Sitzung: 24.07.2017 Jugendhilfeausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Sachverhalt:
„Deutschland ist eine Einwanderungs- oder Migrationsgesellschaft. Die damit verbundenen Prozesse, Entwicklungen und Veränderungen sind aber auch mit Fragen und Konflikten verbunden und führen zu Irritationen, Verunsicherungen und Ängsten. Daran knüpfen nationalistische, rassistische oder religiös begründete fundamentalistische Strömungen an und setzen der vielfältigen und pluralistischen Wirklichkeit ihre Ideologien der Ungleichheit entgegen. Der wachsende Zulauf zu solchen Strömungen ist gleichzeitig Ausdruck schwindender Integrationskräfte in der Gesellschaft.
Wir betrachten das auch als Chance: Für die beständig notwendigen Prozesse der Vergewisserung, Stärkung und Weiterentwicklung von Werten und Normen des Zusammenlebens in der Demokratie.“ (Aus dem Leitbild Ufuq-anerkannter Träger der freien Jugendhilfe und der politischen Bildung und Prävention zu den Themen Islam, Islamfeindlichkeit und Islamismus).
In Augsburg und Nürnberg wurden bereits Präventionsnetzwerke gegen religiös motivierte Radikalisierung geründet. Zum 01. Mai 2017 wurde das Projekt auch in Stadt und Landkreis Würzburg gestartet. Das Bay. Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration fördert das interkommunale Projekt von Stadt und Landkreis Würzburg mit je einer Halbtagsstelle (sozialpädagogische Fachkraft) sowie die Projektkosten im Zeitraum 05/2017 bis 12/2019 bei mindestens 10 % Eigenfinanzierungsanteil:
Kostendarstellung/Antragssumme
Landkreis Würzburg |
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2017 |
2018 |
2019 |
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Personalkosten
Projektmanagement |
EG11 mit 19,5 WoStd. |
23.974,23
€ |
35.956,39
€ |
35.956,39
€ |
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Projektkosten |
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7.000,00
€ |
15.000,00
€ |
15.000,00
€ |
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Antragssumme |
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30.974,23
€ |
50.956,39
€ |
50.956,39
€ |
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Komplementärmittel Landkreis Würzburg |
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Kosten Arbeitsplatz |
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1.666,66
€ |
1.666,66
€ |
1.666,66
€ |
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Telefon |
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250,00
€ |
250,00
€ |
250,00
€ |
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Verwaltungskostenpauschale |
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1.548,71
€ |
2.547,82
€ |
2.547,82
€ |
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Sachkosten |
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1.100,00
€ |
1.400,00
€ |
1.400,00
€ |
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Summe Komplementärmittel |
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4.565,37
€ |
5.864,48
€ |
5.864,48
€ |
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Die Stelle wurde im Landkreis Würzburg mit
einer Arbeitszeitaufstockung des bisher teilzeitbeschäftigten
Diplom-Sozialpädagogen Herrn Schwab besetzt. Damit konnte eine Fachkraft
gewonnen werden, die die Strukturen im Landkreis gut kennt, bereits sehr gut vernetzt
ist und über gute Qualitäten im Bereich der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit
verfügt. Die Projektkoordination für den Landkreis wird nach der
Implementierungsphase Herr Junghans aus dem FB 31c übernehmen.
Inhaltliche
Ausrichtung
In der Arbeit mit
radikalisierungsgefährdeten, zumeist jungen Menschen, sind hauptsächlich die
Handlungsfelder Schule und Berufsausbildung, Jugendhilfe und Jugendarbeit,
sowie die Einrichtungen für Geflüchtete (Einrichtungen für unbegleitete
Minderjährige Ausländer, Gemeinschaftsunterkünfte, dezentrale Unterkünfte) gefragt.
Hindernisse beim
Übergang von Schule und Beruf, Integrationsprobleme sowie Schwierigkeiten bei der
Eingliederung in die Gesellschaft, kumulieren vorrangig in den Lebens- und
Begegnungsorten der Menschen und ihren Sozialräumen.
Vorrangiges Ziel des Netzwerkes ist es, Maßnahmen und Angebote im Spektrum zwischen Prävention und Radikalisierung auf der Grundlage der Sensibilisierung zu implementieren. Die Ursachen von radikalisiertem Verhalten zu erkennen, Signale frühzeitig wahrzunehmen und ihnen mit fundierten Fachkenntnissen zu begegnen, sind weitere Aufgaben.
