Beschluss: zur Kenntnis genommen

Frau Kreisrätin Elisabeth Schäfer gibt ihren Bericht als Behindertenbeauftragte für den Zeitraum Oktober 2012 bis Juli 2014 ab:

 

 

„Sehr geehrter Herr Landrat,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

gerne erstatte ich dem Kreistag Bericht über meine Arbeit in den vergangenen fast eindreiviertel Jahren.

 

An den Kernaufgaben, über die ich schon mehrfach hier im Kreistag berichtet habe, hat sich nichts geändert, sie wurden lediglich umfangreicher.

Da sich der Kreistag  neu konstituiert hat, würde ich gerne – auch im Sinne einer transparenten Information für die neuen Kolleginnen und Kollegen –  etwas näher darauf eingehen.

Zur Aufgabe eines/einer kommunalen Behindertenbeauftragten in einem Landkreis gehören:

 

·         Stellungnahmen zu allen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen im öffentlichen Bereich. Eine Zuschussgewährung erfolgt nur dann, wenn die Bestätigung des/der Behindertenbeauftragten vorliegt, dass bei der Planung die Belange von Menschen mit Behinderung ausreichend berücksichtigt wurden.

 

Waren es in den Jahren 2010 – 2011 hauptsächlich Baumaßnahmen, die im Rahmen des Konjunkturpaketes II getätigt wurden, so zeichneten sich die Jahre 2012 und 2013 vor allem dadurch aus, dass Kindertageseinrichtungen neu-  oder umgebaut wurden. Da Eltern einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz auch für Kinder unter 3 Jahren haben, haben die Gemeinden reagiert und unzählige Krippenplätze geschaffen.  Für jede Planung muss eine Stellungnahme erarbeitet werden. Bei Umbauten im Bestand nicht immer ganz einfach. Aber:  auch Kindertageseinrichtungen müssen von Menschen mit Behinderung barrierefrei nutzbar sein, nicht nur von Kindern, sondern auch von Eltern, Großeltern etc.

 

Das Gleiche gilt mittlerweile für Gaststätten, wenn sie nach 2002 gebaut oder umgebaut wurden und eine neue Gaststättenkonzession beantragt wird.

Hier ist immer noch die Diskrepanz zwischen Baurecht und Gaststättenrecht festzustellen:

Im Rahmen der Baugenehmigung muss Barrierefreiheit nicht geprüft werden, im Rahmen der Erteilung einer Gaststättenerlaubnis schon.

 

 

·         Beratung und Information der Mitarbeiter in den Gemeinden und im Landratsamt bei Fragen rund um das gesamte Spektrum der Behindertenpolitik. Nachdem ich in den vergangenen Jahren sehr viele Termine in den Gemeinden wahrgenommen habe, konnte manches gleich vor Ort geklärt werden. Außerdem stelle ich fest, dass die Position der Behindertenbeauftragten mittlerweile recht gut verankert ist, bei vielen Dingen werde ich schon zu Beginn der Beratungen kontaktiert und eingebunden.

 

 

·         Beratung und Information sowie Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern im Zusammenhang mit verschiedensten Anliegen. Diese reichen von einer Nachfrage nach dem Standort von Behindertentoiletten, nach finanzieller Unterstützung bei der barrierefreien Gestaltung einer Wohnung, nach der Möglichkeit einer unterstützten Beschäftigung für junge Menschen anstelle der Eingliederung in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung, nach Austellung eines Behindertenausweises, nach Erläuterung von Hilfebescheiden, nach Beantragung von Hilfen und vielen anderen Anliegen mehr. Bei manchen Fragen und Problemen kommt mir meine Mitgliedschaft im Bezirkstag zugute, bei anderen nutze ich auch gerne die Unterstützung von Sozialverbänden wie dem VdK.

 

·         Kontakt zu Behindertenverbänden – dies ist immer auch verbunden mit dem Besuch von verschiedensten Veranstaltungen. Es kann sich dabei um eine Informationsveranstaltung über wichtige gesetzliche Änderungen,  aber auch um eine Weihnachts- oder Jubiläumsfeier oder einfach nur um einen Informationsbesuch handeln.

 

·         Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen der Bundes- bzw. Landesbehindertenbeauftragten, der VkIB oder anderer Behindertenbeauftragter.

 

Diese Aufzählung könnte ich noch mit einigen weiteren Themen ergänzen.

 

Alle diese Aufgaben stehen in Zusammenhang mit dem großen Thema „Inklusion“.

Was ist Inklusion: Eine Definition lautet: Jeder Mensch erhält die Möglichkeit, sich vollständig und gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen

Wenn wir diesen Satz lesen, gehört viel, viel mehr als das von mir oben aufgelistete dazu.

