsformen von Antisemitismus können
sich auch gegen den Staat Israel richten, der dabei als jüdisches Kollektiv
verstanden wird.“
Weitere
Ausführungen zu dieser Definition lasse ich Ihnen mit dem Protokoll zu dieser
Kreistagssitzung zukommen.
Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier machte den Überlebenden von Auschwitz eine Zusage,
- die wir gerne an die Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen
Glaubens in unserem Landkreis
- und an unsere Freunde in Israel weitergeben:
„Wir bekämpfen den
Antisemitismus.
Wir trotzen dem
Gift des Nationalismus.
Wir schützen
jüdisches Leben.
Wir stehen an der
Seite Israels.“
Zur weiteren
Veranlassung an SFB 3
Zur Kenntnis an Vorzimmer
LR, S, SFB 2
Nachdem keine
weiteren Wortmeldungen vorliegen, beendet Landrat
Nuß die Sitzung um 11:30 Uhr.