Das interkommunale Präventionsnetzwerk Radikalisierung soll eine Radikalisierung von Jugendlichen verhindern. In diesem Zusammenhang verstehen wir Radikalisierung nicht nur als religiös begründete, sondern auch als politisch motivierte. Beide Seiten der Radikalisierung tragen zu einer Polarisierung der Gesellschaft, insbesondere auch der Lebenswelt von jungen Menschen bei. Wir wollen ein hohes Maß an vertrauensvollem Zusammenleben in den Sozialräumen und Wohnquartieren der Stadt und des Landkreises Würzburg erhalten.
Dabei ist es uns wichtig, dass sich das Netzwerk und die sich daraus ergebenden Angebote an der Praxis orientieren. Landesweite Konzepte aus „Bayern Netzwerk für Prävention und Radikalisierung“, Konzepte und fachliches Knowhow erfahrener Träger wie Ufuq, sowie Erfahrungen bereits bestehender Netzwerke in Augsburg und Nürnberg werden mit einbezogen. Wichtig wird des Weiteren die Zusammenarbeit mit einer großen Bandbreite von Kooperationspartnern aus der Region Würzburg sein.
Konkret agiert das interkommunale Präventionsnetzwerk Radikalisierung in 3 Handlungsebenen:
Ebene 1 - Netzwerk
· Aufbau eines interkommunalen Netzwerks „Prävention gegen religiös motivierte Radikalisierung“
· Gemeinsame Federführung Stadt und Landkreis Würzburg
· Mögliche Akteure: UMA-Einrichtungen, Polizei, Jugendzentren und Jugendorganisationen, Glaubensverbände, Jugendhilfeträge, Schulen und Jugendsozialarbeit an Schulen, und andere
· Regelmäßige Arbeitskreise/Fachgespräche
· Öffentlichkeitsarbeit
· Netzwerkgründung und Auftaktveranstaltung ist für den Herbst 2017 geplant.
Ebene 2 - Multiplikatoren
Organisation von Veranstaltungen (Tagungen, Fachtage, Fortbildungen) für Fachkräfte in der unmittelbaren und mittelbaren Arbeit mit jungen Geflüchteten und Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund:
· Fachkräfte in der Betreuung von UMA/jungen Flüchtlingen
· Fachkräfte der Mittelschulen und weiterführenden Schulen (Lehrkräfte, JaS)
· Fachkräfte in der beruflichen Bildung
· Fachkräfte in der öffentlichen Jugendhilfe (ASD und Vormünder)
· Pädagogische Fachkräfte der Jugendzentren, Jugendorganisationen und Vereine
Ebene 3 - Sensibilisierungs- und
Präventionsveranstaltungen
Gemeinsame Projekte und Angebote für männliche und weibliche Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund bzw. Fluchterfahrung in Kooperation mit:
· UMA-Einrichtungen
· Schulen
· Dezentrale Unterkünfte und Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber
· Jugendzentren und Einrichtungen der Jugendarbeit
Daraus wird deutlich, dass das Hauptaugenmerk auf Netzwerkarbeit und Primärprävention, also auf dem Vorfeld der Radikalisierung liegt. Die Beratung von unmittelbar Betroffenen, also bereits radikalisierten jungen Menschen sowie deren Bezugspersonen (Eltern und betreuende Fachkräfte) erfordert besondere pädagogische und interkulturelle Kompetenz. Solche Fachkräfte gibt es, aber nicht in unserer Region. Hier wird das interkommunale Präventionsnetzwerk Radikalisierung mit in der Beratung erfahrenen Trägern wie Ufuq zusammen arbeiten.
Ergebnissicherung:
Das Projekt wird durch eine interkommunale Steuerungsgruppe begleitet. In enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration werden alle Tätigkeitsebenen, Projekte und Ergebnisse sowie Erfahrungen abgestimmt. Rechtzeitig vor Ende des Pilotprojektes (2. Halbjahr 2019) wird das Projekt evaluiert. Die Evaluation sowie prozessabhängige Zwischenberichte werden dem Jugendhilfeausschuss zur Beratung vorgelegt.