Es gehört dazu, dass Kinder mit und ohne Handicap gemeinsam aufwachsen können. Das beginnt mit einer gemeinsamen Zeit in der Kindertageseinrichtung, kann sich dann fortsetzen in einer gemeinsamen Schulzeit. Ich bin stolz, dass im Landkreis Würzburg Integration im Regelkindergarten schon seit langem groß geschrieben wird. In der letzten Sitzung des Sozialausschusses des Bezirks Unterfranken bekamen die Bezirksräte eine Übersicht über die Anzahl der Kinder: Wir liegen nach der Stadt Würzburg an zweiter Stelle in Unterfranken.

Vielleicht konnte ich mit meinen Infoveranstaltungen vor einigen Jahren dazu beitragen, dass sich unsere Kindertageseinrichtungen geöffnet haben. Klar ist aber, der Dank hierfür gehört den Trägern.

Wenn wir die Definition von Inklusion lesen, erkennen wir, dass es noch vieler Anstrengungen bedarf, damit Inklusion auch gelebt werden kann.

Ein Beispiel möchte ich anführen:

Menschen mit Behinderung sollen nicht nur in den Werkstätten, sondern auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

 

Der Bezirk Unterfranken möchte in seinem Zuständigkeitsbereich ein Projekt etablieren, das behinderten Menschen ermöglicht, mit Unterstützung der Werkstatt, des Bezirks und einem „Paten“ in einer Behörde, einer Firma beschäftigt zu sein.

Da sich u.a. die Mainfränkischen Werkstätten Würzburg-Ochsenfurt als Projektpartner beteiligen, ist es mir sowohl als Behindertenbeauftragte als auch als Bezirksrätin ein Anliegen, dieses Projekt im Landkreis Würzburg zu unterstützen. Erste Gespräche habe ich schon geführt.

 

Um den Zeitrahmen meines Berichtes nicht allzu lange auszudehnen, nenne ich beispielhaft nur noch das Thema „barrierefreier Tourismus“ im Landkreis Würzburg. Hier geht es  um die Ausweisung eines „barrierefreien Radweges“ am Main, um barrierefreie Gaststätten und Übernachtungsmöglichkeiten. Ich habe ich mich schon mehrfach mit Frau Müller vom Tourismusverband getroffen um hier voranzukommen, ist allerdings nicht ganz so einfach, weil es keine große Unterstützung vom Hotel- und Gaststättenverband gibt.

Nicht vergessen darf auch, passend zum Tourismus, das Thema „barrierefreie Bahnhöfe“. Wenn Bayern bis 2023 barrierefrei sein soll, dann muss die Bundesbahn auch ihr Scherflein dazu beitragen und darf zukünftig nicht Maßstäbe wie „1.000 Fahrgäste pro Tag“  für einen barrierefreien Ausbau zugrunde legen.

 

Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen,

am 1. Oktober 2014 sind 10 Jahre seit meiner Bestellung zur Behindertenbeauftragten vergangen. Die Aufgaben wurden vielfältiger und viel, viel umfangreicher.

Ich bin deshalb froh, dass die Beratung zur Wohnraumanpassung ab Herbst 2014 beim gemeinsamen Pflegestützpunkt von Stadt und Landkreis Würzburg erfolgen kann. Bisher hat mich hier Herr Kraus, der Berater für barrierefreies Bauen der Bayerischen Architektenkammer,  unterstützt. Er kann diese Beratung aufgrund der Vielfalt seiner Aufgaben und der Zuständigkeit für ganz Unterfranken nicht mehr leisten.

Die Stadt Würzburg hat die Koppelung von Pflegeberatung und Wohnraumanpassung an den Pflegestützpunkt schon vor einigen Jahren umgesetzt, deshalb ist es gut, wenn die Landkreisbürger diese Beratung ebenfalls aus einer Hand bekommen.

 

Zum Schluss noch ein paar Sätze in eigener Sache:

Gerne würde ich die Tätigkeit als Behindertenbeauftragte auch in der Wahlperiode 2014 – 2020 ausüben. Allerdings in Zukunft mit einer ausgeweiteten Sprechzeit. Da ich in der Vergangenheit nur am Donnerstagnachmittag zuverlässig im Landratsamt erreichbar war, habe ich planbare Termine auf andere Tage gelegt. Einiges musste auch von zuhause erledigt werden.

Ich möchte – sofern Sie mich wieder zur Behindertenbeauftragten bestellen – zukünftig sowohl am Montagnachmittag als auch am Donnerstagnachmittag, jeweils von 13.30 Uhr bis 16.30 Uhr im Landratsamt erreichbar sein.

Ortstermine müssen natürlich außerhalb dieser Zeiten stattfinden.

Außerdem muss das Netz der Ansprechpartner in den Gemeinden neu geknüpft werden, durch die Änderung in der Zusammensetzung der Gremien haben sich auch hier Änderungen ergeben. Auch das kann nicht innerhalb der beiden Nachmittage erfolgen.“

 

Debatte:

 

Landrat Nuß bedankt sich bei Frau Schäfer und stellt fest, dass sie ihre Tätigkeit als Behindertenbeauftragte, mit Sachverstand, aber auch mit viel Herz ausführe.

 

Kreisrat Müller hätte sich gewünscht, den Bericht bereits vor der Sitzung zu erhalten.

Auch sollte dieses Thema zukünftig im Kreisausschuss vorbesprochen werden. 

 

Probleme habe er auch damit, dass die Behindertenbeauftrage keine neutrale Person sei, sondern aus der Mitte des Gremiums bestellt werde. Dies sei beim Bezirk auch so.

 

Er spricht die im Bericht genannte Aufgabenbeschreibung und auch eine Erklärung zur Inklusion an. Leider fehlen ihm hier punktuelle Maßnahmen und ein Konzept.

 

Er schlägt vor, ähnlich wie es der Bezirk Schwaben getan habe, einen Aktionsplan zum Thema  „Inklusion - Umsetzung der UN Menschenrechtskommission für Menschen mit Behinderung“ zu erarbeiten.

 

Die GRÜNEN könnten anbieten, die Behindertenbeauftragte bei der Erstellung eines solchen Planes zu unterstützen. Auch für die am nächsten Tag stattfindende Bezirkstagssitzung seien ähnliche Anträge von der Fraktion „Bündnis 90 – Die Grünen“ gestellt worden.

 

Er bedankt sich bei Frau Schäfer für ihre wertvolle Arbeit, für die er sich noch eine stärkere konzeptionelle Ausrichtung wünsche.

 

Kreisrätin Schäfer äußert sich, dass die Aufgaben einer Behindertenbeauftragten des Bezirks grundsätzlich nicht vergleichbar seien mit denen einer Behindertenbeauftragten des Landkreises.

 

Was den Antrag auf Satzungsänderung beim Bezirk angehe, sehe sie ein Problem. So sei hier eine Weisungsberechtigung der Sozialausschüsse an die Behindertenbeauftragte enthalten. Dies ist grundsätzlich nicht möglich, da der/die Behindertenbeauftragte seine Tätigkeit weisungsungebunden ausübt. Auch als Kreisrätin sei sie komplett ungebunden dem Landrat gegenüber. Sie habe während der letzten 10 Jahre auch keine Weisung erhalten. Ein kommunale(r) Behindertenbeauftragte(r), die/der Mitglied eines Gremiums ist, tut sich insofern leichter, als er sowohl in den Gemeinden als auch bei den Verantwortungsträgern bekannt ist und die kommunalen Strukturen kennt.  Dies ermögliche ein sehr konstruktives Arbeiten.

 

Neu aufgestellt wurde die Beratung zur  Wohnraumanpassung. Ab Herbst werden auch Landkreisbürger zu diesem Thema direkt beim gemeinsamen Pflegestützpunkt für die Stadt Würzburg und den Landkreis Würzburg beraten.

 

Der zweite neue Bereich ist die Erweiterung der Sprechzeiten. Diese sollen künftig an zwei Nachmittagen im Landratsamt Würzburg stattfinden (Mo und Do von 13.30 – 16.30 Uhr).

 

Was das Thema Aktionsplan angehe, so wurden bereits Gespräche mit dem Landrat und Prof. Dr. Schraml geführt. Die Erstellung eines Aktionsplanes wäre zwar denkbar, allerdings braucht man als Landkreis die Kommunen mit im Boot. Man kann eine Umsetzung der erarbeiteten Ziele zwar anregen, jedoch von den Gemeinden nicht zwingend einfordern.  Die Stadt Würzburg habe bereits einen hervorragenden Aktionsplan erarbeitet. Der Unterschied zur Stadt Würzburg bestehe jedoch darin, dass diese beispielsweise Sachaufwandsträger für ihre Grund- und Mittelschulen sei und diese problemlos barrierefrei umbauen lassen könnte.

Der Landkreis könne dies seinen Gemeinden nur empfehlen.

 

Kreisrat Müller hält die Erstellung eines Leitlinienaktionsplanes für wichtig. Diese seien nützlich für die Gemeinden. Er bittet darum, bei evtl. diesbezüglichen Planungen mit einbezogen zu werden.

 


Zur weiteren Veranlassung an Behindertenbeauftragte, Frau Schäfer

 

Zur Kenntnis an